Auf einen Blick
- Die Schreinerei Wirth-Bucher hat sich in den letzten Jahren eine neue Positionierung erarbeitet.
- Einst konnte der Betrieb mit öffentlichen Ausschreibungen den Möbelbau für sich erschließen. Doch die Preiskämpfe wurden immer zäher. „Es ging zu wie auf einem Basar“, sagt Geschäftsführer Michael Bucher.
- Es folgten Positionierungs-Workshops, der Wechsel der Kundenzielgruppe und schließlich endeten die Preiskämpfe. „Plötzlich macht die Arbeit mit den Kunden an meinem Job am meisten Spaß.“
Verhandlungen wie auf dem Basar
Stabil und erfolgreich zu wirken ist leicht, wenn das Unternehmen erfolgreich ist. Wie zufrieden ein Chef und sein Team mit ihrem Erfolg sind, das steht auf einem anderen Blatt. Michael Bucher zum Beispiel: Der Schreinermeister und Geschäftsführer der Schreinerei Wirth-Bucher in Bad Waldsee hat sein Unternehmen in den letzten drei Jahren neu ausgerichtet. Weil Zufriedenheit in seinem alten Geschäftsfeld immer schwieriger zu erlangen war.
„Die Zusammenarbeit mit öffentlichen Auftraggebern wurde immer zäher“, berichtet der Unternehmer. „ Die Kalkulationen für Materialkosten und Arbeitszeit wurden permanent in Frage gestellt. Es ging zu wie auf einem Basar. “ Gesunde Preise durchzusetzen, sei zunehmend schwerer geworden. Schwer zu ertragen für Bucher, der für sein Handwerk brennt und nicht für zähe Preisverhandlungen.
Schwere Entscheidung für einen Kurswechsel
Bis zu einer Neuausrichtung auf andere Kunden war es für den Handwerksmeister aber noch ein langer Weg. Die Entscheidung fiel nicht leicht, denn das mittlerweile mühselige Geschäftsfeld hatte sich Bucher nach der Übernahme des Unternehmens 1998 selbst erschlossen und aufgebaut. „Als ich das Unternehmen mit meiner Frau übernommen habe, hatte es noch einen starken Schwerpunkt auf Landhaustüren aus massiver Fichte“, berichtet der 51-Jährige. Dieser Trend aber sei dann stark eingebrochen.
Der damals noch junge Unternehmer musste sich neu orientieren und schlug den Weg in den Möbelbau ein – ein Geschäftsfeld, das er schon aus seiner Ausbildung kannte. Weil er Referenzen brauchte, begann Bucher an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen. Denn da, so wusste er, entscheidet der Preis darüber, wer einen Auftrag erhält. „Um Referenzen aufzubauen war das ein Vorteil: Man kann leichter Fuß fassen, indem man Abstriche bei sich selbst macht.“
Aus dem Wachstum in die Krise
Der Anfang war gemacht, die Architektenkontakte wuchsen und ebenso die Nachfrage nach Projekten – auch nach größeren. Mit Rückenwind von den Aufträgen wuchs der Betrieb auf insgesamt bis zu 17 Mitarbeitende. Bucher stieg in die 4-Achs-, später in die 5-Achs-CNC-Bearbeitung ein und digitalisierte Büro und Werkstatt komplett durch. Auch die Führungsstruktur entwickelte der Unternehmer weiter, verteilte die Aufgaben auf mehr Schultern, stellte dafür zwei neue Meister ein.
Dann kam es intern zu einer Krisensituation: Ein Meister hatte sich in einem großen Projekt extrem verkalkuliert. „Das war für mich ein einschneidendes Erlebnis“, sagt Bucher. Im Gemenge aus knapp kalkulierten Aufträgen, von denen immer mehr parallel liefen, konnte er nicht jeden Auftrag selbst überwachen. Zugleich aber durften keine gröberen Fehler passieren. Für Michael Bucher gab die Situation den entscheidenden Anstoß, den Kurs seines Unternehmens grundlegend zu ändern. „Wir drehten das große Rad, aber belohnten uns ertragsseitig nicht genug für den Aufwand.“
Am meisten störte den Unternehmer, dass seine Auftraggeber ihn weniger über sein Handwerk definierten, als über seinen Preis. „Wir wollten nicht länger eine Zahl sein“, sagt der Schreinermeister.
Neue Positionierung mit neuen Kunden
Um die richtigen unternehmerischen Schritte einzuleiten, holte Bucher Know-how von Außen ein. Er machte vier Positionierungs-Workshops mit unterschiedlichen Beratern. Die ersten drei Workshops hätten den Unternehmer etwas frustriert, weil er mit ihnen zu keinem klaren Ergebnis kam. „Ich glaube, ich war da selbst eine Hürde. Man muss vom Kopf her so weit sein, um eine Neupositionierung mit ganzer Kraft in Angriff zu nehmen“, sagt Bucher. „Und man muss sehr tief graben in der Frage: Was will ich wirklich?“
Den Durchbruch erzielte Bucher mit seinem Team im vierten Workshop. „Da kam auf den Tisch, wo unsere Stärken liegen, was uns am meisten Spaß macht und was wir nicht mehr machen wollen“, erzählt der Unternehmer.
Essenz: Der Betrieb wollte näher am Auftraggeber sein, als am Architekten. Dafür wollten die Schreiner stärker selbst Räume gestalten, anstatt Gestaltungsvorgaben Dritter umzusetzen. „Wir sind dann ins Privatkundengeschäft hineingewachsen“, sagt Michael Bucher.
Website und Firmenlogo wurden erneuert, ein Instagram-Kanal erstellt, der Facebook-Auftritt modernisiert und von da an kontinuierlich gepflegt. Das zu groß gewordene Team verkleinerte der Unternehmer über einen Zeitraum von fünf Jahren auf elf Mitarbeitende.
Grundlage: Raum- und Lichtplanung
Eine gute Grundlage für die neue Positionierung brachte die Schreinerei bereits mit. Beispielsweise hat Bucher 2018 die fotorealistische Raumplanung in sein Leistungsportfolio aufgenommen. „Ich exportiere für Kunden immer einen Film, der die virtuelle Begehung des Raums zeigt. Damit verkaufen sich unsere Entwürfe sehr gut“, erklärt der Schreinermeister. Das Unternehmen gestaltet Schlafzimmer, Wohnraummöbel, vor allem aber Küchen. „Unsere Küchen bauen wir von Grund auf selbst und achten dabei stark auf ein einheitlich durchlaufendes Fugenbild“, erzählt Bucher.
Ein weiteres Detail, mit dem das Unternehmen Kunden gerne überzeugt ist die Lichtplanung. „Von alleine denken die Kunden da selten dran“, erklärt der Schreiner. Indem er Lichtszenen plant, in denen der Entwurf je nach Lichtstimmung eine andere Atmosphäre erzeugt, könne er Kunden überraschen. Das führe häufig zur Erteilung des Auftrags inklusive Beleuchtung .
Zufriedenheit durch Wertschätzung
Größter Zufriedenheitsfaktor sei für den Chef und sein Team, dass sie jetzt Kunden haben, die die Handwerker als Menschen wahrnehmen, die Mühe und Herzblut in die Erfüllung der Kundenwünsche investieren. Um dieses Verständnis zu stärken, führt der Unternehmer jeden Kunden gerne durch seine Werkstatt. Sie sollen selbst sehen, wie die Möbel bei den Schreinern entstehen. „Viele Kunden sagen dann: ‚Ich wusste gar nicht wie aufwändig so etwas ist‘“, berichtet Bucher.
Jetzt müssten sich die Handwerker nicht länger über ihren Preis definieren lassen, sondern können sich auf Qualität konzentrieren. Auf dieser Basis finde der Betrieb ansprechende Lösungen, die den jeweiligen Budgets ihrer Auftraggeber gerecht würden. Michael Bucher hat für sich so zu einer ganz neuen Art von Kundenbeziehung gefunden. „Plötzlich macht die Arbeit mit den Kunden an meinem Job am meisten Spaß.“
[Tipp: Mehr Praxis-Geschichten rund um das Thema Positionierung liefert Ihnen der handwerk.com-Newsletter? Abonnieren Sie ihn kostenlos: Jetzt anmelden!]
Auch interessant: