Auf einen Blick:
Sie schließen keine Verträge ohne einen Ortstermin oder ein Gespräch Auge in Auge mit dem Kunden ab? Dann müssen Sie sich als Handwerker wenig Gedanken über einen späteren Widerruf durch den Auftraggeber machen. Heikel könnte es jedoch werden, wenn Sie Angebote nur auf Grundlage eines Leistungsverzeichnisses abgeben oder Wartungsverträge telefonisch schließen. Warum das bei Verträgen mit Verbrauchern einen Unterschied macht, weiß Tobias Hullermann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Rechtsanwälte Gerle und Partner in Augsburg und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Bau und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein .
Was sind Fernabsatzverträge zwischen Handwerkern und Verbrauchern?
Bekannt sind Fernabsatzverträge aus Fällen, in denen Kunden über Online-Shops oder in einem Katalog bestellen. Doch sie greifen viel weiter: „Auch Bauhandwerker schließen mit ihren Kunden regelmäßig Fernabsatzverträge“, sagt Hullermann. Fernabsatzverträge seien alle Verträge, „die ausschließlich über Fernkommunikationsmittel geschlossen werden“, erläutert der Baurechtler. Gemäß § 312c Abs. 2 BGB sind Fernkommunikationsmittel zum Beispiel Briefe, Telefonanrufe, E-Mails oder über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten.
Entscheidend für die Einordnung als Fernabsatzvertrag: Es gab während der gesamten Vertragsanbahnung keinen persönlichen Kontakt – weder einen Ortstermin auf der Baustelle oder beim Kunden, noch ein Treffen im Betrieb.
Hullermann nennt drei Beispiele für typische Fernabsatzverträge im Handwerk:
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Pflicht für Handwerker, Rechte für Kunden
Liegt ein Fernabsatzvertrag vor, steht Verbrauchern meist ein Widerrufsrecht gemäß § 312g BGB zu. Handwerker müssen die Kunden dann über das Widerrufsrecht und seine Folgen aufklären.
In der Regel können Verbraucher zwei Wochen lang ohne Angabe von Gründen vom Vertrag zurückzutreten. „Voraussetzung für die 14-tägige Widerrufsfrist ist allerdings, dass Handwerker ihre Kunden ordnungsgemäß aufklären“, betont Hullermann. Passiere das nicht, verlängere sich die Widerrufsfrist auf ein Jahr und 14 Tage. Häufig können Kunden dann noch nach Fertigstellung des Werks widerrufen.
Nur in seltenen Fällen haben Verbraucher kein Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen mit Handwerkern. Dem Baurechtler zufolge gilt das unter anderem für Verträge über
Hinweis: Die letzten drei Ausnahmen gelten nur für Kaufverträge mit Montageverpflichtung oder Werklieferverträge.
Wie klären Handwerker richtig über das Widerrufsrecht auf?
Eine mündliche Widerrufsbelehrung reicht laut Hullermann nicht aus. Ein Handwerker müsse im Streitfall beweisen können, dass er den Kunden ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt hat. Deshalb sollten Handwerker bei telefonischen Aufträgen vor Vertragsschluss Kunden entsprechend informieren und zusätzlich eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung an den Kunden schicken – schriftlich oder per E-Mail zusammen mit den Vertragsunterlagen.
Tipp: Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) gibt es in Anlage 1 ein Muster für die Widerrufsbelehrung, das Sie nutzen können. Änderungen am Text seien zwar grundsätzlich möglich, aber Hullermann rät davon ab: „Abweichende Formulierungen können schlimmstenfalls dazu führen, dass Sie Ihre Aufklärungspflichten nicht vollständig erfüllen und sich die Widerrufsfrist verlängert.“
Welche Konsequenzen hat ein berechtigter Widerruf für Handwerker?
Nach einem berechtigten Widerruf wird der Vertrag laut Hullermann rückabgewickelt. „Sofern die Kunden den Werklohn oder Kaufpreis schon gezahlt haben, erhalten sie ihr Geld zurück“, erläutert Hullermann. Dem Baurechtler zufolge erhalten Handwerker für erbrachte Leistungen nur Wertersatz, wenn sie den Kunden ordnungsgemäß belehrt haben.
Was mit der Leistung passiere, hänge vom Einzelfall ab. Es gebe folgende Möglichkeiten:
Wann beginnt die Widerrufsfrist?
Wann die 14-tägige Widerrufsfrist bei ordnungsgemäßer Belehrung beginnt, hängt laut Hullermann vom Vertrag ab. Bei Werklieferverträgen oder Kaufverträgen beginne sie mit der Lieferung der Ware.
Bei Werkverträgen hingegen beginne die Widerrufsfrist bereits mit dem Vertragsschluss. Dem Fachanwalt zufolge haben Bauhandwerker hier allerdings zwei Möglichkeiten, sich vor einem Widerruf nach Beginn der Arbeiten zu schützen:
Kunde widerruft, obwohl er kein Widerrufsrecht hat
Laut Hullermann kommt es durchaus vor, dass Verbraucher einen Vertrag widerrufen, obwohl sie kein Widerrufsrecht haben. „Rechtlich handelt es sich dann meist um eine freie Kündigung“, erläutert der Jurist. Handwerker seien in solchen Fällen deutlich besser gestellt, als bei einem berechtigten Widerruf. Sie hätten Anspruch auf die volle Bezahlung – auch für die nicht erbrachten Leistungen.
Nur die Ersparnisse bei den nicht erbrachten Leistungen müssten abgezogen werden, so Hullermann. Was die genau sind, hänge vom Einzelfall ab. Als Beispiele nennt der Fachanwalt:
Weitere Informationen zum Widerrufsrecht sowie Muster für die Widerrufsbelehrung finden Sie auf der Website des Zentralverband des Deutschen Handwerks.
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