Man nehme ein Klischee, verkehre es ins Gegenteil und fertig ist die Imagekampagne. Das polnische Tourismusbüro hat mit diesem Rezept Frankreichs Damenwelt den Sommer versüßt. Klempnermontur, die Hände voller Werkzeug, ein Träger der Arbeitskluft lässig von der muskulösen Schulter gestreift zwischen Paris und Marseille zeigen Plakatwände das Fotomodel Pjotr Adamski. Der attraktive Pole sieht in die Kamera und sagt: Ich bleibe in Polen. Um dann hinzuzufügen: Kommt in Scharen.
Zum Erfolg ihrer Aktion können sich die polnischen Öffentlichkeitsarbeiter gratulieren. Der sexy Klempner (Kölner Stadtanzeiger) fand sogar Erwähnung in der New York Times.
Dieser humorvolle Umgang mit den Problemen rund um Dumping-Löhne und Angst vor Arbeitsplatzverlust ist jetzt mit einer ernsthaften Studie garniert worden. Darin fragt die Organisation European Citizen Action Service: Wer hat Angst vor der EU-Erweiterung? Die Belastung durch Billig-Arbeiter aus den neuen EU-Ländern sei nicht nennenswert, meinen die Autoren. Belege für diese Aussage sehen sie in England.
Keine Aussage über Niedriglöhne
Dort sei die Zahl der Zuwanderer relativ hoch. Polnische und Tschechische Elektriker, Stukkateure, Maurer und Tischler hätten aber nicht die Arbeitslosigkeit verschlimmert, sondern einen Mangel an Arbeitern ausgeglichen und für 500 Millionen Pfund an zusätzlicher Wirtschaftsleistung gesorgt. Laut ECAS sind die Schwierigkeiten mit Zuwanderung und Schwarzarbeit in den Ländern am größten, die ihren Arbeitsmarkt mit Beschränkungen schützen so wie Frankreich und Deutschland.
Über die Qualität der Arbeit, die Zuwanderer in England übernehmen, sagt die Studie nichts. Auch nichts darüber, wie billig sich Arbeiter im neuen Land verkaufen müssen. Und mit welchen Tricks offizielle Stundenlöhne gedrückt werden. Will die ECAS Probleme kleinreden? Auf die Konkurrenz durch osteuropäische Billig-Anbieter und Billig-Arbeiter, mit der sich Fliesenleger hierzulande arrangieren müssen, gehen die Autoren jedenfalls nicht ein.
Ausgleich durch Aufträge in Polen
In der französischen Bevölkerung ist der polnische Klempner das Synonym für die Angst vor Dumpinglöhnen. Ob sich deutsche Frauen jetzt auf Plakate mit attraktiven Fliesenlegern freuen dürfen? Die Kampagne ist witzig und gut gemacht, aber an den Arbeitsmarktproblemen in Deutschland würde eine deutsche Version nichts ändern", sagt Joachim Thannhäuser, Leiter der Wirtschaftsabteilung des polnischen Generalkonsulats in Hamburg.
Da deutsche Betriebe mit hohen Kosten kämpfen würden, hätten Handwerker von außen ganz andere Möglichkeiten bei der Gestaltung ihrer Angebote natürlich sorge das für Unmut.
Thannhäuser geht die deutschen Auftrags- und Arbeitsmarktprobleme durch die Konkurrenz aus Polen pragmatisch an. Er plant ein Projekt, das Aufträge polnischer Bauherren an deutsche Handwerksbetriebe vemitteln soll. Reichere Polen würden oft verzweifelt nach Handwerkern suchen, die eine Garantie auf hochpreisige Arbeiten geben. Wenn ein deutscher Betrieb sein Know-how und seine Erfahrung mit echtem Service in Polen einbringt, hat er schon gewonnen.
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