Ein Handwerker hatte mit Privatkunden Innen- und Außenputzarbeiten an einem Neubau vereinbart: Laut Bundesgerichtshof war der Vertrag kein Verbraucherbauvertrag.
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Recht

BGH-Urteil zu Verbraucherbauverträgen: Was bedeutet das für Betriebe?

Mit einem Grundsatzurteil hat der Bundesgerichtshof klargestellt, wann Verbraucherbauverträge nicht möglich sind. Aus 3 Gründen ist das eine gute Nachricht für Handwerker.

Auf einen Blick:

  • Der Bundesgerichtshof hat ein Grundsatzurteil zu Verbraucherbauverträgen gefällt. Demnach liegen solche Verträge nicht vor, wenn Verbraucher bei einem Neubau Bauleistungen einzeln vergeben.
  • Handwerker, die nur ein einzelnes Gewerk im Rahmen eines Neubauprojekts erbringen, haben dadurch drei Vorteile. Sie haben zum Beispiel weniger Dokumentationspflichten und können bei Bedarf die Bauhandwerkersicherung fordern.
  • Seit 2018 gilt das neue Bauvertragsrecht. „Damit wurden verschiedene Vertragstypen neu geschaffen“, sagt Tobias Hullermann, Fachanwalt für Baurecht in Augsburg. Seither gibt es zum Beispiel den neuen Verbraucherbauvertrag, der für Handwerker mit einigen Pflichten verbunden ist. Ein solchen Vertrag schließen Handwerker typischerweise, wenn sie von Verbrauchern mit einem Neubau oder einem erheblichen Umbau an einem bestehenden Gebäude beauftragt werden.

    Allerdings war bislang nicht abschließend geklärt, ob ein Verbrauchervertrag auch bei Beauftragung eines einzelnen Gewerks möglich ist. Der Bundesgerichtshof (BHG) hat diese Frage mit einem Grundsatzurteil (Urteil vom 16. März 2023 Az. VII ZR/22) beantwortet: Demnach liegen Verbraucherbauverträge nicht vor, wenn Verbraucher bei einem Neubau Bauleistungen einzeln vergeben. „Für Handwerker ist das eine gute Nachricht“, meint Baurechtler Hullermann, der Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein ist.

    Doch der Reihe nach: Was hat der BGH genau entschieden? Welche Folgen hat das Urteil für Handwerker und warum ist der Fall überhaupt in Karlsruhe gelandet?

    Das Urteil: Warum Verbraucherbauverträge nicht für einzelne Gewerke möglich sind

    Die Bestimmungen zu Verbraucherbauverträgen gelten nicht für Verträge, die lediglich Leistungen eines einzelnen Gewerks im Rahmen eines Neubauvorhabens betreffen, stellten die Karlsruher Richter im Fall eines Handwerkers klar. Sie begründeten die Entscheidung mit der gesetzlichen Definition des Verbraucherbauvertrages. Die ist in § 650 i BGB zu finden .

    Was das BGH-Urteil für Handwerker bedeutet

    „Dieses Urteil schafft für Handwerker Rechtssicherheit“, sagt Rechtsanwalt Hullermann. Er sieht drei Vorteile für Betriebe, die nur ein einzelnes Gewerk im Rahmen eines Neubauprojekts erbringen:

  • Vorteil 1: Keine detaillierte Baubeschreibung nötig Betriebe, die einen Verbraucherbauvertrag schließen, müssen ihren Kunden schon vor Vertragsschluss eine detaillierte Baubeschreibung mit Plänen und den wesentlichen Eigenschaften vorlegen. So schreibt es § 650j BGB vor. Liegt kein Verbraucherbauvertrag vor, entfällt diese Pflicht.
  • Vorteil 2: Keine Aufklärung über das Widerrufsrecht nach § 650 l BGB erforderlich. Bei Verbraucherbauverträgen sind die Regeln zum Widerrufsrecht besonders streng. Denn gemäß § 650l BGB müssen Handwerker hier generell über das Widerrufsrecht aufklären – egal, wo der Vertrag geschlossen wird. Liegt kein Verbraucherbauvertrag vor, ist das Thema Widerrufsrecht nicht immer vom Tisch, betont Hullermann. Dem Juristen zufolge gelten hier die bekannten Regeln: Handwerker müssen über das Widerrufsrecht aufklären, wenn sie mit Verbrauchern einen Fernabsatzvertrag schließen oder einen Vertrag außerhalb der eigenen Geschäftsräume.
  • Vorteil 3: Handwerker können die Bauhandwerkersicherung fordern. Bei Verbraucherbauverträgen ist die Bauhandwerkersicherung rechtlich ausgeschlossen. Liegt jedoch ein Bauvertrag vor, der kein Verbraucherbauvertrag ist, können Handwerker für ihren Werklohn eine Sicherheit nach § 650f BGB verlangen – zum Beispiel in Form einer Bankbürgschaft oder durch Hinterlegung von Bargeld.
  • Warum sich der BGH auch mit der Bauhandwerkersicherung befassen musste

    Um die Bauhandwerkersicherung ging es auch im Verfahren, das vor dem BGH gelandet ist. Geklagt hatte ein Handwerker, der zuvor von einem Ehepaar für Innen- und Außenputzarbeiten in einem Neubau engagiert worden war.

    Das Problem: Nach geleisteter Arbeit hatte der Unternehmer nur etwa zwei Drittel seines Werklohns erhalten, den Rest hatte das Ehepaar wegen angeblicher Baumängel einbehalten. Der Handwerker beharrte auf die volle Summe. Als er die nicht bekam, forderte er die Bauhandwerkersicherung. Doch das Ehepaar verweigerte, die Sicherheit zu stellen. Daraufhin klagte der Handwerker und der Fall ging durch drei Instanzen. Vor dem Bundesgerichtshof bekam er Recht: Die Klage des Unternehmers sei berechtigt gewesen und ihm hätte die Bauhandwerkersicherung grundsätzlich zugestanden.

    Aus Sicht von Rechtanwalt Hullermann ist das Ehepaar, das dem Handwerker die Bauhandwerkersicherung verweigert hat, ein großes Risiko eingegangen. „Wenn Kunden eine berechtigt geforderte Sicherheit nicht stellen, haben Handwerker die Möglichkeit, die Arbeiten einzustellen und den Vertrag gegebenenfalls zu kündigen“, erläutert er.

    Der Jurist empfiehlt Handwerkern allerdings, nicht leichtfertig von diesen Rechten Gebrauch zu machen: „Lassen Sie sich unbedingt juristisch beraten, bevor Sie die Arbeiten einstellen oder eine Kündigung aussprechen.“ Denn beides sei rechtlich für Handwerker mit Risiko verbunden. „Wenn Handwerker zu Unrecht vom Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen oder unberechtigt kündigen, haben Kunden Rechtsansprüche“, erläutert Hullermann. Das bedeutet: Kunden können zum Beispiel Schadensersatz fordern.

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