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Notdienst in Nöten

Notdienst in Nöten

Die "HND Handwerkernotdienst-Centrale" ist jetzt vom Landgericht Duisburg abgestraft worden. Nach Angaben der Kreishandwerkerschaft Duisburg hat das Unternehmen bundesweit Betriebe über den Tisch gezogen. Die HND bestreitet die Vorwürfe.

Die Auftragslage war alles andere als rosig, gleichzeitig drückten die Lohnkosten. Da kam das munter formulierte Werbeschreiben im Briefkasten wie gerufen. Der Duisburger Tischlermeister Michael Kettl las dort die Wörter "Aufträge" und "Neukunden". Er witterte eine Chance.

"Bei einem Treffen mit einem HND-Vertreter wurden mir beeindruckende Anzeigen vorgelegt. Damit sollte die deutschlandweit gültige Servicenummer 0800 - 911 0 911 über die Bild-Zeitung bekannt gemacht werden", sagt Kettl. Die Ziffernkombination, so sei ihm versichert worden, werde haufenweise Auftraggeber anlocken und in der Bevölkerung den gleichen Stellenwert bekommen wie die Nummern der Polizei und der Feuerwehr. Der Tischlermeister könne durch seine Unterschrift unter den HND-Vertrag mit reichlich Kunden aus Duisburg-Süd und Duisburg-Mitte rechnen. Als er die Entscheidung eine Nacht überdenken wollte, sei er unter Druck gesetzt worden. "Da warten noch Konkurrenten - entweder jetzt oder gar nicht." Kettl unterschrieb.

1150 Euro musste der Handwerker als Vorabpauschale für den Gebietsschutz auf den Tisch legen, 150 Euro fielen monatlich für Werbekosten an. "Die Anzeigen wurden zwar regelmäßig geschaltet, aber in einem viel kleineren Format als angekündigt - und auch nicht auf der Titelseite, sondern irgendwo neben dem Horoskop", sagt Kettl. Nach vier Monaten habe er vorsichtig nachgefragt, wo denn die versprochenen Kunden bleiben würden. Seine Anfrage sei mit dem Satz "Wir sind keine Hellseher" beantwortet worden. Kettl: "Das stand da wortwörtlich." Der Betriebsinhaber stellte die Zahlungen umgehend ein und kündigte den Vertrag.

Als die HND Kettl auf Vertragserfüllung verklagte, suchte und fand der Tischlermeister Hilfe bei der Kreishandwerkerschaft (KH) Duisburg. "Wir haben uns umgehört und sage und schreibe 40 Unternehmer gefunden, die auf die gleiche Weise über den Tisch gezogen worden sind", sagt KH-Hauptgeschäftsführer Stefan Piel. Kettl ging in die Gegenoffensive.

Die HND-Klage ist jetzt vom Landgericht Duisburg in letzter Instanz zurückgewiesen worden, die Richter gaben der Gegenklage des Handwerkers statt. Die Begründung: Der HND sei anzulasten, dass er Kettl bei Vertragsabschluss nicht auf die "äußerst niedrige Wahrscheinlichkeit hingewiesen hat, dass ihm über das Notdienstsystem Aufträge vermittelt werden würden". Das Geld, das Kettl bereits gezahlt hat, muss die HND zurückerstatten.

Rechnet das Unternehmen nach diesem eindeutigen Urteil mit einer Klagewelle? "Warum? Das Urteil ist nicht korrekt", antwortet HND-Geschäftsführer Josef Dittrich. Das Gros der knapp 200 Betriebe, mit denen die Handwerkernotdienst-Centrale bundesweit arbeite, sei mit dem Geschäftsmodell zufrieden. Zudem stehe in Punkt 6 der Verträge ganz deutlich, dass die HND keine Garantien für Aufträge übernehmen könne: "Woher sollen wir das auch wissen? Oder bekommt ein Unternehmen, dass eine Anzeige in den Gelben Seiten schaltet, sein Geld zurück, wenn über die Werbung keine Aufträge reinkommen?"

Dass vor Kettl bereits ein anderer Tischler "im gleichen Einzugsgebiet und der gleichen Branche" durch die Vermittlung keinen Auftrag erhielt, hätte die Handwerkernotdienst-Centrale nach Ansicht der Richter allerdings nicht verheimlichen dürfen. Damit sei der HND die "unzureichende Erfüllung vorvertraglicher Aufklärungspflichten vorzuwerfen".

LG Duisburg AZ 7 S 187/03

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