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Foto: handwerk.com

Ist der Ruf der Firma in Gefahr?

Azubi droht mit Amoklauf

Schock für einen Handwerksmeister: Der Azubi wird von der Polizei abgeführt. Er hatte im Internet Schüler und Mitarbeiter der Berufsschule bedroht. Und das nur wenige Tage nach Ablauf der Probezeit.

Markus Hilder (Name geändert) kann es immer noch nicht fassen: Plötzlich standen bewaffnete Polizisten in seinem Handwerksbetrieb und führten seinen Azubi ab. Zur gleichen Zeit wurde die Berufsschule im nahen Vechta geräumt.

Was war passiert? Der 20-Jährige hatte nach Polizeiangaben Schüler und Mitarbeiter der Schule bedroht. Gerüchte machten die Runde: Angeblich hatte der Azubi in einem sozialen Netzwerk mit einem Amoklauf in der Schule gedroht und eine Schülerin gestalkt.

Damit hatte der Handwerksmeister auf gar keinen Fall gerechnet. Erst drei Monate Praktikum, seit sechs Monaten in der Ausbildung – und dann so etwas? „Der Eindruck im Praktikum war sehr gut. Der wollte auch, das konnte man merken.“

Der Chef hätte die Gefahr erkennen können – doch dazu hätter er selbst gegen das Recht verstoßen müssen!

Warnsignale auf Facebook übersehen?

Dass der 20-Jährige in der Vergangenheit Probleme hatte, war Hilder klar. „Das Praktikum wurde über einen Bildungsträger vermittelt. Das sind Kandidaten, die in der Schule Probleme hatten.“ Bisher hatte ihn das nicht gestört: „Eigentlich hat doch jeder eine zweite Chance verdient“, meint der Handwerker.

Nach dem Praktikum habe Hilder auch schnell gemerkt, dass der Azubi eigene Prioritäten hatte und „etwas mehr Druck“ brauchte. Bei Arbeitsbeginn um 7:00 Uhr wirkte der junge Mann oft sehr unausgeschlafen. Damals habe der Chef als Ursachen zu viel Zeit vorm Fernsehen, am Computer oder auf Partys vermutet. Doch im Nachhinein mache er sich nun so seine Gedanken.

Der Handwerker hielt sich an die Regeln - und ärgert sich darüber
Noch mehr aber stellt der Unternehmer heute seine eigene Gesetzestreue infrage: „Als Arbeitgeber darf man sich über Bewerber nicht bei Facebook oder anderen Internetplattformen informieren. Aber genau da liegt das Problem: Wenn man das nämlich nicht tut, dann ist das wirklich fahrlässig.“ Denn in den sozialen Netzwerken könne man sehr viel mehr über persönliche Verhaltensweisen der Bewerber erfahren.

Kann so ein Azubi bleiben oder muss er gehen?

Aufhebungsvertrag statt Kündigung

Hilders größte Sorge nach dem ersten Schock: Wie wirkt das auf die Kunden? Wird der Ruf der Firma darunter leiden? „Ich kann doch so jemanden nicht zu Kunden mitnehmen. Wir arbeiten in der Privatsphäre der Leute, das ist äußerst sensibel.“

Allerdings war die Probezeit gerade vorüber. Was war zu tun? In der Handwerkskammer erfuhr er: Der Vorfall ist nicht automatisch ein Kündigungsgrund. Besser wäre es, wenn der Azubi einen Aufhebungsvertrag unterschreibt.

Also bat der Chef den Azubi, der wieder auf freiem Fuß war, später zum Gespräch. Mit dabei: ein Mitarbeiter der Kammer – „als Zeuge, dass rechtlich alles in Ordnung ist und ich den Azubi nicht unter Druck gesetzt habe“. Hilder erklärte dem jungen Mann seine Lage, machte deutlich, dass unter diesen Umständen eine Ausbildung in seinem Betrieb nicht funktionieren kann. Am Ende des Gespräches unterschrieb der Azubi den Aufhebungsvertrag.

Konsequenz für die Zukunft? Ein dringender Rat an alle Schüler und Eltern!

Zwei Lehren für die Praxis

Markus Hilder hat nun erst einmal genug von Praktika mit Problemfällen. Statt sich auf Empfehlungen zu verlassen, will er künftig lieber selbst in die Schulen gehen, um dort gezielt nach geeigneten Schülern für eine Ausbildung zu suchen.

„Bewerber mit mehr als zwei unentschuldigten Fehltagen auf den Schulzeugnissen bekommen bei uns nun nicht einmal mehr die Chance auf ein Praktikum“, sagt der Unternehmer. Und fragt sich: „Warum greifen hier die Eltern im Laufe der Schulausbildung nicht mehr durch? Leider sind mehr als 35 unentschuldigte Fehltage pro Schuljahr bei Bewerbern keine Seltenheit“.

Klare Ansage an Schüler und Eltern!
Gern würde Markus Hilder Schüler und Eltern in Veranstaltungen vor unüberlegten Aktivitäten im Internet warnen. „Ich will klarmachen, dass das aus Sicht eines Arbeitgebers absolut nicht geht, und sich die Jugendlichen damit ihren Lebensweg verbauen.“ Denn eines ist für den Handwerksmeister klar – egal, wie die Gesetzeslage ist: „Natürlich werden sich Arbeitgeber über Bewerber im Web informieren. Und natürlich werden wir das den Bewerbern nicht auf die Nase binden.“

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(jw)




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