Steuernachzahlungen durch Betriebsprüfungen steigen in Kleinstbetrieben.
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Steuern

Betriebsprüfung: Immer höhere Nachzahlungen für kleine Betriebe

Die Steuernachzahlungen nach Betriebsprüfungen für Kleinbetriebe ziehen weiter kräftig an – um fast 79 Prozent binnen 5 Jahren. Woran liegt das?

  • Die Zahl der Betriebsprüfungen durch das Finanzamt ist seit Jahren rückläufig. Doch für kleine und mittlere Betriebe steigen die Nachzahlungen nach einer Prüfung immer weiter an. 
  • Besonders betroffen sind Kleinstbetriebe: Sie zahlen heute im Schnitt 78,81 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Dafür gibt es mehrere Gründe.
  • Mehr Steuernachzahlungen trotz rückläufiger Betriebsprüfungen – so fällt die Bilanz der Finanzämter für das Jahr 2021 aus. Zwar sank die Zahl der Betriebsprüfungen um 15,82 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch gleichzeitig stiegen die Steuernachzahlungen um 15,93 Prozent auf 13,1 Milliarden Euro. Das ergibt sich aus der Betriebsprüfungsstatistik des Bundesfinanzministeriums.

    Im Fünfjahresvergleich zeichnet sich allerdings ein anderes Bild: Die durchschnittlichen Nachzahlungen von Kleinstbetrieben stiegen seit 2017 um fast 79 Prozent. Die Nachzahlungen der Großbetriebe sanken im Schnitt um 7 Prozent.

    Besonders betroffen waren diesmal die Groß- und Kleinstbetriebe: Die durchschnittlichen Nachzahlungen der Großbetriebe stiegen 2021 um 23,7 Prozent auf durchschnittlich 286.012 Euro. Für Kleinstbetriebe lag der Zuwachs bei 21,1 Prozent und stieg auf 27.455 Euro. Kaum verändert haben sich hingegen die Nachzahlungen bei Kleinbetrieben (-1 Prozent) und bei Mittelbetrieben (+1,8 Prozent).

    Zu welcher Gruppe Ihr Unternehmen zählt, hängt von Ihrem Umsatz und Ihrem zu versteuerndem Gewinn ab. Handwerker gelten in der Regel als Fertigungsbetriebe und werden vom Finanzamt so eingruppiert:

  • Kleinstbetriebe sind Unternehmen mit weniger als 44.000 Euro Gewinn oder 210.000 Euro Umsatz.
  • Als Kleinbetrieb gelten Sie ab einem Gewinn von 44.000 Euro Gewinn oder ab einem Umsatz von 210.000 Euro Umsatz.
  • Als Mittelbetrieb werden Sie ab 68.000 Euro Gewinn oder 610.000 Euro Umsatz eingestuft.
  • Einen Großbetrieb führen Sie, wenn Ihr Gewinn über 300.000 Euro liegt oder Ihr Umsatz mehr 5,1 Millionen Euro beträgt.
  • 3 Gründe für steigende Steuernachzahlungen

    Woran liegt es, dass kleinere Unternehmen im Durchschnitt seit einigen Jahren immer höhere Steuernachzahlungen nach Betriebsprüfungen leisten müssen?

    Steuerberater André Strunz von der Ecovis Steuerberatung in Hannover sieht dafür drei Gründe:

    1. Auftragslage: Viele Betriebe hatten in den Jahren vor der Pandemie eine sehr gute Auftragslage und kräftige Zuwächse zu verzeichnen. Für diese Jahre laufen nun die Betriebsprüfungen. Wenn die Prüfer fündig werden, bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Steuernachzahlungen für solche Jahre höher ausfallen, sagt Strunz. Das gelte besonders für kleine Betriebe, da die Prüfer hier „fast immer“ etwas finden.

    2. Digitale Betriebsprüfungen: Zudem bekämen kleinere Betriebe die Folgen der digitalen Betriebsprüfung immer stärker zu spüren. Darauf seien Großunternehmen besser vorbereitet. In der digitalen Betriebsprüfung entdecken die Prüfer Fehler und Ungereimtheiten schneller – und es fällt ihnen leichter, Umsatz und Gewinn zu schätzen. Eine ähnliche Wirkung können Mängel in der Verfahrensdokumentation haben, wie auch der Einsatz nicht GoBD-konformer Software.

    3. Drohung mit Strafanzeige: Zudem drohen Betriebsprüfer nach Strunz‘ Erfahrung immer öfter mit Strafanzeigen wegen Steuerhinterziehung, „als Druckmittel, um Steuerschätzungen durchzusetzen“. Bei juristisch gut beratenen Großbetrieben hätten sie damit wenig Erfolg, doch die Inhaber kleiner Unternehmen ließen sich davon zu schnell beeindrucken.

    Besser vorbereitet auf die Betriebsprüfung: Was können Sie tun?

    Kleine Handwerksbetriebe sollten vor allem formale Fehler in der digitalen Betriebsprüfung vermeiden:

  • GoBD-konforme Software: In vielen kleinen Betrieben sind immer noch Office-Programme wie Word und Excel beim Schreiben von Rechnungen im Einsatz. GoBD-konform ist das nicht. Unternehmen benötigen zwingend eine Software, die Rechnungen und andere Dokumente wie E-Mails und Angebote unveränderbar speichert, wenn sie im Zusammenhang mit einem Geschäftsvorfall stehen. Welche webbasierten Anbieter für kleines Geld sich eignen, verrät hier Steuerberater Armin Schiehser.
  • Verfahrensdokumentation: Fehlt die GoBD-konforme Verfahrensdokumentation, werden Betriebsprüfer nach Möglichkeit die gesamte Buchführung verwerfen. Dabei können kleine Betriebe eine Dokumentation mit relativ einfachen Mitteln selbst erstellen. Worauf sie achten sollten, erklärt hier Steuerberater Michael de Beer.
  • Drohende Strafanzeige: In diesem Fall sollten Sie zur Schlussbesprechung einen Fachanwalt für Strafrecht mitnehmen. Dessen Anwesenheit hole Betriebsprüfer schnell auf den Boden der Tatsachen zurück, weiß André Strunz
  • Wie oft werden Betriebe vom Finanzamt überprüft?

    Insgesamt haben die Finanzämter 2021 knapp 1,8 Prozent aller Unternehmen überprüft. 2020 lag der Anteil knapp über 1,8 Prozent, in den Vorjahren schwankte er zwischen 2,2 und 24 Prozent. Rein statistisch ist die Wahrscheinlichkeit einer Betriebsprüfung also relativ gering:

  • 2021 wurden 0,77 Prozent aller Kleinbetriebe geprüft. Statistisch bedeutet das: Ein Kleinstbetrieb wird rein statistisch nur alle 129 Jahre geprüft.
  • Etwas häufiger wären Kleinbetriebe statistisch fällig: alle 42 Jahre.  
  • Mittelbetriebe kommen rein rechnerisch auf 21 Jahre.
  • In der Betriebsprüfung geht es jedoch nicht um statistische Wahrscheinlichkeiten. Die gelten nur, wenn Betriebsprüfer die betroffenen Unternehmen rein zufällig auswählen würden. Dafür fehlt ihnen jedoch die Manpower.

    Also geht es vor allem bei kleineren Betrieben nach Verdachtsmomenten. Liegt ein Verdacht vor, spielt die Betriebsgröße keine Rolle. Dann bekommt auch ein Kleinstbetrieb Besuch vom Betriebsprüfer.  Wann das Finanzamt misstrauisch wird und woher Betriebsprüfer ihre Informationen bekommen, lesen Sie hier.

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