Meistens hat sie eine Antwort. Melanie Bernhardt ist eine erfahrene Dachdeckermeisterin, sie verarztet vor allem die Sorgen ihrer Stammkunden in Frankfurt. Doch immer wieder rufen Leute an, die Bernhardt hellseherische Fähigkeiten abverlangen.
Ein Beispiel aus der vergangenen Woche:
Anruferin: "Bei mir regnet es in den Dachboden, ich kann aber nicht sehen, wo der Schaden ist. Was kostet die Reparatur?"
Melanie Bernhardt: "Das kann ich Ihnen leider auch nicht sagen. Ich habe das Dach und den Schaden ja nicht gesehen. Ohne Ortstermin kann ich keine Aussage machen."
Anruferin: "Aber was kostet das denn üblicherweise?"
Tja. Da gäbe es Kleinigkeiten, die einen Einfluss auf die Reparaturkosten haben könnten. Die Bauweise des Daches? Ganz interessant. Die Art und die Größe des Schadens? Auch eine schöne Information.
In anderen Gewerken ist die Fähigkeit zur Ferndiagnose übrigens noch wichtiger als bei den Dachdeckern.
Der SHK-Meister und das unbekannte Ersatzteil – lesen Sie Seite 2.
Gute Frage: Was kostet eine Gasheizung?
Hans-Ulrich Vaupel ist SHK-Meister in Wuppertal. Ist die Ferndiagnose bei ihm ein Thema? "Pausenlos, eigentlich bei jedem zweiten Anruf", sagt Vaupel.
Aktuelle Anfrage einer Kundin: „Ich möchte eine neue Toilettenschüssel an den alten Spülkasten anschließen. Was kostet das?“ Auch das ist fernmündlich eher schwierig zu beantworten. Passt das Spülrohr? Passt die neue Toilette überhaupt in die Bohrungen der alten? Sind Formstücke nötig? „Im ungünstigsten Fall“, sagt Vaupel, „könnte so eine Arbeit zwei Stunden länger dauern als gedacht.“ Und weil bei ihm eine Montagestunde nun einmal 49,50 Euro koste, sei eine seriöse und exakte Preisansage am Telefon einfach nicht möglich.
Vaupel reagiert natürlich höflich, wenn ein Kunde kein Verständnis dafür hat, dass ein Handwerker kein Hellseher ist. Aber er lässt auch keinen Zweifel daran, dass der Preis von zahlreichen Variablen abhängig ist. „Verzeihung, aber unter diesen Bedingungen kann ich Ihnen nicht helfen." Das ist ein Satz, den Vaupel häufig sagen muss.
Eine Glaskugel auf dem Schreibtisch wäre jedenfalls eine gute Sache, meint Vaupel. Damit hätte er auch die unglaublich detaillierte Preisanfrage beantworten können, mit der er ebenfalls vor wenigen Tagen konfrontiert wurde: "Was kostet eine Gasheizung?"
Gute Gegenfrage: So löst Melanie Bernhardt die unbehagliche Situation.
Guter Witz: Die Ärztin und die Fehldiagnose
Die Kundin mit dem feuchten Dachboden hat zu Melanie Bernhard tatsächlich gesagt: „Können Sie den Preis nicht schätzen?“
Die Dachdeckermeisterin war zunächst rat- und sprachlos. Was ist die angemessene Antwort in so einer Situation? Dann fiel ihr der Lieblingsspruch ihres Vaters ein: "Ein Arzt kann auch keine Diagnose stellen, wenn Sie ihn anrufen und fragen: ‚Ich habe Bauchweh, was könnte das denn sein?'.“
Stille in der Leitung. Berhardt dachte schon, ihre Gesprächspartnerin habe aufgelegt. Dann hörte sie plötzlich ein lautes Lachen am anderen Ende. "Okay“, sagte die Kundin, „kommen Sie vorbei und schauen Sie sich mein Dach an. Ich bin Ärztin, ich habe keine Lust auf eine Fehldiagnose!"
Wie begegnen Sie den Glaskugel-Anfragen Ihrer Kunden? Oder kann die Ferndiagnose auch erfolgreich sein? Schreiben Sie uns, wir sind auf Ihre Erlebnisse gespannt!
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