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Online-Auktionen

Wer macht´s am billigsten?

Bei www.undertool.de kommen Aufträge für Handwerker und andere Dienstleister unter den virtuellen Hammer. Den Zuschlag erhält der „Billigste“.

Bei www.undertool.de kommen Aufträge für Handwerker und andere Dienstleister unter den virtuellen Hammer. Den Zuschlag erhält der Billigste.

Hauteck bringt 3160 Euro, alter01 schlägt ihn mit 3080. Der Malermeister will beiden mit 2980 eins auswischen, doch da hat er sich geschnitten. Die virtuelle Bieterschlacht tobt weiter. Schlag auf Schlag kommen neue Angebote, und der Preis rutscht unter 2500 Euro. Die Beute für den Sieger: ein Treppenhaus renovieren.

Dem Handwerk geht es schlecht, unser Online-Dienst ist eine vernünftige Alternative für Betriebe, an Aufträge zu gelangen, sagt der Betreiber von Undertool, Thomas Grochowalski. Rund 200 Angebote für Handwerker und andere Dienstleister finden sich derzeit auf seinen Webseiten. Zwischen 3000 und 5000 Besucher kämen täglich in das Online-Auktionshaus und das schon wenige Monate nach dem Start, freut sich der Dortmunder.

Nicht alle kommen aber offenbar mit ehrbaren Absichten: Ich habe den Eindruck, dass einige das Portal als Sprungbrett für Schwarzarbeit benutzen, sagt der Stukkateurmeister Sven Peters. Er habe wiederholt mitgeboten, sei aber jedesmal ausgestochen worden. Aufträge gehen dort für Preise über den Tisch, die sind für mich nicht nachvollziehbar. Auch der Elektriker und Firmeninhaber Stefan Schneider klagt über schwarze Schafe. Bei einigen Auktionen, die er verfolgt habe, müsse etwas faul gewesen sein. Anders seien die tiefen Gebote nicht zu erklären.

Beide Seiten gehen ein großes Riskiko ein, sagt Ulrike Hammann. Die Dortmunder Journalistin suchte über Undertool einen Handwerker, der ihren hochwertigen Parkettboden in Schuss bringt. Die Auktion lief noch, da meldete sich plötzlich per E-Mail eine Frau, die nicht zu den Bietern gehörte, und bot an, den Job günstig zu machen. Als Hammann sie fragte, wie es mit einer Versicherung gegen Schäden aussieht, winkte die Frau ab. Das geht so nicht, was Grochowalski macht, ärgert sich Hammann.

"Klare Spielregeln"

Um zu verhindern, dass sich schwarze Schafe einschleichen, haben wir klare Spielregeln festgelegt, wehrt sich Grochowalski. Nur Gewerbetreibende dürften Aufträge ersteigern. Und die müssten sich seit neuem auch per Gewerbeschein oder Auszug aus dem Handelsregister ausweisen. Zudem müssten sich Bieter und Auftraggeber bei Undertool registrieren lassen.

Trotz aller Regeln komme es aber vor, dass fragwürdige Angebote auftauchen, räumt der Groß- und Einzelhandelskaufmann ein und betont: Wir prüfen laufend unsere Webseiten und halten sie sauber.

Doch das gelingt nicht immer auf Anhieb: Als handwerk.com sich auf der Plattform umsah, lief seit einiger Zeit auch eine Versteigerung, bei der 21 Bieter um einen Malerauftrag für urspünglich 3500 Euro feilschten. Der Preis war bereits auf weniger als ein Drittel abgerutscht, bevor Undertool eingriff und die fragwürdige Auktion abbrach.

Die Handwerkskammer Dortmund bewertet den neuen Online-Dienst positiv. Alles, was dem Handwerk zu Aufträgen verhilft, begrüßen wir, sagt der stellvertretende Geschäftsführer der Kammer, Dietmar Barfuss. Risiken stecken da schon drin, ergänzt er mit Blick auf die Preisspirale und den Aspekt Schwarzarbeit. In erster Linie müsse man jedoch die Chancen sehen. Gerade kleinen Betrieben könne der Online-Marktplatz helfen. Das Portal sollten Handwerker auch als Eingangstür zum Kunden betrachten. Wenn der Kontakt hergestellt sei und ein Betrieb seine speziellen Leistungen vorstellen könne, dann schlägt die Stunde des Handwerks, betont Barfuss. Ein Manko des Auktionshauses sei, dass Anbieter Aufträge oft nicht genau beschreiben und Handwerker nicht auf ihre individuellen Stärken hinweisen könnten.

Harsche Kritik kommt dagegen von der Handwerkskammer Berlin: Das führt zu Dumpingpreisen, die letzten Endes allen Betrieben schaden, sagt die Sprecherin der Kammer, Almuth Draeger. Die Auftragsvergabe erfolge bei Undertool nur über den Preis, Qualität und Zuverlässigkeit der Arbeit würden nicht berücksichtigt. Auch die Handwerkskammer Hannover warnt: Handwerker sollten sich das vorher sehr genau durchrechnen, empfiehlt Wolfgang Frieden, der das Sachgebiet Auftragsvermittlung betreut.

Den Vorwurf, seine Plattform wirke als Preisbrecher und verschärfe die Lage für Handwerker, weist Grochowalski entschieden zurück. Jeder kann doch selbst entscheiden, ob er den Dienst nutzt.

Auktionen auf den Kopf gestellt

Undertool stellt eine Plattform für so genannte Umkehr-Auktionen, auch Revers-Auktionen genannt, dar.Die Preisspirale dreht sich dabei nicht nach oben, sondern nach unten. Die Auftraggeber legen einen Startpreis fest, von dem ab Handwerker sich gegenseitig unterbieten können. Für einige Aufträge gibt es die Option: Direkt annehmen. Wer davon Gebrauch macht, erspart sich zwar den Bieterwettstreit, muss dafür aber von vornherein einen Nachlass auf den Startpreis gewähren.

Die Versteigerungen dauern etwa bis zu drei Wochen. Manchmal verlaufen sie zäh, mitunter drehen zahlreiche Bieter die Preisspirale auf Hochtouren. Die Aufträge stammen von Privatleuten. Auf den Webseiten finden sich die Aufträge untergliedert nach Kategorien wie Bauarbeiten, Heizung und Sanitär, Tischlerei oder Fahrzeuge.

Die Gebühren für die Auktionen zahlen die Auftraggeber. Einen Auftrag einzustellen, kostet sie je nach Startpreis zwischen 40 Cent und zwölf Euro. Kommt es zum Abschluss, verlangt Undertool zudem als Provision ein bis fünf Prozent des Verkaufspreises.

Stimmen von Auktionsteilnehmern

Die Grenzen im Auge behalten:

Der Ansatz ist vielleicht gar nicht so schlecht, sagt der Stukkateurmeister Sven Peters aus Schelms über Undertool. Der Dienst sei aber noch weit davon entfernt, ausgereift zu sein. Dabei bezweifelt Peters, dass sich potenzielle Schwarzarbeiter hundertprozentig aussperren lassen.

Das Gros der Bieter hält der Stukkateur für seriös. Für sie müsste es eine Möglichkeit auf der Plattform geben, sich als Handwerker individuell zu präsentieren. Auftraggeber sollten sich ein Bild von der Qualität der Bieter machen können, so dass nicht nur der Preis bei den Auktionen den Ausschlag gibt.

Momentan habe er den Eindruck, dass sich des öfteren dubiose Anbieter Aufträge erschleichen. Handwerker die ernsthaft mitmitbieten wollen, müssten ihre wirtschaftlichen Grenzen genau im Auge behalten. Weil ich das getan habe, bin ich bisher nicht zum Zuge gekommen, blickt Peters auf seine Versuche mit Undertool zurück. Ich gucke aber immer wieder mal auf die Plattform.

Es sind schärfere Maßnahmen nötig:

Der Unternehmer Stefan Schneider hat zwiespältige Erfahrungen mit Undertool gesammelt: Mein erster Eindruck war, das ist eine gute Idee, sagt der Inhaber der Firma Haus-Garten-Technik. Einige Male habe er im Rahmen der Grenzen, die ihm die Handwerksordnung setzt, Aufträge zu akzeptablen Preisen ersteigert. Positiv an dem Online-Dienst sei auch, dass man neue Kunden gewinnen könne.

Verärgert ist Schneider wegen schwarzer Schafe, die mit ihren Preisen Aufträge abfischen. Auch wenn man bis an die Schmerzgrenze gehe und darauf setzt, dass der Kunde einen lukrativen Folgeauftrag vergibt, habe man letztlich keine Chance in der Preisschlacht. Außerdem vergraulten die zwielichtigen Bieter Kunden.

Dass das Auktionshaus die schwarzen Schafe in den Griff bekommt, glaubt Schneider nicht. Dass sie inzwischen den Gewerbeschein oder Auszug aus dem Handelregister bei Undertool verlangen, reicht doch nicht. Schärfere Maßnahmen seien notwendig. Im Winter will er trotz der Schattenseiten noch bei der einen oder anderen Auktion mitmachen. Danach ist Schluss.

(mfi)

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