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Saugut investiertes Geld

So retten Sie Ihr Leben

"Ich bin toll. Ich bin Realist. Ich kann abgeben." Lesen Sie dieses Zitat dreimal laut – und dann den folgenden Text!

Diese Frau ist wirklich spontan. Unsere Anfrage nach einem Gesprächstermin hat die Unternehmerin und sechsfache Mutter Dr. Karin Uphoff so beantwortet: "Ich sitze im Zug, da ist das mit dem Telefonieren immer etwas schwierig. Wie wäre es mit einem Tässchen Kaffee, gleich am Kölner Bahnhof?" Aber gerne.

Im Bahnhofscafé – und beim Warten auf ihren Anschlusszug – haben wir Uphoff mit einigen Stichpunkten aus dem Interview mit dem Burnout-Betroffenen Holger Bachsmann konfrontiert. Die Frage: Was können Unternehmer aus seinen Erfahrungen ableiten? Die Antwort in der Kurzfassung: unheimlich viel.

Gesunde Distanz zu den Mitarbeitern: Lesen Sie, warum Uphoff dazu rät.

Gesunde Distanz zu Mitarbeitern

Bachsmanns Stichpunkt: "Ich wollte es allen recht machen."
Dazu sagt Uphoff: Das war auch für mich ein langer Prozess, zu akzeptieren, dass ich als Chefin nicht Freundin, nicht Kollegin oder sonstwer bin. Ich will ein wertschätzendes Miteinander mit meinem Team haben. Doch wenn es hart auf hart kommt, bin ich nun mal diejenige, die Entscheidungen treffen muss. Und zwar unemotional. Auf die Leistung der Leute bezogen. Wie gut sie für den Betrieb sind – in welcher Form auch immer.

Gerade in kleinen Betrieben des Handwerks hat man ja sehr viel miteinander zu tun, man kriegt auch viel mit. Da ist es fast noch wichtiger, die Distanz zu halten. Und jedem auch die eigene Verantwortung für sein eigenes Leben zu überlassen.

Nur Sie wissen, was es heißt, ein Unternehmer zu sein – lesen Sie Seite 3.

Verständnis? Vergessen Sie's!

Bachsmanns Stichpunkt: "Die Arbeitsgerichte bestrafen Kündigungen überhart."
Uphoff: Richtig, das Kündigungsrecht ist nicht immer nachvollziehbar. Da müssen die kleinen Betriebe die gleichen Regeln einhalten wie die ganz großen, die ganz andere Puffermöglichkeiten haben. Und genau deshalb finde ich es so wichtig, dass man innerlich eine gesunde Distanz zur Arbeit und den Mitarbeitern behält.

Wenn es hart auf hart kommt, werden die Mitarbeitern nicht sagen: "Oh, der Chef ist so lieb, ich arbeite jetzt mal drei Monate unentgeltlich." Oder: "Der hat mich entlassen, das kann ich gut verstehen." In diesem Moment ist derjenige, um den es geht, sich selbst der nächste. "Verdammt, was kriegt der sein Geschäft nicht in die Gänge und muss ausgerechnet mich entlassen?" Absolut nachvollziehbar! Jemand, der angestellt ist, kann nicht wissen, was es heißt, ein Unternehmen zu führen.

Bei Ärger: Einen Schritt zurücktreten – lesen Sie die nächste Seite.

Jeder Ärger ist eine Chance

Bachsmanns Stichpunkt: "Der Kunde soll mich und meine Arbeit wertschätzen."
Uphoff: Das unternehmerische Dasein ist nicht immer von Wertschätzung geprägt. Und man sollte sich auch selbst hinterfragen: Bin ich selbst eigentlich Dienstleistern gegenüber wertschätzend, wenn es mal nicht so gut läuft? Wenn man selber Geld für etwas ausgibt, empfindet man das Recht, sich zu beschweren, wenn etwas nicht den eigenen Erwartungen entspricht. Ein Beispiel: Ein Handwerker wird kritisiert, denkt aber, dass er alles richtig gemacht hat. Trotzdem sollte er auch in solchen Fällen versuchen, die Sicht des Kunden nachzuvollziehen. Das Gegenüber ist ja nicht per se böse.

Irgendetwas ist nicht so gelaufen, wie sich das Gegenüber das vorgestellt hat. Auch da finde ich es richtig und wichtig, einen Schritt zurückzutreten. Und nicht sofort zu sagen: "Der schätzt mich nicht wert." Und sich persönlich angegriffen zu fühlen. Sondern sich zu fragen: "Wo war der Schnitt, an dem wir uns auseinanderbewegt haben?" Beide sind ja – sonst wären sie nicht miteinander ins Geschäft gekommen – von einem Optimalfall ausgegangen. Dann ist das auch eine Chance, ich kann prüfen, ob meine Prozesse richtig laufen. Dass es nette und weniger nette Mitbürger gibt, gehört zum Leben.

Schnell auf die eigene Unlust reagieren – lesen Sie Uphoffs nächsten Tipp.

Andere können Ihre Defizite ausgleichen

Bachsmanns Stichpunkt: "Die Kinder wollten spielen, aber ich saß am Rechner."
Uphoff: Wenn ich 100 Stunden in der Woche arbeite, habe ich natürlich keine Möglichkeit mehr für den Ausgleich. Dann bin ich unter Druck, schlecht gelaunt – und nicht mehr kreativ. Deshalb finde ich einen Spruch von Apple-Gründer Steve Jobs so gut. Sehr frei zitiert: Wenn ich mehrere Tage hintereinander aufgestanden bin und keine Lust auf das habe, was mich erwartet, dann kann ich nicht zwei Jahre warten, sondern muss sofort erkennen, dass etwas falsch läuft.

In diesem Fall möglicherweise: Die Betriebsgröße ist falsch. Oder die Art der Arbeit entspricht nicht meinen Fähigkeiten und meinen Sehnsüchten. Dann muss ich möglichweise deutlich reduzieren oder jemanden mit in den Betrieb nehmen, der die Fähigkeit hat, manches von meinen Defiziten auszugleichen. Und ich muss loslassen können, fokussieren, delegieren, ja, und mich vielleicht von Projekten oder schlimmstenfalls auch Mitarbeitern trennen, so weh es tut. Nur: Die Augen zumachen und wie im Hamsterrad weiterrennen: Das ist die gefährlichste Alternative.

Lesen Sie Uphoffs sechsten Ratschlag: Trotz guter Ideen Realist bleiben.

Sogar grandiose Ideen abhaken

Bachsmanns Stichpunkt: "Ich brenne auf hoher Flamme."
Uphoff: Visionen und Energie sind eine gute Sache, es gibt Menschen, die sofort für etwas brennen. Aber die verbrennen dann häufig auch schnell. Und deshalb glaube ich, dass die Gutmenschen, die eine enorme Leidenschaft für ihren Job haben, besonders Burnout-gefährdet sind. Die müssen lernen zurückzuschalten. Wenn ich eine Idee habe, schlafe ich da nicht eine Nacht drüber, sondern vier Nächte. Und dann erzähle ich jemanden davon. Und wenn der sich genauso dafür begeistert, dann brenne ich vielleicht noch ein wenig mehr.

Aber ich muss auch anerkennen können, dass sich ganz viele Ideen nicht umsetzen lassen. Und das nicht als Frustration erleben, sondern sagen: "Ok, ich produziere Ideen, aber ich bin auch Realist, ich kann das eindampfen, Nein sagen gegenüber guten Ideen." Denn: Wenn ich nicht die Kapazität habe, ist auch die grandioseste Idee schwierig in der Umsetzung.

Mit Spaß Aufgaben delegieren – lesen Sie Uphoffs letzten und wichtigsten Tipp.

Sie müssen nicht perfekt sein

Bachsmanns Stichpunkt: "Die Belastung ist unheimlich groß."
Uphoff: Ich muss als Unternehmer Aufgaben abgeben können. Es gibt gute Leute, die schwierige Aufgaben lösen können – vom Netzwerken bis zum Texten einer Pressemeldung. Das ist gut investiertes Geld. Die Denke ist oft, dass ich als Chef Geld spare, wenn ich alles selbst mache, das kostet mich dann nichts. Es kostet mich, hart gesagt, nur möglicherweise das Leben.

Das hat auch mit Wertschätzung meiner eigenen Person zu tun: Ich gestehe mir zu, Spaß zu haben. Ich bin so, wie ich bin. Ich bin toll. Kein Mensch liebt mich, weil ich perfekt bin. Anderen Menschen ist das sowieso völlig egal. Man sollte die Bedeutung der eigenen Person nicht überbewerten. Wenn man sich selbst und seiner Leistung gegenüber entspannter wird, Fehler nicht als persönliche Niederlage empfindet, sondern als etwas, das eben passiert, das man eingestehen und aus dem man lernen kann, dann nimmt das viel Druck.

Dr. Karin Uphoff leitet das Institut für angewandte PR in Marburg.

(sfk)

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