Baustellenplanung mit Fragezeichen: Wann ein Auftrag fertig wird, kann Unternehmer Maik Köllner wegen der Lieferengpässe derzeit nicht absehen.
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Baustellenlogistik

Durch Lieferengpässe: „Die Nerven liegen blank“

Die lang anhaltenden Lieferengpässe sind für Handwerker ein täglicher Spagat zwischen Kunden, Lieferanten und dem eigenen Arbeitspensum. Ein Kollege berichtet.

Auf einen Blick:

  • Durch die Verstärkung von Lieferengpässen kann Unternehmer Maik Köllner Baustellen nicht mehr durchplanen, der Abschluss von Aufträgen verzögert sich.
  • Die Folge: Kostensteigerungen auf Seiten der Kunden und des Betriebs, mehr Papierkram auf dem Schreibtisch des Unternehmers, längere Arbeitszeiten und genervte Kunden.
  • Eine Lösung des Problems ist vorerst nicht in Sicht – im Gegenteil: Der Handwerker vermutet, dass sich die Situation zum Herbst hin noch verschärfen wird.
  • Heizkörper, Waschbecken und Wärmepumpen – das sind nur einige Materialien, die Maik Köllner und seinem Team seit Monaten für die pünktliche Ausführung von Aufträgen fehlen. Die Folge: Der Ablauf von Prozessen in dem Sanitärbetrieb mit 20 Mitarbeitern hat sich stark verändert. „Wir können nicht mehr langfristig planen, warten täglich auf fehlendes Material und müssen ständig Kunden vertrösten“, berichtet der Inhaber von Herden & Köllner Haustechnik in Hannover.

    Konkret sind es drei Punkte, die den Handwerker besonders belasten:

    1. Baustellen können nicht abgeschlossen werden

    Durch die langen Lieferzeiten verlängere sich auch die Laufzeit der Baustellen. „Die Materialien kommen nur kleckerweise an“, sagt Köllner. Das liege auch daran, dass die Lieferanten die Ware zuteilten, damit jeder erst einmal etwas bekomme. Die Folge für den Handwerksbetrieb: Baustellen werden über Monate nicht fertig und es kann nur mit Unterbrechungen weitergearbeitet werden. Wenn die fehlenden Teile eintreffen, sind die Mitarbeiter meist schon anderen Baustellen im Einsatz. „Dann ziehen wir sie aus anderen Projekten ab, um die offenen Posten abzuarbeiten“, berichtet der Unternehmer.

    Bei einigen Produkten hingegen könne in den kommenden Monaten mit keinem Nachschub mehr gerechnet werden, beispielsweise bei Heizkörpern. In solchen Fällen müsse Köllner schauen, welche Ersatzprodukte es gibt und zunächst diese verbauen. Manchmal ergeben sich aufgrund von Materialmangel ganz andere Aufträge. Denn das, was sich der Bauherr eigentlich vorgestellt habe, sei oft nicht umzusetzen, sagt er.

    Die Folge: Der Kunde greife oft tiefer in die Tasche und für den Handwerker blähen sich manche Aufträge ungewollt auf.

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    2. Der Schreibtisch wird einfach nicht leerer

    Durch die „Umwege“, die der Betrieb nun schon mehr als ein Jahr gehen muss, häufe sich der Papierkram auf dem Schreibtisch. „Es werden immer mehr Aufträge und Anfragen, die parallel laufen und einfach nicht zum Abschluss kommen“, sagt Köllner. Trotz zusätzlicher Stunden nach Feierabend und am Wochenende werde der Papierberg einfach nicht weniger.

    Das Arbeitspensum habe enorm zugenommen, sagt der Handwerker. Etwa ein Drittel mehr als früher hängt Maik Köllner jetzt am Telefon, um Materialien und Lieferanten nachzutelefonieren, Bauherren zu beschwichtigen oder Kundenanfragen zu beantworten.

    3. Einige Kunden haben wenig Verständnis

    Wenn der Unternehmer Kunden anrufen muss, um ihnen zu sagen, dass sich ihr Auftrag verzögert, zeigten sie teilweise kein Verständnis. „Manche glauben einfach nicht, dass die Zeitverzögerungen an den Lieferketten-Problemen liegen und geben uns die alleinige Schuld“, berichtet Köllner. Die Geduld der Kunden nehme ab. Aus Sicht des Unternehmers habe das auch damit zu tun, dass sie in Zeiten des Onlinehandels gewöhnt seien, heute ein Produkt zu bestellen, das morgen frei Haus geliefert werde.

    „Aber so einfach ist es in unserer Branche nicht“, betont der Handwerker. Stahl sei seit Monaten besonders knapp und Köllner befürchtet, dass sich die Situation aufgrund des Ukraine-Krieges noch verschärfen wird. „Den Heizkörperherstellern fehlen Grundsubstanzen. Werden die nicht geliefert, sieht es ganz übel aus“, sagt er.

    Kunden hätten auch schon Aufträge zurückgezogen und es bei Kollegen probiert, ob sie dort schneller zu ihrer neuen Heizung kommen. „Wenn sie dann doch wieder anrufen und fragen, ob wir ihren Auftrag wieder aufnehmen können, bin ich manchmal sprachlos“, räumt Köllner ein.

    In den kommenden Monaten sei es nicht so tragisch, wenn eine Heizung nicht funktioniere. Doch für den Winter sieht er schwarz. „Die Lager der Lieferanten sind leer und es kommt kein Nachschub – die Nerven liegen nicht nur bei uns blank“, sagt Maik Köllner.

    Ihre Meinung: Liegen bei Ihnen die Nerven aufgrund der Lieferengpässe auch blank? Wollen Sie Ihrem Ärger Luft machen? Dann schreiben Sie an redaktion@handwerk.com oder kommentieren direkt unter dem Beitrag.

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