Wer gleichen Lohn für gleiche Arbeit einklagen will, muss über das Gehaltsgefüge des Betriebs genau Bescheid wissen.
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Recht

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Auch in Handwerksbetrieben?

Eine Frau erstreitet eine Lohnnachzahlung, weil ihr Kollege besser bezahlt wird. Welche Konsequenzen hat das Urteil für Arbeitgeber? Eine Anwältin gibt Entwarnung.

Auf einen Blick:

  • Insgesamt 16.500 Euro muss ein Arbeitgeber einer ehemaligen Mitarbeiterin zahlen, weil sie im Streit um gleichen Lohn für gleiche Arbeit vor dem Bundesarbeitsgericht Recht bekam.
  • In der Praxis dürfte das Urteil keine großen Auswirkungen für Handwerksbetriebe haben, sagt die Fachanwältin für Arbeitsrecht Ina Jähne. Denn es kommt auf die Begründung für die unterschiedlichen Löhne an – und die Hürden für Klägerinnen sind hoch.
  • Der Fall: Eine Mitarbeiterin im Außerdienst erhielt ein um 500 Euro niedrigeres Gehalt als ihr nur drei Monate zuvor eingestellter Kollege. Beide hatten eine vergleichbare Qualifikation, vergleichbare Aufgaben und übernahmen die Vertretung des anderen. Wegen der ungleichen Bezahlung verklagte die Frau ihren Arbeitgeber. Dieser argumentierte, der Mann habe besser verhandelt.

    Das Urteil: Das Bundesarbeitsgericht urteilte im Sinne der Klägerin. Nach § 7 des Entgelttransparenzgesetzes habe sie einen Anspruch auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege. Der Arbeitgeber habe keinen sachlichen Grund für die unterschiedliche Bezahlung nennen können, allein das Verhandlungsgeschick dürfe nicht ausschlaggebend sein, so die Richter. Der Arbeitgeber muss nun 14.500 Euro Gehalt und 2.000 Euro Entschädigung zahlen.

    Was bedeutet das Urteil für Arbeitgeber?

    „Die Auswirkungen des Urteils für Arbeitgeber im Handwerk dürften überschaubar bleiben“, sagt Ina Jähne, Fachanwältin für Arbeitsrecht. „In Deutschland hat es bislang nur sehr wenige Klagen auf der Grundlage des Entgelttransparenzgesetzes gegeben. Ich rechne nicht damit, dass sich das durch das BAG-Urteil ändert.“ Sie nennt dafür zwei Gründe.

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    Foto: Jähne Günther Rechtsanwälte PartGmbB Rechnet nicht größeren Auswirkungen des BAG-Urteils: Ina Jähne, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Hannover.

    Grund 1: Eine Klage erfordert die genaue Kenntnis der Löhne

    Wer seinen Arbeitgeber auf gleiche Lohnzahlung verklagen möchte, muss genau wissen, wie viel mehr der Kollege verdient – und seit wann. „Vor Gericht muss die Klägerin einen Differenzbetrag geltend machen und der kann nur berechnet werden, wenn diese Informationen vorliegen“, so Jähne.

    Es gibt zwar eine Auskunftspflicht im Entgelttransparenzgesetz: Arbeitgeber müssen zur Gehaltsstruktur genaue Angaben machen. Das gilt jedoch nur für Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitenden. Damit sind die meisten Handwerksbetriebe davon nicht betroffen.

    Natürlich gibt es weitere Informationsquellen für den Lohn der Kollegen: Der Betriebsrat kann befragt werden und nicht zuletzt der Kollege selbst. „Dieser Kollege müsste dann allerdings bereit sein, als Zeuge aufzutreten und seine Gehaltsabrechnungen offenlegen“, sagt die Anwältin.

    Grund 2: Der Arbeitgeber kann Lohnunterschiede sachlich begründen

    „Arbeitgeber dürfen immer noch unterschiedliche Gehälter zahlen, sie dürfen den Unterschied aber nicht mehr mit besserem Verhandlungsgeschick begründen“, betont Jähne. Sachliche Gründe wie unterschiedliche Aufgaben, ein anderer Lebenslauf mit unterschiedlichen Qualifikationen oder Weiterbildungen sowie längere Betriebszugehörigkeit seien aber weiterhin zulässig.

    „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit erfordert vergleichbare Tätigkeit und vergleichbare Arbeitnehmer“, fasst die Anwältin zusammen. „Im aktuellen Fall beim BAG traf das tatsächlich zu, aber es dürfte nicht allzu oft vorkommen.“

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