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Bauvertragsrecht

Diese Verträge müssen Bauunternehmer kennen

Werkvertrag, Bauvertrag oder Verbraucherbauvertrag? Durch das neue Bauvertragsrecht sind Handwerker zum Teil mit völlig neuen Vertragstypen konfrontiert. Doch wann greift welcher Vertrag?

  • Bauunternehmer haben bislang Werkverträge geschlossen. Durch das neue Bauvertragsrecht sind jetzt in vielen Fällen Bauvertrag oder Verbraucherbauvertrag Pflicht.
  • Besonders streng sind die Kriterien für den Verbraucherbauvertrag. Typischer Anwendungsfall ist ein schlüsselfertiger Neubau oder eine Komplettsanierung, die ein Verbraucher bei einem Bauunternehmer in Auftrag gibt.
  • Für das Bauhauptgewerbe ist vor allem der neue Bauvertrag relevant. Er ist sowohl bei Bau, Umbau und Abriss von Bauwerken beziehungsweise Außenanlagen möglich.
  • Werkverträge sind nur noch bei untergeordneten Arbeiten möglich, für die die Regeln von Bauvertrag und Verbraucherbauvertrag nicht greifen.
  • Experten gehen davon aus, dass sich Gerichte künftig mit der Abgrenzung der Vertragsarten beschäftigen müssen.
  • Wann greift welcher Vertrag? Wir haben ein Schaubild erstellt.

Bauverträge haben Handwerker schon immer geschlossen „Streng genommen waren das bisher aber keine“, sagt Carsten Woll, Baurechtsexperte vom Baugewerbe-Verband Niedersachsen (BVN). Die richtige Bezeichnung lautete bislang: Werkvertrag.

Mit dem neuen Bauvertragsrecht ist alles komplizierter geworden. Neben Werkverträgen gibt es jetzt auch Bauverträge und Verbraucherbauverträge. Doch wie können Handwerker die drei Vertragsarten auseinanderhalten?

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Was ist ein Verbraucherbauvertrag?

Die speziellste Vertragsform ist der neue Verbraucherbauvertrag. Laut Paragraf 650i BGB fallen darunter alle Verträge, durch die ein „Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.“ Doch was bedeutet das?

  • Ein Auftragnehmer: „Wichtig ist, dass kein Gewerk einzeln beauftragt werden darf“, sagt Woll. Stattdessen müsse alles über einen Generalunternehmer laufen. Der wiederum dürfe durchaus einzelne Bauleistungen an andere Bauunternehmer vergeben.
  • Neubau oder fast ein Neubau: „Bei Verbraucherbauverträgen geht es immer um ein komplettes Gebäudes“, sagt Baurechtsexperte Carsten Woll. Der klassische Fall ist deshalb ein schlüsselfertiger Neubau. Ein Verbraucherbauvertrag ist aber auch bei Umbauten möglich. „Die müssen aber massiv sein und einem Neubau fast gleichkommen“, sagt der BVN-Experte. Das sei beispielsweise der Fall, wenn ein Altbau komplett entkernt werde und im Gebäude anschließend alles neu gemacht werde – von den Fenstern bis hin zur Elektrik.

Was ist ein Bauvertrag?

Der Bauvertrag ist eine spezielle Form des Werkvertrags. „Das neue Vertragsrecht ist immer dann anwendbar, wenn es um ein Bauwerk oder eine Außenanlage geht“, sagt Christian Behrens, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Laut Paragraf 650a BGB kommen für Handwerksbetriebe in beiden Fällen folgende Auftragsarbeiten in Frage:

  • die Herstellung (z. B. Neubau),
  • die Wiederherstellung (z. B. Instandsetzung),
  • die Beseitigung (z. B. Abbruch oder Rückbau) und
  • der Umbau

Anders als beim Verbraucherbauvertrag ist der Kreis der möglichen Auftraggeber beim Bauvertrag deutlich größer. Denn sowohl Verbraucher als auch gewerbliche Kunden können ihn abschließen.

Ein weiterer Unterschied zum Verbraucherbauvertrag: „Alle Einzelgewerke, die auf der Baustelle im Einsatz sind, haben einen Bauvertrag mit dem Auftraggeber“, sagt BVN-Experte Carsten Woll. Es gibt also keinen Generalunternehmer.

Ein weiteres Abgrenzungskriterium hat der Gesetzgeber in Paragraf 650a BGB vorgegeben. Demnach handelt es sich immer dann um einen Bauvertrag, wenn eine Bauleistung für den Gebrauch oder die Instandhaltung des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung ist. „Das ist eine sehr weitgefasste Definition“, sagt Woll. Darunter können seiner Einschätzung nach zum Beispiel folgende Handwerksleistungen fallen:

  • Arbeiten an der Elektrik eines Gebäudes,
  • das Verlegen von Wasserleitungen,
  • das Einsetzen von Fenstern und Türen,
  • das Aufbringen von Fassadenfarbe,
  • Maurerarbeiten,
  • das Anlegen einer Rasenfläche auf dem Grundstück oder
  • der Bau einer Treppe, die vom Haus in den Garten führt.

Was ist ein Werkvertrag?

Den Werkvertrag kennen Handwerker aus jahrelanger Praxis. Dieser Vertragstyp greift jetzt immer dann, wenn der Bauvertrag oder der Verbraucherbauvertrag nicht angewendet werden können. „Das ist bei allen untergeordneten Arbeiten der Fall“, sagt Woll. Mögliche Anwendungsbeispiele für den Werkvertrag seien etwa einfache Tapezierarbeiten oder der Austausch einer Dachpfanne.

Sind die 3 Vertragstypen klar voneinander zu unterscheiden?

Verbraucherbauvertrag, Bauvertrag oder Werkvertrag? Diese Frage müssen Bauunternehmer seit Inkrafttreten des Bauvertragsrechts bei jedem Vertragsabschluss von Neuem beantworten. Zumindest für das Bauhauptgewerbe sieht Carsten Woll kaum Abgrenzungsschwierigkeiten. „Die schließen in mehr als 90 Prozent Bauverträge“, ist sich der BVN-Experte sicher. Dennoch geht Woll davon aus, dass sich die Justiz über kurz oder lang mit der genauen Abgrenzung der Vertragsarten beschäftigen muss.

Wann welcher Vertrag greift, können Sie auch diesem Schaubild entnehmen.

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