Zusammenarbeit auf Zuruf:
Zusammenarbeit
Fragt man Handwerksunternehmer nach ihren Beweggründen, mit ihrem Betrieb in ein Gewerbegebiet zu gehen, sind die Gründe oft die gleichen: eine leistungsstarke Infrastruktur inklusive schnellem Internet, gute und damit schnelle Erreichbarkeit für Mitarbeiter und Kunden und die Möglichkeit, bei der Arbeit Lärm machen zu dürfen.
Doch das ist nicht alles, Gewerbegebiete bieten oft mehr – viel mehr. Das wird im Gespräch mit Carsten Kleine (Feinmechanik), Peter Clemens (Elektro) und Michael Wolter (Maler) schnell deutlich. Alle drei führen Handwerksunternehmen. Alle drei haben ihren Firmensitz in einem Gewerbegebiet im Westen Göttingens. Während Elektromeister Clemens und Malermeister Wolter nicht nur, aber vor allem private Kunden im Blick haben, ist Carsten Kleines GoePaTec GmbH vor allem für andere Unternehmen aktiv. Das Spektrum reicht hier von der Medizin- und Messtechnik über die Einzelfertigung im Bereich der Forschung bis hin zur klassischen Lohnfertigung für die Industrie.
Während Kleine und Clemens ihre Betriebe schon am Standort gegründet haben, ist Wolter mit seinem Malereibetrieb vor Jahren aus der Innenstadt ins Gewerbegebiet gezogen. Fragt man die drei Unternehmer nach ihren Beweggründen für die Entscheidung, ins Gewerbegebiet zu ziehen, nennen alle - neben den eingangs schon erwähnten Punkten - vor allem einen Faktor: die räumliche Nähe der Betriebe zueinander: „Man kennt sich und man schätzt sich“, sagt Carsten Kleine. Außerdem mache die räumliche Nähe eine Zusammenarbeit möglich, die sonst nicht drin wäre.
Wie das in der Praxis aussieht? Lesen Sie weiter auf Seite 2.
Zügig zurück zur Werkbank
Wie die Zusammenarbeit auf Zuruf in der Praxis aussieht? Ein anderer Betrieb im Gewerbegebiet hatte kürzlich Ärger mit einer Maschine. „Rauch stieg aus dem Bedienteil. Unser Außendienstler hat sich das angesehen und schnell festgestellt, dass im Inneren ganze Schaltelemente verschmort waren. Also hat er das Element ausgebaut und mit zurück zu uns genommen“, sagt Clemens. In der eigenen Werkstatt mit Zugriff aufs Lager des Elektrobetriebs hat der findige Techniker das Bedienpanel im Handumdrehen wieder in den Griff bekommen und dann schnell wieder beim Kunden eingebaut. „So ist der Produktionsausfall wirklich gering geblieben“, sagt Clemens.
Ein ähnliches Beispiel nennt Carsten Kleine. Als sein Feinmechanik-Betrieb zuletzt den Maschinenpark erweitert hat, gab es zuerst Schwierigkeiten beim Anschluss der neuen Maschine. Da half ebenfalls der Elektriker „um die Ecke“ schnell und unkompliziert weiter. „Dass man sich kennt, macht vieles in der Praxis einfacher“, weiß Kleine zu berichten. Vieles könne so einfach auf Zuruf erfolgen, was sonst erst aufwendig geplant werden müsste.
„Vor einigen Jahren hat es hier auch mal den Versuch einer professionellen Kooperation gegeben“, erinnert sich Clemens. Mehrere Handwerksbetriebe aus dem Bereich Bau und Ausbau hatten sich zusammengeschlossen. „Gemeinsame Leistungen aus einer Hand waren das Ziel.“ Doch was zunächst wirklich gut anlief, zerfaserte schließlich wieder. „Das eigene Tagesgeschäft stand bei den meisten dann doch im Vordergrund, sodass das nicht lange funktioniert hat.“
Wie sich die Betriebe untereinander zu Neukunden verhelfen? Das lesen Sie auf der letzten Seite.
Neukunden ohne Werbung
Seitdem bewertet Clemens das Thema Kooperation zurückhaltend und setzt wie seine Handwerkskollegen eher auf die lose Zusammenarbeit. Und dafür gebe es viele Gelegenheiten am Standort. „Wir empfehlen uns auch untereinander weiter“, berichten die Unternehmer außerdem. Das funktioniere in der Praxis meist gut. Immer wieder kommen so auch Neukunden in die Betriebe – und das ganz ohne große Werbung.
Was die Arbeit am Standort ebenfalls erleichtere: Auch mehrere Händler sitzen mit im Gewerbegebiet. Selbst am Sonnabend könne man hier noch Material einkaufen, berichten die Unternehmer. Außerdem profitieren alle drei von der guten Verkehrsanbindung. „Vier Leute kommen mit dem Fahrrad, andere Mitarbeiter fahren mit dem Bus“, sagt Kleine. Wieder andere nutzen den Pkw und finden am Standort genügend Parkplätze. „Als wir noch in der Innenstadt gesessen haben, war das anders“, sagt Malermeister Wolter. „Drei Knöllchen am Tag – das war keine Ausnahme.“
Auch umgekehrt sind die Handwerker von ihren Firmensitzen aus schnell beim Kunden. Die Autobahn ist in der Nähe und auch in die Stadt ist es nicht weit. Wenn man dann noch dazunimmt, dass es vor Ort Einkaufsmöglichkeiten und sogar einen Kindergarten gibt, sehen alle drei Unternehmer keine Alternative zum Standort. Entsprechend bleibt die abschließende Frage nach Negativpunkten unbeantwortet.
(ha)
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