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Einzug ohne Vorwarnung?

Lieferanten missbrauchen SEPA-Lastschrift

Haben Sie schon Post von Ihren Lieferanten erhalten? Es geht um die neuen SEPA-Lastschriften. Wenn Sie nicht aufpassen, sind Sie Ihr Geld schneller los, als Ihnen lieb ist.

Nicht nur neue Kontonummern bringt uns SEPA, sondern auch neue Lastschriftverfahren. Bis spätestens 1. Februar müssen sich auch Ihre Lieferanten darauf einstellen. Dafür haben sie zwei Möglichkeiten:

- Basislastschrift: Der Handwerker erlaubt dem Lieferanten, Zahlungen von seinem Konto einzuziehen.
- Firmenlastschrift: Der Handwerker erlaubt seiner Bank, Lastschriften des Lieferanten einzulösen.

Klingt beides irgendwie ziemlich ähnlich und am Ende ist das Geld ja so oder so weg. Doch es gibt einen Unterschied!

Der Unterschied: Widerrufsrecht nur bei Basislastschrift
Ein Widerrufsrecht hat der Handwerksbetrieb nur bei der Basislastschrift. Widerspricht er einer Abbuchung innerhalb von acht Wochen, dann muss ihm seine Bank das Geld sofort wieder gutschreiben.

Anders sieht die Sache bei der Firmenlastschrift aus: Ist das Geld erst einmal abgebucht, hat der Handwerker kein Widerrufsrecht mehr gegenüber seiner Bank. Dann muss er sich mit seinen Lieferanten auseinandersetzen, wenn er sein Geld zurück will. Allenfalls könnte er die Abbuchung noch im Vorfeld stoppen. Dazu müsste er seine Bank bis zum Fälligkeitstag anweisen, die Lastschrift nicht einzulösen.

Wahlmöglichkeit: Firmenlastschrift ist kein Muss!
Welche dieser beiden Varianten Handwerker und Lieferanten vereinbaren, steht ihnen frei. Dazu gibt es keine gesetzlichen Vorschriften. So heißt es bei der Bundesbank zu dieser Frage nur: „Das Firmenlastschriftverfahren stellt lediglich ein zusätzliches Angebot für Unternehmen dar, um deren Geschäftsabwicklung zu erleichtern.“

So tricksen die Lieferanten
Das Problem: „SEPA wird mittlerweile von vielen Lieferanten missbraucht“, berichtet Henrike Söhland*. Fast jeder Lieferant verlange von ihr eine sogenannte SEPA-Firmenlastschrift. Bisher hatte die Unternehmerfrau mit fast allen Lieferanten Bankeinzug vereinbart, „deshalb war ein Widerspruch möglich“.

Wenn sie jetzt auf Firmenlastschrift umstellen würde, wäre das ein klarer Nachteil für den Betrieb ihres Mannes. Würde ein Lieferant zu viel oder falsch abbuchen, dann müsste sie um ihr Geld kämpfen. Die Bank könnte ihr dann nicht helfen.

Nächste Seite: Abbuchung am Tag der Vorankündigung - ein besonders krasser Fall!

SEPA-Firmenlastschrift? Widerstand ist möglich!

Das müssen Handwerksbetriebe nicht einfach so hinnehmen. „Die meisten Lieferanten haben es erst einmal mit der Firmenlastschrift probiert, aber viele haben auf Anfrage auch die Basislastschrift angeboten“, berichtet Henrike Söhland. Viele, aber nicht alle Lieferanten.

Genau auf die Frist zur Vorankündigung achten!
Um so wichtiger ist es in solchen Fällen, wann der Lieferant die Abbuchung ankündigt. „Wenn ich rechtzeitig vor einer Abbuchung informiert werde, kann ich mich ja noch gegen eine falsche Rechnung wehren.“

Und hier taucht das zweite Problem auf: Gläubiger sind zwar zu einer Vorankündigung 14 Tage vor der Abbuchung verpflichtet. Doch Unternehmen können untereinander kürzere Fristen vereinbaren. Auch das nutzen Lieferanten aus, berichtet Söhland.

Vorankündigungsfrist? Null Tage!
Besonders ärgert sie ein Fall: Im Vordruck des Lieferanten heißt es da, die Vorankündigung erfolge entweder mit Rechnung oder aber am Tag der Abbuchung - durch Zugang eines Avis,also durch eine Warenankündigung oder eine Zahlungsankündigung

Mit anderen Worten: Schickt der Lieferant eine E-Mail, dass die Lieferung auf dem Weg ist, dann könnte er am gleichen Tag abbuchen. Und wenn Henrike Söhland die E-Mail zufällig an diesem Tag übersieht oder nicht im Büro ist? Dann kann sie die Abbuchung nicht mehr stoppen und hat auch kein Widerrufsrecht. Sie kann zwar das Geld vom Lieferanten zurückfordern. Doch wie lange das dauert und wie es ausgeht, ist ungewiss.

Vordrucke kann man ändern!
Darüber lässt dieser Lieferant auch nicht mit sich verhandeln. Änderungen am Formschreiben? Das sei nicht möglich, habe man ihr gesagt, es sei immerhin ein Mustertext der Bundesbank.

Dabei kann man diese Mustertexte durchaus ändern. Der Lieferant hat es in diesem Fall ja auch getan. Denn ein Blick auf die Website der Bundesbank zu SEPA zeigt: Dort gibt es zwar einen Mustertext für die Firmenlastschrift. Eine Vorankündigung „durch den Zugang des Avises am Tag der Abbuchung“ ist darin aber nicht zu finden. Die hat der Lieferant in diesem Fall wohl selbst eingefügt.

„Andere Lieferanten lassen mit sich reden, da kann man den Text schon mal anpassen“, berichtet Söhland. „Nur dieser eine, der stellt sich stur.“

Wie sind Ihre Erfahrungen?
Wie verhalten sich Ihre Lieferanten: Verlangen sie Firmenlastschrift oder Basislastschrift? Sind die Lieferanten da flexibel? Verkürzen sie die Vorankündigungsfrist? Wie freuen uns auf Ihre Kommentare!

*Name geändert

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(jw)

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