Insolvenz des Lieferanten: Hier riskieren Betriebe, dass die geleisteten Anzahlungen weg sind.
Foto: ExQuisine - stock.adobe.com

Recht

Insolvente Geschäftspartner: So sichern Sie sich ab

Wenn einer Ihrer Geschäftspartner Insolvenz anmeldet, kann das auch finanzielle Probleme für Ihren Betrieb bedeuten. Mit diesen Sofort-Maßnahmen senken Sie zumindest Ihr Risiko.

Auf einen Blick:

  • Kein Material, kein Geld für die geleistete Arbeit, keine Gewährleistung oder höhere Kosten– diese Folgen kann es für Ihren Betrieb haben, wenn einer Ihrer Geschäftspartner Insolvenz anmeldet.
  • Welche Probleme auf Sie zukommen, hängt davon ab, ob Sie mit einem insolventen Lieferanten, Subunternehmer oder Auftraggeber zusammenarbeiten.
  • Kriselt es bei Ihrem Lieferanten, sollte Ihnen bewusst sein, dass Anzahlungen im Insolvenzfall weg sind.
  • Durch eine Insolvenz muss die Zusammenarbeit nicht automatisch beendet sein, sie kann (für eine Weile) weiterbestehen. Um Ihren Betrieb dabei abzusichern, sollten Sie mit insolventen Subunternehmer und Auftraggeber schnellstmöglich nachverhandeln.
  • Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen war lange Zeit rückläufig. Doch Ende 2022 zeichnete sich eine Trendumkehr ab. Laut Creditreform ist die Zahl der Insolvenzen erstmals seit der Weltfinanzkrise im Jahr 2009 wieder gestiegen. Das Plus gegenüber dem Vorjahr sei mit 4 Prozent zwar „noch moderat“. Doch die Auskunftei geht davon aus, dass das „erst der Auftakt für eine weitere Beschleunigung des Insolvenzgeschehens sein“ dürfte. Auch einen Ihrer Geschäftspartner könnte es treffen – zum Beispiel Ihren Lieferanten, Ihren Subunternehmer oder Ihren Auftraggeber. Das kann schnell zu Ihrem Problem werden: Und zwar dann, wenn sie zum Beispiel kein Material oder kein Geld mehr bekommen oder wenn Sie Ihren Geschäftspartner bei Mängeln nicht mehr in Anspruch nehmen können.

    Problemfall 1: Ihr Lieferant meldet Insolvenz

    Eine Insolvenz bedeutet nicht automatisch das Aus für ein Unternehmen – das gilt auch für Ihren Lieferanten. „Eine Insolvenz kann auch eine Chance sein, ein Unternehmen zu sanieren und neu aufzustellen“, sagt Rechtsanwalt Jörg Sievers, der Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwaltverein ist.

    Die Insolvenz Ihres Lieferanten ist für Sie daher mit Unsicherheit verbunden und wirft vor allem eine Frage auf: Kriegen Sie von Ihrem Lieferanten noch das bestellte Material, das Sie für einen Auftrag schon fest einkalkuliert haben? Tipp des Rechtsanwalts: Klären Sie unverzüglich mit dem Unternehmen ab, ob sämtliche vereinbarte Lieferungen und deren Termine eingehalten werden. Am besten holen Sie sich eine schriftliche Erklärung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters ein.

    Problematisch kann es laut Sievers werden, wenn Ihr Lieferant ausfällt und Sie sich nach einer anderen Bezugsquelle umsehen müssen. Mögliche Probleme seien, dass

  • Sie keinen Ersatz finden,
  • der neue Lieferant höhere Preise verlangt,
  • Sie länger auf das Material warten müssen oder
  • der neue Lieferant abweichende Konditionen (z.B. Zahlungsziel, Kommissionslieferung) verlangt.
  • Lieferant in der Krise: Worauf Sie bei der Bezahlung achten sollten

    Alle Anzahlungen, die Sie bei Ihrem Lieferanten schon geleistet haben, sind laut Sievers im Insolvenzfall weg. Dem Rechtsanwalt zufolge gilt das selbst dann, wenn der Lieferant noch liefern will und kann. Handwerkern rät er deshalb: „Sobald Sie den Eindruck haben, dass Ihr Lieferant in finanziellen Schwierigkeiten ist, sollten Sie sich nicht mehr auf Anzahlungen einlassen.“

    [Tipp: Weitere Tipps zur Unternehmensfinanzierung Betrieb liefert der kostenlose handwerk.com-Newsletter. Jetzt hier anmelden!]

    Problemfall 2: Subunternehmer meldet Insolvenz an

    Meldet ein Unternehmen Insolvenz an, wird laut Sievers in vielen Fällen ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt: „Der führt den Betrieb dann bis zur Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens“, erläutert der Jurist. Für Handwerkerstelle sich daher zunächst die Frage, ob der Subunternehmer bis Beginn des Verfahrens  noch die Leistungen auf der Baustelle erbringen kann. Nach Sievers‘ Erfahrung komme es selten zum plötzlichen Abbruch der Arbeiten

    Dem Rechtsanwalt zufolge dauert es in der Regel bis zu drei Monate, bis das eigentliche Insolvenzverfahren eröffnet wird. Auch im eröffneten Insolvenzverfahren könne der Betrieb grundsätzlich weiter fortgeführt werden. Wenn Sie dann noch mit dem insolventen Subunternehmer zusammenarbeiten, birgt das laut Sievers folgende Risiken:

  • Der Insolvenzverwalter entscheidet sich dafür, ihren Vertrag mit den Insolvenzunternehmen nicht weiter zu führen und tritt nicht in die bestehenden Vertragsverhältnisse ein. Für Ihren Handwerksbetrieb bedeutet das, dass der Vertrag mit dem Subunternehmer dann mit sofortiger Wirkung beendet ist. Sie müssen sich also kurzfristig einen neuen Werkunternehmer suchen. In der Regel steigen dadurch die Kosten für Ihren Betrieb.
  • Der Subunternehmer erbringt eine mangelhafte Leistung und stellt später – im Zuge der Abwicklung des Insolvenzverfahrens – das Geschäft vollständig ein. Sie können den Subunternehmer für die Beseitigung der Mängel dann nicht mehr in Anspruch nehmen. Laut Sievers können Sie in solchen Fällen zwar noch Insolvenzforderungen geltend machen. Doch Sie müssen sich dann in eine Reihe mit den anderen Gläubigern stellen.
  • Subunternehmer insolvent: Warum Sie bestehende Verträge nachverhandeln sollten

    Tipp von Rechtsanwalt Sievers: „In der akuten Krisensituation sollten Sie schnellstmöglich nachverhandeln und Ihre eigene Absicherung über den bestehenden Vertrag hinaus verbessern.“. Möglich sei zum Beispiel ein höherer Gewährleistungseinbehalt, so der Rechtswalt.

    Es könnten auch (höhere) Erfüllungseinbehalte von Abschlagsrechnungen vereinbart werden. „Laut VOB und anderen Bauverträgen können Auftraggeber von den fälligen Zahlungen einen Anteil zunächst einbehalten, der dann erst mit der Schlussrechnung fällig wird“, erläutert Sievers. In der Regel sei ein Einbehalt von 5 Prozent möglich.

    Problemfall 3: Auftraggeber meldet Insolvenz an

    Die Arbeiten auf der Baustelle sind in vollem Gange und plötzlich erfahren Sie, dass Ihr Auftraggeber insolvent ist. Hier haben Sie laut Sievers folgende Probleme:

  • Problem 1: Sie haben Material auf der Baustelle, das noch nicht verbaut ist. „Dieses Material gehört Ihnen oder Ihrem Lieferanten“, sagt der Rechtsanwalt. Er weist allerdings darauf hin, dass sich die Eigentumsverhältnisse ändern, sobald Sie das Material verbauen: „Es gehört dann automatisch dem Grundstückseigentümer.“
  • Problem 2: Sie haben schon Leistungen erbracht, aber noch nicht abgerechnet. „Solche Leistungen dürfen Insolvenzverwalter in der Regel nicht mehr bezahlen -  sondern nur noch solche, die künftig erbracht werden“, erläutert Sievers.
  • Auftraggeber ist insolvent: Was Sie sofort machen sollten

    Dem Rechtsanwalt zufolge sollten Sie nicht gleich akzeptieren, wenn Sie kein Geld für bereits erbrachte Leistungen bekommen: „Verhandeln Sie schnellstmöglich mit dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter“, rät er. Der Insolvenzverwalter müsse sein Handeln zwar gegenüber dem Gericht und den Gläubigern rechtfertigen: „Manchmal können sie trotzdem eine gewisse Zahlung vertreten, wenn sie damit etwas Positives für die Insolvenzmasse erreichen“, sagt der Rechtsanwalt.

    Schnelles Handeln ist laut Sievers auch gefragt, wenn Sie noch Material auf der Baustelle haben – zum Beispiel mehrere Paletten mit Dachziegeln: „Stellen Sie gegenüber dem Insolvenzverwalter klar, dass das Ihr Material ist und Sie es bezahlt haben.“ Sein Tipp: Bieten Sie in Verhandlungen an, dass die Dachziegel verbaut werden können. „Darauf sollten Sie sich aber nur einlassen, wenn Sie vom Insolvenzverwalter auch die Zusage bekommen, dass Sie Ihr Geld erhalten“, betont der Rechtsanwalt.

    Liquidität: So können Sie sich absichern

    Auch wenn Ihr Geschäftspartner nicht insolvent ist, sollten Handwerker laut Sievers immer auf ihre finanzielle Absicherung achten: „Stellen Sie regelmäßig Abschlagsrechnungen, überwachen Sie den Forderungseinzug konsequent und drohen Sie gegebenenfalls die Einstellung der Arbeiten an“, rät der Rechtsanwalt.

    Bei Auskunfteien können Sie zudem die Bonität von Geschäftspartnern prüfen lassen. Wenn Sie dort eine negative Auskunft erhalten, ist laut Sievers absolute Vorsicht geboten. Eine positive Auskunft verschaffe allerdings häufig keine Sicherheit: „Die Bonitätsauskünfte bilden naturgemäß immer die Vergangenheit ab und lassen keine Rückschlüsse auf die aktuelle wirtschaftliche Situation in einem Unternehmen zu“, erläutert der Rechtsanwalt.

    Tipp: Sie interessieren sich für das Thema Unternehmensfinanzierung? Im handwerk.com-Newsletter finden Sie aktuelle Infos dazu. Jetzt kostenlos anmelden!

    Auch interessant:

    Das könnte Ihnen auch gefallen: