Der Fall: Für Bauarbeiten in einem Mietshaus ist das Treppenhaus wochenlang mit Malervlies ausgelegt. Im Laufe der Zeit ist es verschlissen und löchrig geworden. Der bauleitende Architekt informiert alle Mieter über den Zustand des Malervlieses. Er bittet sie, die Treppe zu meiden und stattdessen den Hintereingang des Hauses zu nutzen.
Unter den Mietern ist auch ein Fahrdienst. Obwohl der Chef der Firma diese Informationen an seine Mitarbeitenden weitergibt, ignoriert ein Fahrer den Hinweis, stolpert beim Heruntergehen der Treppe und stürzt. Daraufhin verklagt der Mann den bauleitenden Architekten und den Vermieter auf 30.000 Euro Schmerzensgeld.
Das Urteil: Das Oberlandesgericht Nürnberg lehnt die Klage ab. Der Mann trage eine Mitschuld an der Schadensentstehung und sei „sehenden Auges ein für jedermann erkennbares Risiko eingegangen“. Es sei in diesem Fall ausnahmsweise möglich, dass der Mann die Kosten des Unfalls selbst trage. Er sei in der Woche und am Tag des Unfalls mehrfach im Treppenhaus gewesen und habe den Zustand des Malervlieses gekannt. Den Alternativweg über den Hintereingang habe er nicht genutzt. Stattdessen habe er „die Sorgfalt außer Acht gelassen, die ein verständiger Mensch im eigenen Interesse aufwendet, um sich vor einem Schaden zu bewahren“.
Sowohl der bauleitende Architekt als auch die Malerfirma hätten grundsätzlich Verkehrssicherungspflichten zu erfüllen. Doch da es sich bei dem Vlies um eine Gefahr handele, vor der man sich durch Vorsicht selbst hätte schützen können, treffe sie in dem Fall keine Mitschuld. (Urteil vom 10. März 2023, Az. 3 U 3080/22)
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