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Telefonabzocke erkennen

Auflegen ist auch keine Lösung

Es klingt wie das Patentrezept gegen unseriöse Telefonverkäufer: Schließen Sie mit Unbekannten keine Verträge am Telefon ab. Leicht gesagt.

Bei unbekannten Anbietern einfach auflegen? Gäbe es eine Hausapotheke für gute Ratschläge, würde dieser Tipp im Fach für „Gesunden Menschenverstand“ stehen. Zwischen „Nichts unterschreiben, was man nicht versteht“ und „Rechnungen nie ungeprüft bezahlen“. Jeder weiß das, doch sich immer daran zu halten – das ist etwas ganz anderes.

Mit Psycho-Tricks in die Vertragsfalle
„Unseriöse Telefonverkäufer arbeiten mit psychologischen Tricks“, sagt Telefontrainerin Claudia Fischer aus München. Zum Beispiel, indem Anrufer so tun als ob: „Guten Tag, es geht um Ihren Stromverbrauch“ oder „Es geht um Ihren Eintrag, wir müssen nur kurz die Daten abgleichen“. Unser Gehirn ergänzt dann automatisch die fehlenden Informationen: „Ach ja, meine Stadtwerke“ oder „Alles klar, es geht um meinen Gelbe-Seiten-Eintrag“.

Die Masche ist alt und funktioniert immer wieder – weil das menschliche Gehirn nun einmal so arbeitet. Es trifft Annahmen und ergänzt unvollständige Informationen automatisch auf eine möglichst plausibel erscheinende Weise. Vor allem dann, wenn das Gehirn gleichzeitig mit anderen Dingen beschäftigt ist. Und das ist praktisch der Normalfall, nicht die Ausnahme.

Leider ist Auflegen auch keine Lösung. Schließlich ist nicht jeder Anrufer ein Abzocker: Immer mehr vertraute Vertragspartner, wie auch neue seriöse Anbieter, setzen auf Telefonverkauf. Weil es persönlicher und wirkungsvoller ist als eine E-Mail, aber immer noch kostengünstiger als der persönliche Besuch beim Kunden.

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7 Tipps: So tricksen Sie die Trickser aus!

Gegen die Psycho-Tricks der unseriösen Telefonanrufer hilft nur eins: Hören Sie genau zu und enttarnen Sie die Trickser. So schwer ist das auch gar nicht, weiß Expertin Claudia Fischer:

Tipp 1: Fragen Sie nach!
„Trainierte seriöse Anrufer sind bei der Begrüßung am Telefon immer gut verständlich“, sagt Fischer. Name und Unternehmensname sollten klar und deutlich zu verstehen sein. „Natürlich gibt es auch seriöse Anrufer, die manchmal nicht so gut zu verstehen sind“, räumt die Expertin ein. Doch unseriöse Anrufer machen das gezielt: „Sie murmeln diesen Teil der Begrüßung bewusst unverständlich und sind erst danach richtig gut zu verstehen“, sagt Fischer. Ihr Rat: Lassen Sie sich in solchen Fällen den Unternehmensnamen noch einmal nennen. Fragen Sie auch nach Vor- und Nachnamen des Anrufers und lassen Sie sich diese notfalls buchstabieren. Seriöse Anrufer werden gerne antworten.

Tipp 2: Provozieren Sie!
Der Anrufer tut sich mit seinem Namen schwer? Zum Beispiel: „Wir sind hier ein Call-Center und ich gebe meinen Namen nie an, weil wir manchmal von Rückrufern belästigt werden“? Oder Ihnen fehlt eine verständliche Angabe des Firmennamens, weil der Anrufer Sie begrüßt mit „Guten Tag Frau/Herr XY, mein Name ist lt;Vorname, Nachname gt;, es geht um Ihre Energieversorgung, ich rufe an wegen Ihrem Stromvertrag“. Klingeln Ihre Alarmglocken, dürfen Sie in die Offensive gehen, „freundlich im Ton, provokant in der Wortwahl“, sagt Fischer. Zum Beispiel so: „Sind Sie auch einer von diesen unseriösen Anbietern? Wie viele Waschmaschinen kaufe ich denn bei Ihnen, wenn ich jetzt nicht aufpasse?“ Will der Anrufer noch immer nicht seinen Namen nennen, dann ist es an der Zeit, das Gespräch zu beenden.

Tipp 3: Testen Sie die Kenntnisse des Anrufers!
Besonders dreiste Abzocker haben natürlich keine Hemmungen, den Namen und die Internetadresse des Unternehmens anzugeben, für das sie gar nicht arbeiten. „Dann lassen Sie sich vom Anrufer per Telefon durch die Website des Unternehmens navigieren“, rät Fischer. Gibt es das angebliche Angebot auf der Website des seriösen Anbieters und kann Sie der Anrufer dahin führen? Kennt er sich auf der Website des seriösen Unternehmens überhaupt aus?

Tipp 4: Zeichnen Sie auf – oder tun Sie so als ob!
Wir kennen das von Telefonhotlines: „Aus Gründen der Qualitätssicherung zeichnen wir das Gespräch auf.“ Das machen einige seriöse wie unseriöse Anbieter. Der eine will seine Qualität verbessern, der andere Beweise für den Abschluss. Warum machen Sie es nicht genauso? „Anrufe auf dem Smartphone lassen sich heute problemlos mitschneiden“, rät Fischer. Fragen Sie zunächst, ob Sie mitschneiden dürfen. Falls nicht: Und Tschüss. Wenn doch, dann sollten Sie zwei wichtige Fragen stellen, sobald das Band läuft. Erstens: „Das Band läuft jetzt mit und Sie sind damit einverstanden?“ Und zweitens: „Habe ich das richtig verstanden: Ihr Name ist XY und Sie rufen von der Firma Z an?“. Ein unseriöser Anbieter wird das nicht bestätigen, denn das wäre ein handfester Beweis für Betrug.

Tipp 5: Rufen Sie zurück!
Nicht jeder Unbekannte ist ein Betrüger. Auch bei einem altbekannten Vertragspartner kann Ihr Ansprechpartner wechseln. „Wenn ich das Unternehmen kenne, ich bei denen einen Vertrag habe, die Vertragsnummer und die Telefonnummer des Anrufers – auf den ersten Blick - stimmen, und ich dennoch ein ungutes Gefühl habe, dann lasse ich mir die E-Mail-Adresse geben und melde mich später bei Interesse zurück“, sagt Fischer. „So vereinbare ich das. Dadurch habe ich einen Sicherheitsanker und Zeit, das Angebot in Ruhe überprüfen.“

Tipp 6: Fragen Sie Ihren Vertragspartner!
Einfach und wirkungsvoll ist auch ein Anruf beim Vertragspartner. Natürlich mit der Telefonnummer, die in Ihrem Vertrags steht – und nicht mit der Nummer, die der Anrufer angibt. Klären Sie dort, ob man Sie wirklich sprechen wollte und weswegen.

Tipp 7: Enttarnen Sie Lügner!
Eine typische Masche der Abzocker: „Ich habe schon mit dem Chef gesprochen und soll mit Ihnen nur noch etwas klären.“ Vielleicht stimmt das, vielleicht auch nicht. Oft haben Anrufer den Namen aus dem Impressum der Firmenwebsite ihres Opfers – nur dass die Angaben dort nicht immer aktuell sind. Daher rät Fischer zu freundlichen, aber bestimmten Nachfragen: Wann hat der Anrufer mit dem Chef gesprochen – und kann das überhaupt sein? Mit wem hat er genau gesprochen, schließlich haben viele Familienbetriebe mehrere Chefs. Auch hier gilt: Genau zuhören, viel nachfragen, bei Unsicherheit keinerlei Daten oder Informationen rausgeben und im Zweifelsfall zurückrufen – nach einem klärenden Gespräch mit dem Chef.

Zusatz-Tipp: Akquise-Telefonate selbst führen
Wie Sie als Unternehmer selbst Akquise-Telefonate professionell führen? Das verrät Claudia Fischer in dem kleinen Buch aus der Reihe „30 Minuten“. In ihrem Ratgeber „30 Minuten Akquise-Telefonate“ lesen Sie in 30 Minuten , wie Sie sich optimal auf solche Gespräche einstimmen, wie Sie in das Telefonat einsteigen, Probleme meistern und den Abschluss erreichen. Erschienen ist der Ratgeber bei Gabal, 96 Seiten, 8,90 Euro, ISBN 978-3-86936-311-0.

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Wie setzen sie sich ab? 3 Fragen ans Telefonmarketing.

„Hier kann sich jeder überzeugen“

Professionelle Anbieter haben es auch nicht leicht bei der Telefonakquise. Wie setzen sie sich ab? Drei Fragen an Nicole Bähr vom Telefonmarketing-Team der Schlüterschen Verlagsgesellschaft in Hannover.

Die Schlütersche bietet Handwerkern eine Reihe von Services an, von den Gelbe Seiten bis zur Website-Gestaltung. In welchen Fällen beraten Sie persönlich, wann setzen Sie Telefonmarketing ein?
Nicole Bähr: In Ballungszentren besuchen unsere Berater unsere Kunden persönlich. In ländlichen Regionen pflegen wir unsere Kundenkontakte telefonisch. Eine persönliche Beratung ist beides. Denn auch am Telefon bin ich für ein festes Gebiet zuständig und die persönliche feste Ansprechpartnerin für meine Kunden und für sie täglich erreichbar.

Wie setzen Sie sich am Telefon von der Masse der Anbieter ab? Woran erkennen Kunden, dass Sie es sind?
Bähr: Zum einen haben wir bei Bestandskunden ja die Kundennummer, das schafft Sicherheit. Zum anderen sehen unsere Kunden bei jedem Anruf unsere persönliche Durchwahl. Außerdem hat jeder unserer Medienberater eine persönliche Landingpage im Internet. Meine finden die Kunden zum Beispiel unter medienberater.schluetersche.de/Nicole-Baehr mit meinem Foto, meiner Durchwahl und meiner E-Mail-Adresse. Hier kann sich jeder überzeugen, dass ein echtes Unternehmen aus Hannover anruft und nicht irgendein beauftragtes Call-Center, das ja auch sonst wo sitzen könnte.

Aber reagieren Kunden nicht dennoch skeptisch angesichts der vielen unseriösen Anbieter?
Bähr: Das kommt natürlich vor. Skeptischen Kunden erkläre ich, dass Sie gerne unsere Service-Hotline anrufen – unter der Nummer, die in den Gelbe Seiten steht – und sich dann mit mir verbinden lassen können. Aber ich habe auch viele Kunden, die inzwischen meine Telefonnummer kennen und mich schon am Telefon mit einem „Hallo, Frau Bähr“ begrüßen, noch bevor ich etwas sagen kann. Das zeigt, wie wichtig für unsere Kunden ein verlässlicher Ansprechpartner ist.

(jw)

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