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Personalführung

Fehlzeiten-Gespräche führen – besser zart als hart

Wenn ein Mitarbeiter sich dauernd krankmeldet, ist ein Fehlzeiten-Gespräch nötig. Dabei kommt es ganz besonders auf passende Formulierungen an.

Auf einen Blick:

  • Das Fehlzeiten-Gespräch kann nur dann gelingen, wenn der Mitarbeiter mit Ihnen kooperiert. Hat er zum Beispiel den Eindruck, Sie halten ihn für einen Simulanten, blockt er ab.
  • Zeigen Sie nach jeder krankheitsbedingten Abwesenheit wertschätzende Anteilnahme.
  • Die direkte Frage nach der Diagnose ist unzulässig. Erlaubt sind Fragen nach der voraussichtlichen Dauer der Krankheit, ob sie durch betriebliche Bedingungen verursacht wurde oder ob es sich um einen Unfall mit Bezug zum Unternehmen handelt.
  • Bleiben Sie sachlich und beschreiben Sie nur Ihre Wahrnehmung, statt das Verhalten des anderen zu interpretieren.
  • Signalisieren Sie dem Betroffenen, dass Sie vonseiten des Betriebs alles tun werden, um ihn bei seiner Genesung zu unterstützen.
  • Führen Sie durch Aufzeigen einer Lösung eine Win-Win-Situation herbei.

Ein Kommunikations-Experte und ein Fachanwalt für Arbeitsrecht geben Tipps, wie Sie das Thema „Fehlzeiten durch Krankheit“ geschickt ansprechen. Denn neben diplomatischer Gesprächsführung können auch juristische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Worauf ist zu achten?

Wann Sie ein Fehlzeiten-Gespräch führen sollten

Ein Fehlzeiten-Gespräch soll dazu dienen, gemeinsam mit Ihrem Mitarbeiter herauszufinden, ob es betriebsbedingte Ursachen für seine Abwesenheit gibt – und wie diese beseitigt werden können. Business-Coach Ottmar Wander aus Weyhe betont: „Das kann nur gelingen, wenn Sie einfühlsam vorgehen. Sonst besteht die Gefahr, dass der Mitarbeiter Ihnen keine verwertbaren Informationen gibt.“ Manche Menschen schämten sich für eine angeschlagene Gesundheit und würden deshalb nur ungern darüber sprechen.

„Sprechen Sie Ihre Mitarbeiter nach jeder krankheitsbedingten Abwesenheit an, und zwar teilnehmend-fürsorglich“, rät Wander. Das gelte auch für kurze Ausfälle. „So bleiben Sie in Verbindung mit Ihren Leuten. Diese merken dadurch, dass ihr Wohlergehen Ihnen wichtig ist.“ Der Chef solle unbedingt den Eindruck vermeiden, dass rein wirtschaftliche Interessen für ihn im Vordergrund stehen.

Holen Sie den Mitarbeiter ins Boot, statt ihn an die Wand zu stellen

Wander empfiehlt Vorgesetzten, unbedingt freundlich und sachlich zu bleiben. Zunächst nennt er ein Negativ-Beispiel: „Sie sind ja schon wieder krank gewesen – was ist denn eigentlich los?“ Wer so angesprochen würde, mache automatisch dicht. „Mit diesem Spruch interpretieren Sie sofort etwas Schlechtes in die Abwesenheit des Angestellten hinein.“ Besser sei es, die eigene Wahrnehmung zu beschreiben: „Sie waren drei Tage weg. Ich hoffe, es geht Ihnen jetzt wieder ein bisschen besser.“

Besonders negativ wirkt es sich laut Wander aus, wenn der Chef dem Mitarbeiter Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit signalisiere. Auch das Hervorrufen von Schuldgefühlen wegen der Abwesenheit führt dem Coach zufolge zu ähnlichen Folgen. „Emotionaler Druck bei diesem Thema stört das Vertrauensverhältnis. Und dann laufen Sie mit Ihrem Klärungs-Anliegen vor die Wand.“

Auch Michael Ketzinger, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Bielefeld, rät dringend von harscher Vorgehensweise ab. „Entscheidend ist, dass dem Mitarbeiter seine Krankheit nicht vorgeworfen wird. Denn er soll ja für das Ziel der Fehlzeitenreduzierung gewonnen werden.“ Er fügt hinzu: „Zeigen Sie ihm, dass Sie seine Abwesenheit bedauert haben und sich über seine Genesung freuen.“

Direktes Fragen nach der Krankheit ist rechtswidrig

Die einfühlsame Vorgehensweise hat einen weiteren Vorteil: Sie dürfen ohnehin nicht nach der Diagnose fragen. „Das ist rechtswidrig und stellt einen Eingriff ins Persönlichkeitsrecht Ihres Angestellten dar“, sagt Ketzinger. Erlaubt seien Fragen nach der wahrscheinlichen Dauer der Erkrankung und nach einer Verbindung mit der Arbeit oder dem Betrieb. „Besteht ein Zusammenhang, müssen Sie ermitteln, was Sie von Unternehmensseite aus zu seiner Genesung beitragen können.“

Wander schlägt zu diesem Zweck folgende Formulierung vor: „Wie können wir die Umstände hier so gestalten, dass Sie gut zurechtkommen?“ Infrage kämen oft eine vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit oder eine Umverteilung der Aufgaben im Team. „Der Wechsel des Arbeitsplatzes ist die am weitesten reichende negative Konsequenz.“ Eine Win-Win-Situation bestehe dann, wenn sich beide Seiten arrangierten. „Und das sollte Ihr wichtigstes Ziel sein“, unterstreicht der Coach.

Warum Mitarbeiter trotzdem manchmal mauern

Manchmal passiert es trotz der besten Gesprächsführung, dass Mitarbeiter bei Fehlzeitengesprächen abblocken. Sie als Arbeitgeber erhalten keine Informationen über mögliche Hintergründe der Abwesenheit und wie Sie zur Genesung Ihres Belegschaftsmitglieds beitragen können.

Wander hat eine Erklärung: „Dahinter steckt immer eine Angst.“ Befürchtungen in Zusammenhang mit Krankheiten und dem Arbeitsplatz gebe es viele. „Es könnte die Angst sein, nicht mehr zum Team zu gehören und plötzlich eine Sonderrolle zu spielen.“ Auch die Furcht vor Spötteleien oder eine ablehnende Reaktion von Kunden lähme manchem Erkrankten die Zunge.

Die Herausforderung für Sie als Chef besteht in diesem Fall darin, die eigentliche Ursache für die Blockadehaltung Ihres Mitarbeiters herauszufinden. Und das geht nur mit Geduld, scharfer Beobachtung und den richtigen Fragen. Wander: „Sie können auch vorsichtig versuchen, über die anderen Teammitglieder Informationen über die Gesamt-Situation im Betrieb zu erhalten.“ In zerfahrenen Fällen könne auch das Einschalten eines externen Beraters, Coachs oder Mediators weiterhelfen.

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