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Versicherungen

Bei Berufsunfähigkeit kein Risiko offenlassen

In handwerklichen Berufen ist es nicht leicht, die Berufsunfähigkeit zu versichern. Doch es gibt Alternativen.

"Als Friseurin versichern wir Sie übrigens nur, bis Ihr 55. Lebensjahr endet." Der Satz ihres Versicherers klingt Petra Oberrath noch immer im Ohr.

Und danach?, fragt sich die 48-jährige Friseurmeisterin aus Braunschweig. Vor einigen Jahren ist sie im Beruf schon einmal ausgefallen:

Bei einem Sturz hatte sie sich den linken Arm ausgekugelt. "So etwas kann jederzeit passieren. Das wird doch mit steigendem Alter nicht unwahrscheinlicher", sagt sie.

„Versicherer ordnen Berufe nach dem durchschnittlichen Berufsunfähigkeitsrisiko verschiedenen Klassen zu“, erklärt Michael Rieger. Je höher die Risikoklasse, desto schlechter seien die Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU), sagt der hannoversche Versicherungsberater.

Demnach fallen Friseure zumeist in Klasse drei. Damit sind sie noch bessergestellt als zum Beispiel Raumausstatter, Maurer oder Dachdecker: Diese Berufe finden sich überwiegend in Klasse vier wieder.

Für eine 56 Jahre alte Friseurin gibt es nach Rieger aktuell nur eine geringe Anzahl von Anbietern am Markt, die sie gegen Berufsunfähigkeit versichern würden.

Nicht gleich aufgeben
Rieger rät: "Versuchen Sie es nach den ersten Ablehnungen weiter. Vermutlich finden Sie noch einen Anbieter, der Sie versichert."

Aber der Versicherungsberater mahnt auch zur Vorsicht: "Überlegen Sie, ob die Versicherung überhaupt greifen wird." Selbstständige würden nämlich oft keine Leistungen erhalten.

Wenn ein Mitarbeiter die Arbeit des Unternehmers übernehmen kann, zahle die Versicherung erst, wenn der Selbstständige faktisch erwerbsunfähig sei, also gar keinen Beruf mehr ausüben kann.

Wenn Sie aus Altersgründen oder wegen gesundheitlicher Bedenken keinen Schutz bekommen, empfiehlt der Experte im ersten Schritt: „Versuchen Sie über Ihren Innungsverband in einen Gruppentarif zu kommen.“ Die Bedingungen dort seien vergleichsweise günstig.

Die Bedingungen der Versicherer unterscheiden sich nach Rieger vor allem in ihrer Verbraucherfreundlichkeit.

Welche Versicherung passt?

  • Gestaffelte BU: Die Aufteilung einer auf 66/33 Prozent ist laut Rieger unter Umständen sinnvoll. Dabei bekommt die volle Rente, wer zu mindestens 66 Prozent berufsunfähig ist, von 33 bis 65 Prozent Berufsunfähigkeit gibt es 33 Prozent der Rente, darunter fallen die Leistungen aus.
  • Dread-Disease-Versicherung: Diese Versicherung deckt bestimmte Krankheiten wie Herzinfarkt, Tumore oder Multiple Sklerose ab.
  • Erwerbsunfähigkeitsversicherung: Im Unterschied zur BU zahlt sie erst, wenn der Versicherte überhaupt keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben kann. Vorteil: Die Prämien sind relativ gering.
  • Grundfähigkeitenversicherung: Sie zahlt, wenn eine der Grundfähigkeiten wie Essen, Stehen, Gehen, Laufen oder Sitzen ausfällt.
  • Unfallversicherung: Mit dieser Versicherung ist die Berufsunfähigkeit als Unfallfolge abgesichert. Zum Vergleich: Die BU greift auch bei Krankheiten und nachlassender Körperkraft.

Sieben Jahre läuft Petra Oberraths Berufsunfähigkeitsvertrag noch. Wie sie das Risiko ihrer Berufsunfähigkeit anschließend versichern wird, weiß die Unternehmerin noch nicht. Rechtzeitig wird sie sich für eine Alternative entscheiden.

Wie verbraucherfreundliche Vertragsbedingungen aussehen, lesen Sie auf der folgenden Seite.

Das sollte der Mindeststandard verbraucherfreundlicher Versicherungsbedingungen sein:

Verzicht auf eine abstrakte Verweisung: Andernfalls wird Ihnen keine Rente ausgezahlt, solange Sie noch Arbeiten weit unter Ihrer Qualifikation ausführen können.

Verzicht auf eine konkrete Verweisung: Wenn Sie noch stundenweise arbeiten können, zahlt die Versicherung bei einer konkreten Verweisung nicht. Das bieten nur wenige Gesellschaften an.

Verzicht auf § 163 aus dem Versicherungsvertragsgesetz: Nach dieser Vorschrift kann der Versicherer den Vertrag einseitig anpassen oder kündigen.

Verzicht auf § 19 Abs. 3 und 4 Versicherungsvertragsgesetz: Kein Kündigungs- oder Änderungsrecht für den Versicherer, wenn der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht schuldlos verletzt.

Rückwirkende Leistung in den ersten sechs Monaten: Lässt sich die Berufsunfähigkeit nicht sofort feststellen, wartet die Gesellschaft sechs Monate mit der Rentenzahlung, bei Berufsunfähigkeit leistet sie rückwirkend.

Rückwirkende Leistung für mindestens drei Jahre: Meldet der Patient aus einer Unkenntnis heraus die Berufsunfähigkeit verspätet, zahlt der Versicherer bis zu drei Jahre rückwirkend.

Keine Gültigkeitsbeschränkung: Der Vertrag sollte weltweit gelten.

Dynamik: Der Vertrag sollte eine dynamische Entwicklung zulassen.

Nachversicherungsgarantie: Bis zu einem Alter von 45 Jahren können Sie die Prämie in folgenden Fällen erhöhen: bei Heirat, Geburt oder Adoption eines oder mehrer Kinder, einem erheblichem Gehaltsanstieg oder dem Erwerb einer Immobilie im Wert von mindestens 100 000 Euro.

Stundungsrecht: Die Beiträge werden bei Beantragung der Rente auf Antrag ohne Zinspflicht gestundet.

Karenzzeit: Die Versicherung zahlt erst ab einem gewissen Monat (meist dem siebten) nach Eintritt der Berufsunfähigkeit, dafür fallen die Beiträge wesentlich geringer aus.

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