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Argusaugen auf die Konkursmasse

Die Arbeit von Insolvenzverwaltern soll jetzt per Gesetz kontrolliert werden. "Und das wird auch höchste Zeit", sagt der Tischlermeister Werner J.

In 37 Jahren als selbstständiger Handwerksmeister hatte J. seinen Betrieb zu "einer der modernsten Tischlereien in Braunschweig" geformt. Der einzige Haken: Sein Nachfolger, an den er seine Werkstatt verpachtet hatte, hielt nur ein knappes Jahr durch dann musste er Insolvenz anmelden. Auf den Pachtzins aus dieser Zeit wartet J. seit mittlerweile vier Jahren. Die Hoffnung, dass er die 45 000 Euro noch sehen wird, ist gering. Aber was den Ruheständler im Nachhinein fast noch mehr nervt, ist das Verhalten des Insolvenzverwalters.

"Anfangs ist Dir als Gläubiger überhaupt nicht klar, welche Rechte der Insolvenzverwalter eigentlich hat benommen hat sich der Mann aber wie ein kleiner König", schimpft J. Nachdem er sich ein Insolvenzhandbuch besorgt hatte, sei ihm klar geworden, dass der Insolvenzverwalter seine Pflichten extrem vernachlässigt hat: "Das beginnt schon mit der Auflistung der noch vorhandenden Wertgegenstände, das muss das Erste sein."

Mittlerweile klagt J. gegen den Verwalter durch mehrere Instanzen, das Ergebnis der Prozesse ist noch offen. Er will von dem Insolvenzverwalter die Dinge bezahlt haben, die der ungerechtfertigerweise aus dem Betrieb entfernt habe etwa Fenster, die gar nicht dem Pächter gehörten.

Das geplante "Gesetz zur Vereinfachung und Verbesserung der Aufsicht in Insolvenzverfahren" (GAVI) wäre aus Sicht von Werner J. "richtig und wichtig". Der Gesetzentwurf eine gemeinsame Initiative von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen besteht im Wesentlichen aus drei Punkten.

Gläubiger sollen stärker als bislang in das Verfahren eingebunden werden und den Insolvenzverwalter kontrollieren. Der Grund: Die Gläubiger kennen in der Regel die Geschäfte des Schuldners und wissen Auffälligkeiten und Besonderheiten besser einzuordnen.

Das gerichtliche Verfahren soll stärker standardisiert werden. Dadurch werde die Prüfung der verschiedenen Insolvenzverwalter für die Gerichte erleichtert, Missstände könnten besser aufgedeckt werden.

Die Voraussetzungen für die Bestellung zum Insolvenzverwalter sollen klarer definiert werden. Dies geschieht zum einen durch die Regelung der Auswahl der Insolvenzverwalter. Zum anderen sollen die Insolvenzverwalter verpflichtet werden, etwa eine Haftpflichtversicherung zu unterhalten, damit das Schadensrisiko für die Betroffenen minimiert wird.

In anderen freien Berufen, zum Beispiel bei den Notaren, existiert seit langem eine wirksame Qualitätskontrolle", sagt Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann. Vor dem Hintergrund "festgestellter Mängel" müssten auch die Kontrollmaßnahmen der Insolvenzverwalter verbessert werden. Jetzt wird sich der Bundesrat mit dem Gesetzentwurf befassen.

Im Fall von Werner J. kommt das Gesetz zu spät. Doch auch wenn der Tischlermeister mittlerweile einen Käufer für seinen Betrieb gefunden hat: Er will weiter vor Gericht um sein Recht kämpfen, den betriebswirtschaftlichen Unfall am Ende seiner Karriere kann er einfach nicht verknusen. "Sonst kann ich meinen Ruhestand nämlich nicht richtig genießen", sagt er mit einem schiefen Lächeln.

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(sfk)

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