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Basel II: Entwarnung unter Vorbehalt

Die neuen internationalen Regeln zur Kreditvergabe (Basel II) werden die von Deutschland geforderten Erleichterungen für den Mittelstand enthalten. Ungewiss bleibt jedoch, ob deutsche Unternehmer nun wirklich aufatmen dürfen: Bei den Baseler Regeln handelt es sich um Mindestanforderungen. Die Kreditinstitute können darüber hinaus weitere Kriterien bei der Bonitätsprüfung anlegen.

Erleichterungen sind möglich

Mit einer positiven Nachricht für kleine und mittlere Unternehmen wartete zunächst Jochen Sanjo, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin), nach den Verhandlungen in Basel auf: Es sei gelungen, die Konfliktpunkte für den Mittelstand zu beseitigen. Im Einzelnen hat der Baseler Ausschuss nach Angaben des BAFin die folgenden Punkte beschlossen:

Retail-Portofolio: Banken dürfen Kredite an kleinere und mittlere Unternehmen unterhalb eines Betrages von einer Million Euro so genannten Retail-Portfolios zuordnen, für die geringere Eigenkapitalanforderungen gelten. Retail-Portfolios würden nahezu 95 Prozent aller deutschen Unternehmen offen stehen.

Risiko-Abschläge: Für Kredite an Unternehmen mit einem Umsatz bis zu 50 Millionen Euro, denen eine Zuordnung zum Retail-Portfolio nicht mehr möglich und sinnvoll ist, wurde ein Abschlag von der Risikogewichtungsfunktion bis maximal 20 Prozent vereinbart.

Kreditlaufzeiten: Zudem wurde ein nationales Wahlrecht bei der Bewertung von Kreditlaufzeiten vereinbart. Danach könne auf Laufzeitfaktoren verzichtet werden, soweit es sich um Kredite an Unternehmen handelt, deren Umsatz und Bilanzsumme auf konsolidierter Ebene 500 Millionen Euro nicht überschreiten. Für Kredite, die einem Retail-Portfolio zugeordnet werden, entfallen die Laufzeitfaktoren.

Noch keine Regeln für Retail-Portfolios

Gegenüber handwerk.com erklärte eine BAFin-Sprecherin allerdings, dass die Gestaltung der Bonitätsprüfung in Retail-Portfolios noch offen sei. Die Kreditinstitute sollen sich einen Überblick über die Bonität ihrer Kunden verschaffen. Das könnte zum Beispiel mit Hilfe von Jahresabschlüssen, Einkommensteuerbescheiden oder einfachen Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen geschehen. Dabei könnten auch Sicherheiten und die Nutzung anderer Kredite berücksichtigt werden. Die dazu notwendigen detailierten Regeln würden allerdings erst noch von den nationalen Bankenaufsichten entwickelt.

Auch wenn die nationalen Regelungen zur Umsetzung von Basel II vorliegen, bleibt es den Kreditinstituten unbenommen, in ihren Bonitätsprüfungen über die vorgegebenen Mindeststandards hinauszugehen. So haben etwa die Spitzenverbände der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken schon Monate vor endgültigen Baseler Beschlüssen ihre Rating-Verfahren entwickelt und in den Praxistest geschickt.

Kreditinstitiute entscheiden selbst

Zudem kann man nicht sagen, ob tatsächlich 95 Prozent der deutschen Unternehmen von diesen Retail-Portfolios profitieren werden, erklärte die BAFin-Sprecherin weiter. In Basel seien nur Rahmenbedingungen vereinbart worden. Ob die Kreditinstitute die vereinfachten Bonitätsprüfungen tatsächlich großzügig einsetzen und die damit verbundene Preisvorteile an ihre Kunden weitergeben, ist eine geschäftspolitische Entscheidung. Die Chance, dass kleine und mittlere Unternehmen von diesen Vorteilen profitieren, sei aber sehr groß.

Ungelöste Probleme

Kritik äußerte der Zentralverband des Deutschen Handwerks und wies auf weiter offene Forderungen hin. Problematisch bleibe auch weiterhin die künftige Finanzierungssituation von Existenzgründern, da Gründungen immer durch ein hohes Risiko und unvollständige Sicherheiten gekennzeichnet seien. Unabhängig von den Fortschritten in Basel sei jedoch der Staat gefordert, die Eigenkapitalbasis nicht zuletzt durch steuerpolitische Maßnahmen zu stärken.

Weitere Informationen zu diesem Thema:

Sparkassen und Volksbanken wollen es wissen

Vorsicht bei nicht genehmigten Kontoüberziehungen

Vorbereitung auf das Rating

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