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Mitarbeiter verleihen

Arbeitnehmerüberlassung: Was Baubetriebe wissen müssen

In Zeiten gefüllter Auftragsbücher verleihen Betriebe bei Engpässen nicht selten Mitarbeiter untereinander. Auf dem Bau gelten dabei strenge Regeln. Diese vier Punkte sollten Sie beachten.

Auf einen Blick:

  • Arbeitnehmerüberlassungen sind im Handwerk keine Seltenheit. Es müssen jedoch bestimmte Regeln beachtet werden: Dazu zählt beispielsweise, dass in der Regel jeder Betrieb, der Mitarbeiter verleihen will, eine Verleih-Erlaubnis beantragen muss.
  • Bei Betrieben aus dem Bau- und Ausbaubereich schaut der Zoll besonders genau hin. Dort gelten strenge Regeln.
  • Besonders streng sind die Vorschriften im Bauhauptgewerbe: Arbeitnehmerüberlassungen sind unzulässig. Doch es gibt Ausnahmen.

Derzeit sind bei vielen Betrieben die Auftragsbücher prall gefüllt und bei Engpässen möchten sie zeitweise Mitarbeiter von anderen Betrieben ausleihen. Doch auch in schlechteren Zeiten sind manche Handwerksunternehmer froh, dass sie einen Teil ihrer Mannschaft per Arbeitnehmerüberlassung an andere Unternehmen verleihen können.

Laut Zoll sind diese drei Parteien bei der Arbeitnehmerüberlassung beteiligt:

  • Der Verleiher: Er stellt seinen Arbeitnehmer einem Dritten (Entleiher) für bestimmte Arbeitsleistungen zur Verfügung.
  • Der Entleiher: Er setzt den entliehenen Arbeitnehmer für seine betrieblichen Zwecke ein und ist ihm gegenüber weisungsbefugt.
  • Der Leiharbeitnehmer: Er arbeitet für den Entleiher, ist aber weiterhin Mitarbeiter seines Arbeitgebers (Verleiher).
1. Was müssen Betriebe beachten, wenn sie Mitarbeiter verleihen wollen?

„Jeder Betrieb, der Arbeitnehmer verleihen möchte, braucht dafür eine Erlaubnis“, sagt Cornelia Höltkemeier, Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen. Diese Erlaubnis muss schriftlich und kostenpflichtig bei den Agenturen für Arbeit in Düsseldorf, Kiel oder Nürnberg beantragt werden. Die Zuständigkeit der Arbeitsagenturen richtet sich danach, wo der Betrieb ansässig ist. Die Erlaubnis werde regelmäßig vom Zoll kontrolliert.

Arbeitnehmerüberlassungen sind zeitlich begrenzt, betont die Rechtsanwältin. Maximal dürfe derselbe Mitarbeiter 18 Monate an denselben Betrieb entliehen werden. „Zwischen Verleiher und Entleiher muss außerdem ein Überlassungsvertrag geschlossen werden“, ergänzt Höltkemeier. In diesem Vertrag müsse der Mitarbeiter namentlich genannt sein und es muss aus dem Schriftstück hervorgehen, dass es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt.

2. Was versteht man unter der sogenannten „Kollegenhilfe“?

„Es gibt aber Ausnahmen von der Erlaubnispflicht“, sagt Höltkemeier: „In Betrieben, in denen weniger als 50 Beschäftigte tätig sind, kann zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen eine Verleihung an einen anderen Arbeitgeber der Branche erfolgen. Diese Verleihung muss lediglich im Vorfeld bei der Agentur für Arbeit angezeigt werden.“ Wichtig sei jedoch, dass die Voraussetzung des Arbeitsmangels eingehalten wird. Das sei angesichts der oft vollen Auftragsbücher nicht nachweisbar, warnt Höltkemeier.

3. Welche Gewerke dürfen verleihen / entleihen und wo gilt besondere Vorsicht?

„Betriebe aus dem Baunebengewerbe, wie SHK-Betriebe, Maler, Tischler und Elektriker dürfen Arbeitnehmer verleihen“, stellt Cornelia Höltkemeier klar.

Das Verleihen im Dachdeckerhandwerk von Dritten sei möglich - allerdings nur unter zwei Dachdecker-Betrieben:

  • bis zu zwölf Monaten, wenn dadurch Kurzarbeit oder Entlassungen vermieden werden. Beide Betriebe müssen mindestens drei Jahre der Soka-Dach angehören und die Mitarbeiterzahl des Verleihers muss unter 50 liegen.
  • wenn eben einer der Betriebe eine gebührenpflichtige Verleihererlaubnis nach §1 AÜG beantragt hat. Auch hier müssen beide Betriebe drei Jahre der Soka-Dach angehören. Die Überlassungshöchstdauer beträgt 18 Monate. Sie ist nicht von der Auftragslage abhängig.

Anders sehe es im Bauhauptgewerbe aus. Dort seien Arbeitnehmerüberlassungen gem. §1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Regel untersagt – soweit gewerbliche Arbeitnehmer betroffen sind, die Arbeiten des Baugewerbes erledigen.

Auf der Seite des Zolls heißt es dazu: „Verleiher dürfen Betrieben des Bauhauptgewerbes keine Arbeitskräfte für Arbeiten überlassen, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden.“

Was das für die Praxis bedeutet, zeigt dieses Beispiel des Zolls:

Beispiel: Ein Hoch- und Tiefbauunternehmen A hat viel zu tun und braucht kurzfristig Arbeitskräfte – einen Bauhilfsarbeiter und einen Finanzbuchhalter. Die Zeitarbeitsfirma B darf keinen Bauhilfsarbeiter an das Hoch- und Tiefbauunternehmen verleihen. Einen Finanzbuchhalter hingegen schon. Vorausgesetzt, die Firma hat eine Verleih-Erlaubnis.

4. Gibt es im Baugewerbe eine Möglichkeit der Kollegenhilfe?

Ja: Zwischen Betrieben des Baugewerbes seien Arbeitnehmerüberlassungen gestattet, schreibt der Zoll. Voraussetzung sei wieder eine Verleih-Erlaubnis. Zudem müsse der Verleiher seit mindestens drei Jahren von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen oder von deren Allgemeinverbindlichkeit erfasst sein. Auch hierzu hat der Zoll ein Beispiel veröffentlicht:

Beispiel: Ein alteingesessener Fliesenlegerbetrieb A darf dem Fliesenlegerbetrieb B seinen Fliesenleger C überlassen, sofern A eine Verleih-Erlaubnis hat.

„Aber auch hier müssen die Spielregeln beachtete werden, dass Betriebe Mitarbeiter nur dann verleihen dürfen, wenn Kurzarbeit oder Entlassungen drohen“, erklärt Rechtsanwältin Cornelia Höltkemeier. Bei Fliesenlegern beispielsweise sei dies gerade selten nachzuweisen.

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