Handwerksbetriebe, die in Sachen Nachhaltigkeit gut aufgestellt sind, sollten ihre Aktivitäten auf der Website veröffentlichen.
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Dokumentation

Nachhaltigkeitsberichte: Was auf kleine Betriebe zukommt

Neue EU-Standards zwingen kleine Betriebe indirekt, ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu dokumentieren. Das kostet Zeit – und so können sich Handwerker darauf vorbereiten.

Auf einen Blick:

  • Ob Kredite, Fördermittel oder Aufträge: In Zukunft könnten Handwerker öfter nach ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten gefragt werden.
  • Grund dafür sind EU-Standards, die große Betriebe ab 2024 dazu verpflichten, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Darin sollen sie Auskünfte über soziales, ökologisches und gesellschaftliches Engagement geben.
  • Kleine Betriebe sind als Teil der Lieferkette indirekt betroffen. Deshalb sollten sich Handwerker schon jetzt auf Nachfragen vorbereiten -  und sich über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten Gedanken machen.
  • Haben Ihre Kunden oder Banken Sie schon nach Ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten gefragt? Solche Fragen werden Sie demnächst immer häufiger hören: Neue EU-Nachhaltigkeitsstandards (ESRS) zwingen größere Unternehmen ab 2024 zu einer ausgefeilten Nachhaltigkeitsberichterstattung.

    Obwohl kleine und mittlere Betriebe davon ausgenommen sind, werden sie die Standards zu spüren bekommen. Denn die ESRS zwingen große Unternehmen, die eigenen Lieferketten und Geschäftsbeziehungen – auch zu kleineren Unternehmen – anhand von Nachhaltigkeitskriterien zu überprüfen.

    Dabei geht es nicht nur um Umwelt- und Klimaschutz: ESRS-pflichtige Unternehmen müssen in einem Nachhaltigkeitsbericht jährlich Auskunft über ihr ökologisches, soziales und gesellschaftliches Engagement geben. Daher werden „viele Handwerksbetriebe Informationsabfragen in Sachen Nachhaltigkeit bekommen“ und sich mit dem Thema auseinandersetzen müssen, betont Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

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    Wie können sich Betriebe vorbereiten?

    „Das Wichtigste ist, dass Betriebe das Thema auf der Agenda haben und wissen, was die Nachhaltigkeitsberichterstattung umfassen kann“, sagt Frank-Peter Ahlers, Leiter Zentrum für Umweltschutz bei der Handwerkskammer Hannover. Auch wenn die Nachfragen noch nicht heute und morgen kommen, sei das Thema dringlich. „Sie stehen besser da, wenn Sie sich zeitnah Gedanken machen und Ihre Aktivitäten strukturiert zusammenfassen“, betont Ahlers. Diese Zusammenfassung „muss nicht perfekt oder druckreif sein“. „Ergänzen Sie Ihre Dokumentation Schritt für Schritt“, rät er.

    Je stärker ein Betrieb in die Zulieferketten größerer Unternehmen eingespannt sei, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass Nachfragen von Kunden oder Unternehmen kommen, mit denen Handwerker Geschäfte machen, weiß der Umweltberater.

    Konkret rät Ahlers Betrieben Folgendes:

  • Tragen Sie sich innerhalb der nächsten sechs Monate einen festen Termin im Kalender ein, an dem Sie sich mit dem Thema befassen.
  • Sie sollten sich fragen: Was tun wir in Sachen Nachhaltigkeit oder was wollen wir in Zukunft in diesem Bereich unternehmen? Haben wir unsere Aktivitäten und Projekte bereits dokumentiert? Wollen wir die Dokumentation veröffentlichen oder nur auf Nachfrage vorzeigen?
  • Wettbewerbsvorteil nutzen: Wer seine Branche und seine Wettbewerber gut kennt, kann eine gut geführte Nachhaltigkeitsberichterstattung als Alleinstellungsmerkmal nutzen. Laut Ahlers haben bisher nur wenige Betriebe die Dokumentation fertig. Frühzeitiges Engagement kann sich lohnen.
  • Wo bekommen Betriebe Unterstützung?

    Handwerker erhalten bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung Unterstützung von den Handwerksverbänden – regional und bundesweit.

    Die Landesvertretung der Handwerkammern Niedersachsen (LHN) hat beispielsweise ein Siegel für Betriebe mit nachhaltigem Engagement eingeführt. Sie ersetzt zwar nicht die eigentliche Berichterstattung. Aber sie erleichtert den Einstieg ist das Thema und hält für Betriebe einen umfangreichen Maßnahmenkatalog bereit. Dieser erläutert detailliert, welche Zertifikate, Weiterbildungen und Projekte in Betrieben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung verwendet werden können.

    Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade hat gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks das E-Magazin „Das Handwerk als Nachhaltigkeitsmotor – Was hat das Handwerk mit Nachhaltigkeit zu tun?“ entwickelt. Es enthält unter anderem einen Selbstcheck für Handwerksbetriebe. In neun Anwendungsfeldern können sie selbst testen, ob sie mit ihrem Unternehmen bereits im Sinne der Nachhaltigkeit aktiv sind. 

    Die Handwerkskammer Magdeburg in Sachsen-Anhalt bietet eine Nachhaltigkeitsberatung an und hat alle Informationen dazu auf ihrer Website zum Thema Nachhaltigkeit gebündelt. 

    Bundesweit können Betriebe den Nachhaltigkeits-Navigator Handwerk nutzen. Der Navigator ist ein kostenloses, digitales Tool, das Handwerker unterstützt, ihren Betrieb nachhaltig auszurichten und einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen. Er stützt sich auf die offiziellen Kriterien des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK).

    Zudem informieren die Betriebsberater aller Handwerkskammern bundesweit zu dem Thema.

    Wie sollen Betriebe auf Anfragen von Banken reagieren?

    Dass Banken bereits jetzt Fragen zum Thema Nachhaltigkeit stellen, bestätigt Carl-Dietrich Sander, Finanzierungsexperte vom Verband Die KMU-Berater. Dabei seien die Fragen der Banken noch mehr oder weniger konkret. „Viele Institute wollen sich erst einmal ein Bild davon machen, wie weit ihre Kunden – auch Handwerksbetriebe – in Sachen Nachhaltigkeit sind“, sagt Sander.

    Auch wenn kleine Betriebe von den geplanten Berichtsauflagen nicht erfasst seien, sollten sie sich auf solche Fragen vorbereiten. „Wichtig ist, dass Sie die Nachfragen nicht überraschen und dass Sie der Bank zurückspiegeln, dass Sie an dem Thema dran sind“, rät Sander. Ahnungslosigkeit könnte bei der Bank Unsicherheit hervorrufen und sich künftig auf den Zugang zu Krediten auswirken.

    Punkten könnten Handwerker jedoch mit der Antwort, dass sie bereits alle Nachhaltigkeitsaktivitäten auf ihrer Website veröffentlicht haben. „Sobald Sie einige Punkte zusammengetragen haben, gehen Sie offensiv damit in die Öffentlichkeit. Das kann Ihre Verhandlungsbasis nicht nur gegenüber Kreditgebern stärken“, sagt Sander.

    ZDH-Forderung: „Aufwand für Betriebe auf das Nötigste beschränken“

    Dass kleine und mittlere Unternehmen keine direkte Verpflichtung für eine umfangreiche Nachhaltigkeitsberichterstattung haben, ist aus Sicht des ZDH erfreulich. Die meisten Betriebe mit unter zehn Beschäftigten hätten keine Kapazitäten dafür. Dennoch seien sie indirekt betroffen: „Informationsgesuche von Finanzierungspartnern und von Kunden in der Lieferkette werden deutlich zunehmen – zumal künftig fast fünfmal so viele Unternehmen berichtspflichtig sein werden wie bisher“, sagt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke.

    Er fordert, den Aufwand dafür auf das Nötigste zu beschränken, indem für KMU „bürokratiearme und freiwillige Offenlegungsmöglichkeiten geschaffen werden“.

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    Foto: Privat Carl-Dietrich Sander, KMU-Berater und Finanzierungsexperte.
    Foto: Franz Fender Frank-Peter Ahlers, Umweltberater der Handwerkskammer Hannover.

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