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SEPA-Lastschriften ohne Vorabinformation?

So nicht, lieber Lieferant!

Ein Lieferant will Henrike Söhland über SEPA-Lastschrifteinzüge erst am Tag der Abbuchung informieren. Wir haben einen Experten für Bankrecht gefragt, was er davon hält.

Henrike Söhland* ist sauer auf einen Lieferanten: Wann er Lastschriften einzieht, will er der Unternehmerfrau erst am Tag der Abbuchung mitteilen (wir berichteten).

Wir haben Stephan Heinze gefragt, Rechtsanwalt aus Magdeburg und Experte für Bankrecht im Deutschen Anwaltverein, was er davon hält.

Herr Heinze, Vorabinformation über Lastschrifteinzug erst am Tag des Einzugs – ist das zulässig?
Stephan Heinze: Die Vorabinformation muss dem Zahler rechtzeitig mindestens 14 Kalendertage vor Fälligkeit zugesendet werden, sofern mit dem Zahler keine andere Frist vereinbart wurde. Sinn und Zweck: Der Zahler kann die Lastschrift prüfen, Unstimmigkeiten klären, für entsprechende Deckung seines Kontos sorgen und auch seine Bank anweisen, einen unberechtigten Einzug nicht auszuführen. Zudem schreibt SEPA vor, dass Firmen-Lastschriften bei der Bank des Zahlers mindestens einen Tag vor Fälligkeit vorliegen müssen. Aus diesen beiden Regeln zusammen ergibt sich, dass eine Vorabinformation am Tage des Lastschrifteinzugs nicht statthaft ist. Selbst wenn Kunde und Lieferant das anders vereinbaren, sind meines Erachtens abgekürzte Fristen von einem Tag vor dem Einzug oder am Tage des Einzugs nicht zulässig.

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Widerspruch gegen SEPA-Lastschrift ist riskant!

Also könnte der Kunde in so einem Fall bei seiner Bank einer Firmenlastschrift widersprechen und das Geld über die Bank zurückholen – was sonst bei SEPA-Firmenlastschriften nicht möglich wäre? 
 Stephan Heinze: Vorsicht, zunächst einmal muss man prüfen, wie die Vorabinformation vereinbart wurde. Geschah das per AGB, dann wäre die Frist in jedem Fall unwirksam, ein Regelverstoß gegen SEPA. Doch wenn die Vorabinformation wie in diesem Fall per Firmenlastschrift-Mandat individuell zwischen Lieferant und Kunde vereinbart werden soll, würde ich schon vorher auf Nummer sicher gehen und dem Kunden raten, solche „Vorschläge“ gar nicht erst zu unterschreiben.
 
Denn ein Widerspruch gegen eine Lastschrift aus rein formalen Gründen – weil gegen eine SEPA-Regel verstoßen wurde – ist für den Zahler riskant. Durch eine fehlende Vorabinformation wird eine Lastschrift nicht automatisch unwirksam. Falls es im Widerspruch nur um Regelverstöße geht und der Einzug ansonsten berechtigt war, droht dem Zahler Schadensersatz.
 
 Und wenn der Einzug berechtigt ist, aber zu spät angekündigt wird und der Kunde dadurch Probleme mit seiner Bank bekommt? Zum Beispiel, weil der Kontokorrent unangekündigt überzogen wird. 
 Stephan Heinze: Falls ein Lieferant die SEPA-Regeln missachtet und dem Handwerker dadurch nachweisbar ein Schaden entsteht, dann kann er vom Lieferanten Schadensersatz verlangen.

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Was tun, wenn Betrüger in Ihrem Namen Ware ordern?

Allerdings ist die Hauptsorge der Handwerker bei Lastschriften ohne Vorankündigung eine andere: Es ist für Kriminelle relativ leicht, sich auf Baustellen Zugang zu Lieferscheinen und Kundendaten des Handwerkers zu verschaffen und Bestellungen an irgendeine Adresse zu ordern.
Stephan Heinze: Das wäre dann ein Fall für einen Widerspruch. Denn einem solchen kriminellen Verhalten liegt eine wirksame SEPA-Lastschriftabrede nicht zu Grunde. Der Handwerker muss nur seine Kontoauszüge kontrollieren und innerhalb der Widerspruchsfrist widersprechen. Das gilt im Übrigen unterschiedslos sowohl bei der SEPA-Basislastschrift als auch bei der SEPA-Firmenlastschrift. Denn ohne Vereinbarung trägt das Missbrauchsrisiko die kontoführende Stelle. Beim auf fremde Kosten bestellten Material ist das ebenso. Der Kaufpreis ist nicht geschuldet und meist gibt es auch keine Lastschriftabrede oder diese ist gefälscht. Auch das Fälschungsrisiko ist der kontoführenden Stelle zugewiesen.
Falls ein Lieferant versehentlich und ohne sachlichen Grund eine Firmenlastschrift einzieht und dabei außerdem gegen SEPA-Regeln verstößt: Wie lange kann der Kunde gefahrlos widersprechen und sein Geld von der Bank zurückbuchen lassen?
Stephan Heinze: Bei einer SEPA-Firmenlastschrift hat der Zahler schlechte Karten. Denn diese ist dem Abbuchungsauftragsverfahren nach altem Recht nachgestaltet. Der Zahler hat grundsätzlich kein Widerspruchsrecht. Er kann sich also in der Regel nur an seinen Lieferanten halten. Fehlt es an einer Lastschriftabrede, dann hat der Zahler ein Widerspruchsrecht, genauso, wenn die Abrede gefälscht wäre. Insoweit verschlechtert sich für SEPA die rechtliche Lage für unternehmerische Zahler. Diese ist so, wie sie früher bei einem Abbuchungsauftrag ausgestaltet war. Bei einer SEPA-Basislastschrift hat der Zahler gegenüber seiner Bank eine Widerspruchsfrist von 13 Monaten. Doch es bleibt dabei: Riskant wird der Widerspruch, wenn es nur um einen Regelverstoß geht und der Zahlungseinzug ansonsten berechtigt ist.

Stichwort Basis-Lastschrift: Die können Unternehmen doch auch untereinander vereinbaren. Warum sind Lieferanten so scharf auf die Firmen-Lastschrift?
Stephan Heinze: Bei der Basis-Lastschrift gibt es ein Widerspruchsrecht von acht Wochen, bei der Firmenlastschrift gibt es dieses Recht nicht. Widerspricht ein Kunde einer Basis-Lastschrift innerhalb von acht Wochen, dann ist das Geld erst einmal vom Konto des Lieferanten wieder runter, ohne dass der Lieferant das verhindern kann. Dann muss er sich mit dem Kunden auseinandersetzen, um sein Geld wiederzubekommen. Die Firmenlastschrift bedeutet für den Lieferanten also mehr Sicherheit. Für den Kunden ist es genau umgekehrt: Er kann sein Geld mit einer Basis-Lastschrift leichter zurückholen.

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(jw)


* Name von der Redaktion geändert

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