Neue Arbeitnehmerpflicht: Mitarbeitende müssen Betriebe darüber informieren, wenn eine digitale Krankschreibung vorliegt.
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Politik und Gesellschaft

Probleme mit der eAU: Was können Betriebe tun?

Von wegen Bürokratieentlastung: Die neue digitale Krankschreibung beschert Handwerkern laut einer Umfrage oft Probleme. Wo es hakt und wie Sie reagieren können.

Auf einen Blick:

  • Die eAU beschert Arbeitnehmern und Arbeitgebern neue Pflichten: Mitarbeitende müssen Ihren Arbeitgeber bei Krankheit informieren, dass sie eine eAU abrufen können. Die Krankschreibung müssen Betriebe dann bei der Krankenkasse selbst abrufen.
  • In der Praxis gibt es technische Probleme mit dem digitalen Abrufverfahren. Zudem kennen manche Mitarbeitende die neue Pflicht noch nicht.
  • Am besten informieren Sie Ihre Mitarbeitenden schriftlich über die neue Pflicht. Zwei Informationen gehören in das Schreiben.
  • Die elektronische Krankschreibung (eAU) ist seit Jahresanfang gesetzlich vorgeschrieben. Doch laut einer Umfrage unter handwerk.com-Lesern taucht der gelbe Schein immer noch auf:

  •  20,8 Prozent der Teilnehmenden gaben an, dass sie Krankschreibungen von Mitarbeitenden nach wie vor in Papierform bekommen.
  • Das ist aber nicht das einzige Problem: „Es dauert lange, bis wir die eAU-Daten bekommen“, gaben weitere 52,8 Prozent an.
  • „Regelmäßig technische Probleme“ mit der digitalen Krankschreibung zu haben, beklagten 7 Prozent der Befragten.
  • Was sich durch die elektronische Krankschreibung geändert hat

    Bis Ende 2022 erhielten gesetzlich Versicherte bei einer Krankschreibung drei gelbe Scheine: Davon mussten sie einen Schein an den Arbeitgeber weiterleiten und den anderen an ihre Krankenkasse. „Mit der eAU wurde diese Pflicht modifiziert, Mitarbeitende haben im Krankheitsfall jetzt eine neue Informationspflicht“, erläutert Cornelia Höltkemeier, Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen (LV-Bau). Gleichzeitig bleibt eine andere Pflicht jedoch bestehen:

  • Wie bisher: Mitarbeitende müssen morgens vor Arbeitsbeginn im Betrieb anrufen und darüber informieren, dass sie krank sind. Diese Hinweispflicht bestand auch schon vor der Einführung der eAU.
  • Neu: Sobald die Mitarbeitenden krankgeschrieben sind, greift die neue Informationspflicht. Sie müssen den Arbeitgeber darüber informieren, dass der Arzt eine eAU erstellt hat. „Nur wenn Betriebe diese Information haben, können sie die elektronische Krankschreibung bei der Krankenkasse abrufen“, betont Höltkemeier.
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    Lohnfortzahlung: So führt die eAU zu Problemen

    Nach Erfahrung der Juristin gibt es beim neuen Verfahren vor allem zwei Probleme:

  • Folgekrankschreibungen: Mitarbeitende wissen nicht, dass sie den Arbeitgeber auch über eine Folgekrankschreibung informieren müssen. Nur dann kann der Betrieb jede Folge-eAU selbst abrufen.
  • eAU-Daten sind nicht immer sofort abrufbar: Die elektronische Krankschreibung soll am Folgetag des Arztbesuches bei der Krankenkasse abrufbar sein. Aus technischen Gründen - auf welcher Seite auch immer – dauert das manchmal jedoch mehrere Tage.
  • Beide Probleme können laut Höltkemeier dazu führen, dass Betriebe bei der Lohnfortzahlung in der Luft hängen: „Spätestens ab dem vierten Krankheitstag setzt die Entgeltfortzahlung durch die Arbeitgeber voraus, dass ein Nachweis über die Arbeitsunfähigkeit vorliegt“, erläutert sie. Liegt dann jedoch noch keine eAU vor, fehle rein rechtlich gesehen die Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung.

    Probleme mit der eAU: Was können Betriebe tun

    Um Missverständnissen im Betrieb vorzubeugen, rät Höltkemeier Unternehmern: „Weisen Sie Ihre Mitarbeitenden schriftlich über die neue Informationspflicht hin.“ Der Juristin zufolge sollte das Schreiben folgende Inhalte haben:

  • Mitarbeitende haben nach wie vor zwei Pflichten im Krankheitsfall: (1) Zum einen besteht die sofortige Hinweispflicht am ersten Krankheitstag vor Arbeitsaufnahme. (2) Nach einem Arztbesuch muss der Nachweis der Krankschreibung zum Arbeitgeber gelangen: Statt Abgabe des „gelben Scheins“ muss der Mitarbeitende in den Fällen, in denen eine eAU erstellt wurde, den Arbeitgeber informieren: „Es kann eine eAU für mich abgerufen werden“. Diese Informationspflicht über das Vorliegen einer elektronischen Krankschreibung besteht nicht nur bei der ersten Krankschreibung sondern auch bei jeder weiteren Folgebescheinigung.  
  • Die Erfüllung dieser Informationspflichten ist Voraussetzung für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
  • „Betriebe sollten sich von den Mitarbeitenden den Erhalt des Schreibens quittieren lassen, damit unnötiger Streit über die Nebenpflichten der Arbeitnehmer im Krankheitsfall vermieden wird“, sagt Höltkemeier.

    Bürokratieentlastung durch die digitale Krankschreibung?

    Die eAU sollte der Zettelwirtschaft ein Ende setzen und Bürokratie abbauen. Doch hat das geklappt? „Für Betriebe ist es mit der eAU zwar digitaler, aber in der Praxis nicht wirklich einfacher geworden“, meint Höltkemeier und nennt dafür zwei Gründe:

    1.       Verlagerung von Pflichten: Beim gelben Schein hatten Mitarbeitende eine Bringschuld, da sie die Krankschreibung bei ihrem Arbeitgeber abgeben mussten. Mit der eAU sind nun Betriebe in der Pflicht: Sie müssen die Krankschreibung selbst bei der jeweiligen Krankenkasse abrufen.

    2.       Zusätzlicher Kommunikationsaufwand: Viele Handwerksbetriebe überlassen die Lohnabrechnung einem externen Dienstleister, zum Beispiel ihrem Steuerberater. Bei Krankheitsfällen müssen Betriebe nun dafür sorgen, dass der Dienstleister die für den Abruf erforderlichen Informationen erhält.

    Cornelia Höltkemeier hofft, dass zumindest die technischen Schwierigkeiten bei der elektronischen Krankschreibung zeitnah gelöst werden können. „Wenn alles reibungslos klappt, sind die Abläufe bei Krankenkassen, Ärzten und den Arbeitnehmern erfolgreich digitalisiert, es wird Papier gespart“, sagt die Juristin. „Es bleibt aber bei einer weiteren neuen Pflicht für Arbeitgeber – dem Abruf der eAU!“

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