Will Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben mit durchdachten Hilfen erleichtern: Handwerksunternehmer Frank Oettinger.
Foto: Martina Jahn

Azubis stärken

3 Strategien gegen den Fachkräftemangel: So geht dieser Betrieb vor

Mehr Interessenten als Ausbildungsplätze – in diesem Handwerksbetrieb keine Seltenheit. Mit wirkungsvollen Projekten schafft es dieser Kollege, langfristig junge Leute zu binden.

Auf einen Blick:

  • Der Übergang von der Schule ins Berufsleben wird für Jugendliche immer schwerer, hat Unternehmer Frank Oettinger festgestellt.
  • Deshalb gibt einer seinen Azubis einen Strauß an Hilfsmitteln an die Hand, um den Start ins Berufsleben gut zu meistern. Unter anderem gibt es in dem SHK-Betrieb einen Azubi-Stammtisch und Materialkunde vor der ersten Fahrt zur Baustelle.
  • Das fördert nicht nur den Austausch der Azubis untereinander, sondern motiviert das gesamte Team.
  • Frank Oettinger bildet seit Jahren aus Überzeugung aus. „Ohne neue Azubis und Gesellen können wir unseren Betriebserhalt langfristig nicht sichern“, sagt der Inhaber der Carl Oettinger Gesundheitstechnik in Hannover. Doch der Unternehmer stellt fest, dass Ausbildung immer umfassender und herausfordernder wird. „Die Voraussetzungen haben sich geändert und darauf wollen und müssen wir reagieren“, sagt Oettinger. Aus seiner Sicht ist es besonders wichtig, die Jugendlichen beim Übergang von der Schule ins Berufsleben zu unterstützen. Gerade die Jüngeren fühlten sich oft unsicher. Diese Instrumente hat der Handwerksunternehmer entwickelt, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken:

    Bootcamp: Vorteil für Azubis und Gesellen

    „Helfen anstatt Meckern“ sei das Credo, das sich Oettinger für den Ausbildungsstart auf die Fahne geschrieben hat. Deshalb gibt es in dem Betrieb mit 75 Mitarbeitenden – davon 14 Auszubildende – ein Azubi-Bootcamp: Vor dem ersten Weg zur Baustelle lernen die Schulabgänger den sicheren Umgang mit den gängigsten Maschinen, testen die wichtigsten Materialien und eignen sich Fachwissen an.

    „Damit geben wir ihnen Sicherheit und erhöhen gleichzeitig die Zufriedenheit der Gesellen“, betont Oettinger. Ihre Motivation, sich selbst zu engagieren steige, wenn die neuen Azubis in der Materialkunde sicher sind, bevor sie mit auf Baustellen fahren. „Wir wollen beide Seiten stärken. Damit binden wir die Mitarbeitenden langfristig und es unterstreicht unsere Firmenkultur“, sagt der Unternehmer.

    Stammtisch: Gespräche auf Augenhöhe

    In dem Betrieb gibt es außerdem einen Stammtisch, an dem alle Azubis, der Chef und der Ausbildungsleiter teilnehmen. „Da wird auch mal kritisiert – und das ist gut so“, sagt er. Die Azubis aus dem 1. Lehrjahr kriegen dadurch ein Gespür dafür, dass konstruktive Kritik erwünscht ist und wie man sie äußert.

    Zudem stärke der Stammtisch den Zusammenhalt zwischen älteren und jüngeren Azubis und das Vertrauen untereinander. Und er räume Probleme aus dem Weg, damit „niemand mit Bauchschmerzen zur Arbeit kommen muss“.

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    Chatgruppen: Austausch mit und ohne den Chef

    Zwischen Berufsschule, Betrieb und Freizeit halten die Azubis untereinander Kontakt. „Es gibt momentan zwei Whatsapp-Gruppen, eine mit dem Chef und eine ohne“, berichtet Oettinger. In der Gruppe mit ihm geht es um Terminabsprachen, Organisatorisches, Geburtstagswünsche und den Austausch untereinander.

    In der Azubi-Gruppe gebe es auch Themen, die der Chef nicht wissen muss. „Mir ist wichtig, dass sie sich austauschen und sich gegenseitig unterstützen – das fördere ich gern und habe immer ein offenes Ohr“, sagt Oettinger.

    Coaching: Teamfähigkeit und Konfliktlösung

    Ganz neu ist die Zusammenarbeit mit einem systemischen Coach: „Themen wie Teamfähigkeit, Wertschätzung und Problemlösungskompetenzen werden immer wichtiger“, ist Oettinger überzeugt. Deshalb will er in der Ausbildung die Persönlichkeitsentwicklung der Jugendlichen fördern. In regelmäßigen Abständen unterstützt der Coach die Azubis in diesen Bereichen.

    Der Unternehmer sieht schon jetzt erste Ergebnisse: Die Einstellung zur Ausbildung habe sich vor allem bei den Azubis gewandelt, die auf den Gesellenbrief hinarbeiten. Die Jugendlichen gingen offener miteinander um und übernähmen freiwillig mehr Verantwortung.

    Frank Oettinger sieht mit diesen und anderen Maßnahmen seinen Betrieb für die Zukunft gut gerüstet: Sechs Ausbildungsverträge sind für das neue Ausbildungsjahr schon unterschrieben. Er habe sogar Interessenten absagen müssen.

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