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Foto: handwerk.com

Der Tablet-Tischler

Wenig Personal – volle Schlagkraft

Die Tischlerei von Ralf Göhler macht mit fünf Mitarbeitern alle Kundenwünsche möglich. Die Individualisten sind sicher: ohne Digitalisierung wäre ihr Konzept undenkbar.

Hat sich ausgezahlt
Tischler-Digital-Kubusline-01

Ohne sein High-End-Tablet verlässt Ralf Göhler nie das Haus. Es ist ein fester Bestandteil der Arbeitsprozesse seiner Tischlerei Kubusline. Die Digitalisierung hat es Göhler erlaubt, seinen Unternehmertraum nach seinen Vorstellungen zu verwirklichen. Vor acht Jahren hat der 43-Jährige sich selbstständig gemacht – mit einem klaren Ziel: „Ich wollte einfach mit ein paar Kumpels zusammen geile Möbel bauen.“

Für die Möbeltischlerei bedeutet das: geringe Mannstärke, kleine Stückzahlen. Damit steht die Zielgruppe der exklusiven Möbel fest: zahlungskräftige Kunden. Und die brauchen viel persönliche Betreuung. Alles Chefsache. So pendelt Ralf Göhler ständig zwischen Kundenterminen, seinem Homeoffice im Norden von Osnabrück, wo er die Möbel entwirft, und der Werkstatt, die 45 Autominuten weiter südlich liegt. „An vielen Wochen bin ich nur zwei bis drei Tage in der Werkstatt“, sagt Göhler. Trotzdem läuft der Betrieb reibungslos, dank moderner Kommunikationsmittel.

Der Bildschirm als Werkstattelement

Schon im ersten Jahr hat der Unternehmer mitten in der Werkstatt einen großen Bildschirm mit Maus und Tastatur an die Wand gehängt. Eine Glasscheibe schützt ihn vor dem Holzstaub der benachbarten CNC-Fräse. Der typische Ablauf eines Homeoffice-Tages startet mit der telefonischen Teambesprechung. Dann versammelt sich die vierköpfige Mannschaft vor dem Bildschirm in der Werkstatt. Auf den hat Ralf Göhler per Teamviewer-Software vollen Zugriff aus der Ferne. „So kann ich die CAD-Konstruktionen der aktuellen Projekte aufrufen und mit den Kollegen die Details durchgehen“, erklärt der Tischlermeister.

Konferenz am Werkstattmonitor
Der zum Bildschirm gehörige Computer liegt zwar außerhalb der Werkräume, bedienen lässt er sich aber vor Ort in der Werkstatt. „Wir haben von hier aus Zugriff auf unseren Server und damit auf sämtliche Pläne und Bauteile“, erklärt Göhler. So können die Mitarbeiter das Möbelstück noch anpassen und verändern, kurz bevor es gebaut wird.

Bis ein Projekt an diesem Punkt angelangt ist, ist allerdings eine Menge Vorarbeit beim Kunden zu leisten. „Bei großen Aufträgen kommen leicht zehn Vor-Ort-Gespräche zusammen“, schätzt Göhler. Auch bei Kundenbesuchen greift er auf digitale Helfer zurück. „Früher bin ich überall mit dem Schreibblock rumgerannt – und dann hatte ich ihn trotzdem nie da, wo ich ihn gerade gebraucht habe“, sagt Göhler.

Sein nächster Schritt in die digitale Arbeitswelt: Tausche Block gegen Tablet. Seite 2.

Alle Dokumente immer verfügbar

Kein Programmieraufwand
Tischler-Digital-Kubusline-06

Den Block hat er durch sein Tablet ersetzt. Das hat ungefähr A4-Größe und ist mit der Onedrive-Cloud verbunden. Ralf Göhler zeichnet auf dem Tablet, macht Notizen und dokumentiert Kundengespräche. Und jede Notiz ist dank der Cloud ständig an jedem seiner Arbeitsplätze verfügbar. „Für mich ist Digitalisierung, dass ich von jedem Standort aus auf meine Projekte zugreifen kann“, sagt Göhler. „Die Cloud hat uns da einen richtigen Schub gegeben.“

Wieder im Büro zeichnet Göhler die Entwürfe für seine Kunden im CAD-Programm. Einen Großteil des betriebswirtschaftlichen Teils jedes Auftrags erledigt er dabei gleich mit. Denn über eine Software-Schnittstelle kann er aus der Zeichnung Materialbedarf, Stückliste und die Zeiten für den Fertigungsaufwand in eine Branchensoftware exportieren, die für ihn die Kosten berechnet. „Daraus kann ich direkt das Angebot, die Abschlags- und Schlussrechnung generieren“, sagt Göhler.

Alle Zeiten im Kasten

Personalkosten und Zeitaufwände für jedes Projekt kann ihm der Computer vorhersagen, noch ehe das erste Brett angesägt wird. Denn die Mitarbeiter erfassen ihre Zeiten digital. Und zwar nicht nur Arbeitsbeginn und -ende, sondern auch die be­nötigte Zeit für einzelne Arbeitsschritte.

So entstehen Durchschnittszeiten für viele Teilarbeiten, die automatisch in der Kalkulation genutzt werden. Das hilft dem Unternehmer auch in der Nachkalkulation. „Im Branchenprogramm kann ich mir einfach anzeigen lassen, welche Abschnitte des Projekts gut liefen und wo es Optimierungsbedarf gibt.“

Das Blut gehört in den Kopf
Auf moderne Technik setzt der Gründer von Kubusline auch in seinem Maschinenpark. Das soll vor allem seine Mitarbeiter – zwei Meister, ein Geselle und ein Lehrling – entlasten. Sägen, CNC-Fräse und Kantenanleimmaschine werden per Touchscreen bedient.

Die große Vertikal-Plattensäge kann halbautomatisch bedient werden. Und zum Bewegen der sechs Quadratmeter großen Holzplatten zwischen ihrem Lagerplatz und der Säge hat Göhler einen Kranarm installiert. „Manch einer hält das für bescheuert“, sagt Göhler, „aber meine Mitarbeiter brauchen ihr Blut im Kopf und nicht in den Armen“.

Und wie hat der Unternehmer das alles bezahlt? Fördermittel haben geholfen: Letzte Seite.

Finanziert mit Fördermitteln

Macht ordentlich Späne
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Bei der Finanzierung seiner Maschinen hat Göhler versucht, möglichst viele Fördermöglichkeiten mitzunehmen. „Damit habe ich mich lange beschäftigt“, sagt Göhler. So konnte er für zwei Maschinen Zuschüsse aus einem regionalen und einem EU-Förderprogramm einstreichen. „Die Geldgeber haben vor allem Wert auf den Innovationscharakter der Investition gelegt“, sagt Göhler.

Die Forderungen hat er mit der Anschaffung einer Kantenanleimmaschine, die einen speziellen Leim verarbeiten kann, und einem neuartigen Hobel, mit dem sich Kubusline das Vollholzgeschäft erschlossen hat, erfüllt. Etwa 15 Prozent pro Investition konnte der Betrieb so als Zuschuss einstreichen.

An seinen Arbeitsprozessen will der Geschäftsführer auch künftig noch feilen: Wenn die CAD-Maschine die Stückliste exportiert hat, soll ein Barcode-Drucker einen Aufkleber für jedes Werkstück drucken. An der Plattensäge wird jedem Teil nach dem Zuschnitt sein Barcode aufgeklebt. „An der CNC-Fräse wird der ausgelesen, damit die Fräse sofort das richtige Programm zur Bearbeitung startet“, sagt Göhler. „Bislang müssen wir das noch manuell heraussuchen.“

(deg)

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