Petra Wolff ist Unternehmerin im niedersächsischen Northeim. Mit einer gezielten Umstrukturierung hat sie das Klima im Betrieb verbessert. Vorher gab es in dem reinen Frauen-Team im Verkauf einige Missstimmungen.
Frau Wolff, Sie haben mit der Übernahme des väterlichen Betriebs „Ruhe“ in den Betrieb gebracht. Was genau haben Sie gemacht?
Wolff: Das Verkaufsteam besteht und bestand nur aus Damen: Alles Fachpersonal, keine Azubis, alle schon langjährig im Betrieb und mit unterschiedlicher Dauer der Betriebszugehörigkeit. Ich habe versucht, durch neue, klare Betriebsstrukturen auch in dem kleinen Team Verantwortung an die Schichtleiter zu übertragen. Es waren nämlich vorher immer die anderen Verkäuferinnen an irgendeinem Fehler schuld, die gerade nicht Dienst hatten. So, dachte ich, stärke ich die Verantwortungsübernahme und die Teambildung.
Außerdem bin ich pedantisch jedem Fehler nachgegangen. Meist sind Informationen verlorengegangen und dadurch blieben wichtige Aufgaben auf der Strecke. Darüber habe ich offen mit den Mitarbeiterinnen gesprochen. Ich habe sie aufgefordert, dass jeder zu seinem Fehler steht, damit das Verkaufsteam diese Fehler nicht weiterhin begeht. Wir alle sollen Fehler als Chance sehen, den Arbeitsprozess zu optimieren.
Ein schwieriger Prozess, da es um gelebte Ehrlichkeit – zumindest erst einmal in Bezug auf die Arbeit - geht.
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Aufatmen nach der Kündigung
Wie sind Sie konkret auf die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen eingegangen?
Wolff: Wenn ich die Mitarbeiter direkt angesprochen habe, hat keiner offen und ehrlich seine Meinung gesagt und mich direkt und wissentlich angelogen. „Es gibt keine Probleme“, „Wir mögen uns alle“ kam da. Die menschliche Schweigespirale also.
Verbessert hat sich die Situation erst, als eine sehr gute Mitarbeiterin gekündigt hat. Aus Verkaufssicht eine sehr, sehr schmerzliche Entscheidung für mich als Chefin aufgrund des großen Personalmangels. Aber ein Wendepunkt in Bezug auf die Betriebs-Stimmung.
Inwiefern war es ein Wendepunkt?
Wolff: Der Hintergrund zur Mitarbeiterin macht das klar: Sie war quasi ein Urgestein hier im Verkauf, hatte schon hier gelernt und war lange Zeit dabei. Meine Eltern haben sie sehr geschätzt. Ich auch, besonders im Kontakt mit den Kunden. Doch was die weichen Faktoren angeht, hatte ich andere Vorstellungen, was beispielsweise das Führen von Mitarbeitern angeht. Und damit ist sie nicht klargekommen. Die Kündigung habe ich auf meinem Schreibtisch gefunden, sie hat mich nicht mal vorab informiert, obwohl ich mehrfach das Gespräch gesucht hatte.
Schmerzlich ist, dass die Kunden sie vermissen und nach ihr fragen – selbst nach einem halben Jahr.
Aber der Wendepunkt ist danach gekommen: Alle anderen Damen waren wie befreit und erleichtert, haben freiwillig die Schichten übernommen, weil die Lücke ja da war. Und das Miteinander hat mich enorm gefreut.
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Weniger "Gerede" durch Einzelgespräche
Was haben Sie für die personelle Umstrukturierung investiert?
Wolff: Nach dem Ausscheiden der Mitarbeiterin habe ich "meine" Damen zum Gespräch gebeten. Das Ziel war: Weniger Gerede über den anderen, sondern viel mehr miteinander reden. Die Meinung des anderen einholen, einfordern und dann für den Betrieb gemeinsam einstehen und die Entscheidung treffen.
Und wenn jemand doch wieder in alte Verhaltensmuster verfallen ist, habe ich die Mitarbeiter einfach darauf angesprochen.
Wie haben die Mitarbeiter anfangs auf die Änderungen reagiert?
Wolff: Ich glaube, dass jeder Mitarbeiter diese Entwicklung schätzt. Die Betriebsstimmung hat sich auf jeden Fall verbessert. Die Mitarbeiter sehen, dass auch ich die Damen um ihre ehrliche Meinung frage und die Antworten schätze. Entscheidungen muss ich dann aber selbst treffen.
Mittlerweile haben wir eine neue Dame im Verkaufsteam, die mir schon nach zwei Wochen gesagt hat, dass sie sich im Team wohlfühlt. Also eine Bestätigung unserer guten Betriebsstimmung.
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"Über mich wurde auch getratscht"
Wie fühlen Sie sich als Chefin jetzt? Sind Sie zufrieden mit dem Resultat Ihrer Veränderung?
Wolff: Wenn "Chefin" weiß, dass über andere schlecht getratscht wird, dann muss man sich auch eingestehen, dass die Mitarbeiter über einen selbst schlecht reden.
Und ich bin mir bewusst, dass es einfach ein Prozess ist. Als Chef muss ich immer sehr aufmerksam sein. Aber ich gehe sehr gerne in meine Firma, arbeite sehr gerne mit meinen Damen zusammen. Und versuche, ihnen auch mitzugeben, dass jeder Mitarbeiter andere Stärken hat. Und: Nur gemeinsam ist man erfolgreich und kann langfristig hinter dem Tresen stehen. Wenn sich alle gut verstehen und gute Laune bei der Arbeit haben, fühlt sich der Kunde in dieser "angenehmen Aura" auch wohl.
Zufrieden bin ich nie, aber wir sind auf dem richtigen Weg! Innerhalb von sechs Monaten, ohne Beratung von außen, haben wir viel erreicht.
Was raten Sie anderen Chefs, in deren gleichgeschlechtlichen Teams Reibereien entstehen?
Wolff: Ich glaube nicht, dass es ein Patentrezept gibt. Dafür sind Probleme und die menschlichen Charaktere viel zu unterschiedlich. Aber ich bin der Überzeugung, dass offene, ehrliche Gespräche alleine, zu zweit und dann gemeinsam im Team sehr viel bringen.
Und man selbst muss es einfach vorleben und freundlich aber bestimmt und diskret eingreifen, wenn es eine Entwicklung in die falsche Richtung gibt.
Das Gespräch führte Martina Jahn
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