Schon vor den OLG-Entscheidungen war klar, dass bei Urheberrechtsverletzungen in jedem Fall ein Unterlassungs-, unter Umständen auch ein Schadensersatzanspruch bestehen kann. Voraussetzung für einen erfolgreichen Anspruch auf Schadensersatz ist der Nachweis eines entsprechenden Schadens. Doch in diesem Fall ging der Kläger noch einen Schritt weiter und verlangte zusätzlich Schmerzensgeld.
Sachverhalt war folgender: Ein Rechtsanwalt hatte von der Homepage eines Kollegen zahlreiche Teile übernommen. Bestehende Urheber- und Namensvermerke hatte er abgeändert oder gelöscht. Dritte, die die Homepage des beklagten Rechtsanwalts aufriefen, mussten so den Eindruck haben, die dargestellten Texte stammten von diesem. Das Gericht hatte nun die Frage zu beantworten, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Urheber Schadens-ersatzansprüche zustehen. Darüber hinaus hatte der Kläger einen Schmerzensgeldanspruch geltend gemacht.
In der Sache hat das OLG Frankfurt zu Recht beiden Anträgen stattgegeben. Wie etwa auch bei Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht üblich, hat der Senat als Schaden die vom Beklagten nicht gezahlte Lizenzgebühr angesehen, die dieser als Gegenleistung hätte zahlen müssen, hätte er den Kläger um dessen Zustimmung zur Überlassung gebeten. Die Höhe des Anspruchs hat das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände selbst ge-schätzt und bemessen. Sie bestimmt sich in erster Linie danach, was bei der hypothetischen vertraglichen Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte.
Und auch den Schmerzensgeldanspruch in Höhe von immerhin 5.100 Euro hat das Gericht dem Kläger zugesprochen: Es stellte fest, dass die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts durch Kopien fremder Beiträge und eine zusätzliche Täuschung über die Autorenschaft geeignet sind, Schmerzensgeldansprüche nach sich zu ziehen.
Der Schmerzensgeldanspruch wird somit als "Strafgeld" genutzt. Andernfalls müsste der Verletzende nur befürchten, lediglich als Lizenzgebühr zahlen zu müssen, was er auch hätte zahlen müssen, hätte er den Urheber um dessen Zustimmung gebeten. Wirtschaftlich betrachtet hätte für ihn damit kein Risiko bestanden. Dem hat das OLG Frankfurt einen Riegel vorgeschoben.
Insoweit sollte deutlich sein: Wer fremde Texte auf seiner Homepage installiert, setzt sich der Gefahr aus, dem Verletzten erhebliche Schadens- und Schmerzensgeldansprüche bezahlen zu müssen. Hinzu kommt, dass ein derartiges Verhalten strafbar ist. Dass im vorliegenden Fall ein Rechtsanwalt die Urheberrechte eines Kollegen verletzte, macht die Angelegenheit delikat. Das sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass auch Rechtsunkundige in der gleichen Gefahr stehen, verwenden sie fremde Texte.
(Urteile vom 04.05.2004 - 11 U 6/02 und 11 U 11/03).
Autor: Dr. Matthias Schote
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