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Steuern

Wie verlässlich sind GoBD-Zertifikate für Software?

Manche Software-Hersteller werben mit einem GoBD-Zertifikat. Auf der sicheren Seite sind Handwerker bei einer Betriebsprüfung damit aber nicht – darum müssen sie sich selbst kümmern.

Auf einen Blick:

  • Ein GoBD-Zertifikat für eine Software soll signalisieren, dass das Programm den Grundsätzen der ordnungsgemäßen digitalen Buchführung entspricht und Betriebe so Probleme bei der Betriebsprüfung vermeiden können.
  • Die Realität sieht anders aus: Die Zertifikate sind für Betriebsprüfer nicht bindend.
  • Betriebe sollten sich aus Haftungsgründen dennoch vom Hersteller die GoBD-Konformität der Software bestätigen lassen.
  • Das Risiko von Steuerschätzungen und -nachzahlungen können sie auf andere Weise senken: Durch Verfahrensdokumentationen und Selbstkontrollen.

Was bringt ein GoBD-Zertifikat in der Praxis, wenn ein Prüfer Mängel feststellt? Die Antwort kennt Martina B: „Nichts, das Zertifikat hat den Betriebsprüfer nicht interessiert“, berichtet die Handwerksmeisterin. Dabei hatte der Anbieter ihrer Branchensoftware genau damit geworben: Die Software entspreche den Grundsätzen der ordnungsgemäßen digitalen Buchführung und schütze vor Problemen bei der Betriebsprüfung. Darauf hatte sich Martina B. verlassen – bis ihr ein Betriebsprüfer die Mängel der Software zeigte. Die Folge: eine Steuerschätzung. „Genau davor wollte ich mich mit dieser zertifizierten Software schützen“, sagt B. Besonders ärgerlich sei es, dass es auch keine echte Alternative zu ihrer Branchensoftware gebe, sie also auf den Hersteller angewiesen ist. Schon deswegen bleibt B. lieber anonym, "sonst lässt der mich am ausgestreckten Arm verhungern." Dennoch wüsste die Handwerksmeisterin gerne, „ob es überhaupt Anbieter mit GoBD-Zertifikaten gibt, auf die man sich verlassen kann“.

Diese Frage stellen sich immer mehr Betriebsinhaber, seitdem die Finanzämter zunehmend konsequenter die Einhaltung der GoBD prüfen und regelmäßig Software-Fehler bemängeln. Zum Beispiel, wenn Daten nachträglich veränderbar sind, wenn sich Dokumente löschen lassen oder wenn Protokolldateien fehlen.

Ein GoBD-Zertifikat ist keine Garantie

Wie verlässlich GoBD-Zertifikate für Software sind, haben wir den Steuerberater und GoBD-Experten Michael de Beer von der Kanzlei Gehrke Econ gefragt. Seine Antwort ist ernüchternd: „GoBD-Zertifikate werden nicht von der Finanzverwaltung vergeben. Daher sind Betriebsprüfer auch nicht an diese Zertifikate gebunden.“

Das steht im Prinzip auch so in den GoBD selbst: Es gebe von der Finanzverwaltung „keine allgemein gültigen Aussagen“ zur GoBD-Konformität von Hard- oder Software und keine „Positivtestate“, heißt es dort.

Wer vergibt die Zertifikate?

Angesichts der begrenzten Aussagekraft hat ein GoBD-Zertifikat aus de Beers Sicht vor allem zwei Aufgaben. „Der Hersteller will sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und sich zugleich selber absichern.“ Deswegen beauftragen Software-Hersteller einen unabhängigen Dritten damit, die Software zu überprüfen, ob sie bestimmte, vorher definierte Anforderungen erfüllt.

„Die Zertifizierung nehmen neben anderen oft auch Wirtschaftsprüfer oder auf IT spezialisierte Beratungsunternehmen vor“, berichtet Michael de Beer.

Was deckt ein Zertifikat ab?

Hinzu kommt, dass die Zertifizierung nicht leicht ist: „Die GoBD sind sehr umfangreich und detailliert und was sie in der Umsetzung bedeuten, ist nicht in allen Bereichen direkt aus dem Text herauszulesen“, berichtet de Beer.

Das erschwert es den Software-Herstellern als Auftraggeber, die Anforderungen an die Zertifizierung konkret und gleichzeitig GoBD-konform zu bestimmen. Daher enthielten die Prüfaufträge gelegentlich Einschränkungen, um diese Risiken zu vermeiden, berichtet der Steuerberater. „Somit könnte es am Markt schon die eine oder andere GoBD-zertifizierte Software geben, für die nur eine Auswahl an GoBD-Kriterien überprüft wurden und deren Zertifikat deswegen nur einen geringeren Aussagewert hat.“

Je umfangreicher die Anforderungen, „desto höherwertiger ist das Zertifikat“, erläutert de Beer. Maßgeblich sind dabei die GoBD im Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 14. November 2014 „Im Idealfall sollte ein Anbieter genau deren Einhaltung garantieren, aber es ist fraglich, ob sich Zertifizierer so weit aus dem Fenster lehnen“, sagt der Steuerberater.

Wann haftet der Software-Hersteller?

Dennoch sollten Handwerker auf einer Zusage des Herstellers bestehen, dass seine Software GoBD-konform ist – ob mit oder ohne Zertifikat. Eine Garantie sei das zwar nicht, dass Betriebsprüfer keine Verstöße finden, sagt de Beer. „Aber dann wäre rechtlich zu prüfen, ob zumindest ein Haftungsanspruch gegenüber dem Anbieter besteht.“

Das setze allerdings voraus, dass der Schaden nachweisbar aus einem Mangel an der Software resultiert. „Es kommt auch vor, dass die Anwender selbst ihre Software nicht richtig nutzen und GoBD-relevante Einstellungen ignorieren oder nicht aktivieren lassen. Dafür können sie nicht den Hersteller haftbar machen."

Haftbar wäre der Anbieter bei echten Software-Mängeln für den daraus entstandenen Schaden. Als Schaden würden alle in diesem Zusammenhang anfallenden Aufwendungen gelten, also zum Beispiel Nachzahlungszinsen und Steuerberatungskosten. Steuernachzahlungen, die aufgrund eines materiellen Fehlers entstanden sind, seien jedoch kein Schaden. „Die Steuerdifferenz wäre bei einer mangelfreien Software ja auch fällig geworden, nur früher und nicht erst in der Betriebsprüfung“, erklärt de Beer.

Selbst wenn der Betriebsprüfer nach Ansicht des Handwerkers zu hoch schätzt, dürfte eine Schadenersatzforderung gegenüber dem Softwarehersteller schwer durchzusetzen sein. „Dann müsste ich beweisen können, dass der Prüfer zu hoch geschätzt hat. Wenn ich solche Beweise hätte, dann würde schon der Betriebsprüfer von sich aus seine Schätzung anpassen.“

Wann droht die Hinzuschätzung bei GoBD-Verstößen der Software?

Ganz so einfach ist eine Hinzuschätzung für einen Betriebsprüfer aber auch dann nicht, wenn die Software nachweislich gegen die GoBD verstößt. „Da werden nicht einfach pauschal 10 Prozent draufgeschlagen“, sagt Steuerberater Michael de Beer.

Vielmehr muss die Finanzverwaltung die Höhe der Hinzuschätzung sachlich begründen. Dazu kann sie auf verschiedene Schätzverfahren zurückgreifen, betriebliche und private Einnahmen und Ausgaben vergleichen und Richtsätze zum Vergleich heranziehen. „Aber wenn dennoch alles passt, dann kann die Hinzuschätzung auch null Euro betragen“, berichtet der Experte.

Wie können sich Handwerker absichern?

Absolut sicher könne kein Betriebsinhaber sein, dass seine Software und seine Prozesse GoBD-konform sind, betont de Beer. Handwerker könnten jedoch einiges dafür tun, um die Betriebsprüfer von ihren Bemühungen um Steuerehrlichkeit zu überzeugen:

  • Prüfen Sie, ob Ihre Software den GoBD entspricht. Falls das nicht der Fall ist und keine Alternative zur Verfügung steht, dann überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Steuerberater, ob Sie die Anforderungen anders zumindest annähernd erfüllen können.
  • Verfahrensdokumentation: Beschreiben Sie alle steuerrelevanten Abläufe und Zuständigkeiten und nehmen Sie regelmäßig Änderungen auf.
  • Kontrollen: Prüfen Sie regelmäßig, ob sich Ihr Team an diese Abläufe und Zuständigkeiten hält und dokumentieren Sie diese Kontrollen. Zudem sollten Sie Ihren Steuerberater stichprobenartig Kontrollen durchführen lassen und auch diese dokumentieren.

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