Die Betriebe klagen seit Jahren darüber: Viele Lehrstellenbewerber sind unzureichend qualifiziert, ihr
Allgemeinwissen ist oft katastrophal. Auch die aktuelle handwerk.com-Umfrage spiegelt das
wider.
"Ausbildungspakt: Haben Sie neue Stellen geschaffen?", hatte die Redaktion in der vergangenen Woche
gefragt. Vier von zehn Betriebsinhabern geben darauf eine Antwort, die nach Resignation klingt: "Das würden
wir ja, wir finden nur leider keine geeigneten Bewerber."
Dass dieses Argument nicht vorgeschoben ist, zeigen die Erlebnisse des Malermeisters Thomas Hinze. Der
Handwerker hat in der hannoverschen Tageszeitung Neue Presse (NP) einige Ergebnisse aus Eignungstests
öffentlich gemacht, die angehende Azubis bei ihm ausgefüllt hatten.
Die Formulare lesen sich wie eine Satire. Bitte nennen Sie sechs Bundesländer der Bundesrepublik
Deutschland ? einige Bewerber hatten nach dieser Aufforderung extreme Orientierungsprobleme. Die schrillste Antwort:
"Luxemburg, Spanien, Griechenland, Niederlande, Jugoslawien, Dänemark."
Und auch über so simple Kenntnisse wie die Grundrechenarten oder Maßeinheiten haben die Maler von
morgen ihre ganz eigenen Ansichten. Wie viel Meter entsprechen 32 Zentimeter? Ganz klar: 3,2 Meter.
RTL 2 verzieht die Kinder
Wo liegen die Ursachen für solche "Leistungen"? Die NP zitiert Malermeister Hinze mit folgender Vermutung: "Wenn die Kinder von RTL 2 erzogen werden, dann läuft etwas schief."
Der Bäckermeister Dirk Merscher berichtet im Kölner Stadt-Anzeiger über ähnliche Erfahrungen wie Hinze. Auf eine freie Stelle im Ausbildungsberuf Bäckereifachverkäuferin hatten sich 15 junge Frauen bei ihm beworben. Den größten Teil der
Bewerberinnen musste Merscher schon wegen der schlechten Bewerbungsmappen aussortieren. Und: Von den Übrigen erschienen nur zwei zum Vorstellungsgespräch.
Das fatale Ergebnis: Eine der Kandidatinnen sagte ab, die andere meldete sich gar nicht mehr. Bei Merschers
Kollegen sieht die Situation nicht anders aus. Von den 200 Lehrstellen, die von den Betrieben der Bäcker-
Innung Köln/Rhein-Erft-Kreis in diesem Jahr vergeben werden sollten, ist noch die Hälfte unbesetzt.
Aber auch positive Signale sind in der handwerk.com-Umfrage zu entdecken, denn es gibt Gewerke, die scheinbar keine Probleme mit der Nachwuchsarbeit haben. "Mehr Stellen sind nicht drin, wir bilden schon über Bedarf aus", sagen immerhin 31 Prozent der
Befragten. 29 Prozent der Betriebsinhaber sehen in der Lehrlingsausbildung eine "Ehrensache" ? die
jungen Leute müssten nun einmal weg von der Straße.