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Recht

Kein Widerrufsrecht beim Kauf auf Messen

Ein Messestand kann ein "Geschäftsraum" sein, entschied der Europäische Gerichtshof. Daher gilt unter bestimmten Voraussetzungen auf Messen auch kein Widerrufsrecht.

Auf einen Blick:

  • Auf Messen müssen Unternehmer ihre Kunden nicht zwingend über das Widerrufsrecht aufklären, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH).
  • Es folgte damit der Entscheidung einiger deutscher Gerichte, die vorher eine Klage der Verbraucherzentrale Berlin abgewiesen hatten.
  • Der Grund: Ein Messestand kann aus Sicht der Richter ein „Geschäftsraum“ sein, wenn Verbraucher damit rechnen können, dass Unternehmer sie ansprechen, um Waren zum Kauf anzubieten.

Der Fall: Im Januar 2015 bestellte ein Kunde am Messestand der Vertriebsgesellschaft einen Dampfstaubsauger. Der Kunde wurde nicht darüber belehrt, dass nach deutschem Recht im Einklang mit Art. 9 der Richtlinie 2011/83/EU ein Widerrufsrecht bestehe.

Nach Ansicht der Verbraucherzentrale hätte der Kunde aber beim Kauf über das Bestehen eines Widerrufsrechts informiert werden müssen, da der Kaufvertrag außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen worden sei. Deshalb reichte die Verbraucherzentrale Berlin Unterlassungsklage beim Landgericht Freiburg ein. Das Gericht wies die Klage ab. Auch beim Oberlandesgericht Karlsruhe hatte die Verbraucherzentrale keinen Erfolg. Im nächsten Schritt wandte sich die Verbraucherzentrale mit einer Revision an den Bundesgerichtshof.

Der Bundesgerichtshof verwies die Entscheidung weiter an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und legte dort eine Vorabentscheidung vor. Der EuGH hatte unter anderem darüber zu urteilen, ob ein Messestand ein Geschäftsraum ist und ob dort das Widerrufsrecht gilt.

Das Urteil: Der EuGH legte den Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2011/83/EU so aus: Ein Messestand eines Unternehmers, an dem er seine Tätigkeiten an wenigen Tagen im Jahr ausübt, kann als „Geschäftsraum“ gelten. Voraussetzung dafür sei, dass aufgrund des Erscheinungsbilds des Messestandes sowie der auf der Messe verbreiteten Informationen ein normal informierter, angemessen aufmerksamer Verbraucher damit rechnen könne, dass der Unternehmer ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen – also ihm etwas zu verkaufen.

Solange ein Verbraucher nicht davon überrascht sei, dass ihm am Messestand Waren zum Kauf angeboten werden, bestehe auch kein Widerrufsrecht. Aus diesem Grund musste die Vertriebsgesellschaft in diesem Fall den Kunden beim Kauf auch nicht auf das Widerrufsrecht hinweisen.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 07. August 2018, Az. C-485/17

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