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Druckvolles Drohmittel

Diese Leistungen können Handwerker zurückfordern

Ein Kunde zahlt nicht, voller Wut fordert der Handwerker sein Material zurück. Im handwerk.com-Interview veranschaulicht ZDB-Rechtsexperte Philipp Mesenburg, was ein Betrieb tatsächlich wieder ausbauen kann – und zwar legal.

Auf einen Blick:

  • Dinge, die fest mit dem Gebäude verbunden werden, gehen in das Eigentum des Gebäudebesitzers über. Das gilt auch für Produkte, die die Kunden beim Handwerker noch nicht bezahlt haben.
  • Während Tischler im Streitfall die Einbaumöbel beim Kunden wieder ausbauen können, haben es Betriebe aus dem Bauhauptgewerbe schwieriger ihre Ansprüche durchzusetzen.
  • Wesentliche Bestandteile können Handwerker nicht einfach wieder ausbauen. Das gilt zum Beispiel für Wärmedämm-Verbundsysteme, Dachstühle und für Ölbrenner im Heizungskeller.
  • Wer ein Produkt beim Kunden wieder ausbauen möchte, braucht dafür bestenfalls die Zustimmung des Kunden. Ansonsten geht das auch per Gerichtsbeschluss.
  • Handwerker, die fürchten, auf ihren Kosten sitzen zu bleiben, können aber auch die Bauhandwerkersicherung als Druckmittel nutzen.

<strong>Wem gehören eingebaute Produkte?</strong>

Herr Mesenburg: Ein Handwerker baut ein Produkt bei einem Kunden ein – wem gehört der Gegenstand dann?

Mesenburg: Das kommt ganz auf den Gegenstand an. Die Grundregel in § 946 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist der Anker des Ganzen. Dort steht: "Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück dergestalt verbunden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigentum an dem Grundstück auf diese Sache."

Da drängt sich die Frage nach dem Warum auf.

Der Gesetzgeber will vermeiden, dass gerade bei Gebäuden unterschiedliche Sondereigentumsrechte bestehen. Deshalb gehen die Dinge, die fest mit dem Gebäude verbunden werden, in das Eigentum des Gebäudebesitzers über.

Wesentlicher Bestandteil des Grundstücks: Was ist das?

Können Sie einem juristischen Laien den Terminus "wesentlicher Bestandteil" erklären?

Ein Beispiel: Ein Tischler baut in einer Wohnung Einbaumöbel ein. Die könnte er ja wieder ausbauen, und an anderer Stelle aufstellen. Die Einbaumöbel sind also kein wesentlicher Bestandteil. Da sind Tischler-Betriebe gegenüber Betrieben des Bauhauptgewerbes im Vorteil, weil sie Möbel einbauen, die häufig nicht in das Eigentum des Gebäudebesitzers übergehen.

Greift in diesem Fall dann der Hinweis auf den "Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Zahlung" in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen?

Ja, das ist ein vorsorgliches Sicherungsmittel, um auch den letzten Zweifel über den § 946 BGB zu zerstreuen. Der Betrieb, der gemahnt und gemahnt hat, kann dann zum Eigentümer gehen und sagen: "Hör zu, mir reicht's, ich habe auch keine Lust, Dich zu verklagen. Ich nehme die Möbel jetzt wieder mit."

Die Möbel sind dann nicht mehr neuwertig.

Man könnte sich dann über einen zusätzlichen Nutzungsersatz unterhalten. Aber es geht vielmehr darum, wie wirksam das Drohmittel ist. Und es dürfte wirksam sein, wenn sie einem Kunden sagen, dass sie morgen vorbeikommen und die Möbel ausbauen.

Viele Betriebe des Bauhauptgewerbes haben diese Möglichkeit nicht, sie verbauen nun einmal wesentliche Bestandteile.

Richtig, die meisten Betriebe können ihre Leistungen nicht einfach abbauen. Beispielweise der Stuckateur, der ein Wärmedämm-Verbundsystem an eine Fassade anbringt. Oder der Zimmerer, der einen Dachstuhl baut. Da geht das Eigentum nach § 946 auf den Gebäudeeigentümer über. Und das können sie auch nicht schuldrechtlich verhindern, indem sie einen Eigentumsvorbehalt in ihren Vertrag hineinschreiben.

Grenzfälle und Streitigkeiten

Dennoch dürfte die Definition des Wortes "wesentlich" nicht immer eindeutig sein.

Es gibt Grenzfälle. Nehmen wir einmal an, sie haben an der Außenfassade eine nachträglich angebaute Metallkonstruktion für Balkone, die im Mauerwerk verschraubt ist. Der Handwerker sagt: "Das baue ich Dir wieder ab, da geht nichts kaputt, die Löcher spachtele ich zu, kein Problem." Und der Kunde entgegnet: "Bist Du verrückt, das ist fest verankert und so was von verbunden. Davon lässt Du die Finger."

Kommen solche Streitfälle häufig vor?

Nein, was im Rohbau passiert, hat in der Regel eine klare Verbindung und geht damit auch in das Eigentum des Besitzers über. Wenn der Maurer seinen Mörtel an die Wand gebracht hat, ist er sein Eigentum los. Ein Gegenbeispiel ergab sich im Zuge der Pleite der Walter Bau AG. Damals haben Nachunternehmer die Bestuhlung des Berliner Olympiastadions wieder ausgebaut, weil der Generalunternehmer, mit dem sie einen Vertrag hatten, nicht bezahlt hatte.

Warum Ölbrenner nicht wieder ausgebaut werden dürfen

Und was ist mit dem Ölbrenner im Heizungskeller? Den könnte ein SHK-Handwerker doch leicht wieder ausbauen?

Das ist richtig. Trotzdem darf er das nach der Rechtsprechung nicht. Die stellt auf die heutigen technischen Verhältnisse und Lebensgewohnheiten bezüglich der Ausstattung von Gebäuden ab. Auf dieser Grundlage hat sie entschieden, dass ein Heizkessel bereits dann wesentlicher Bestandteil des Gebäudes wird und damit in das Eigentum des Gebäudebesitzers übergeht, wenn er – ohne angeschlossen zu sein – im Rohbau auf den Platz verbracht worden ist, der nach den baulichen Voraussetzungen für ihn vorgesehen ist.

Oft sind die Lohnkosten ohnehin gravierender als die Materialkosten.

In vielen Fällen ist das so, aber denken Sie an die hochwertigen Einbaumöbel vom Anfang unseres Gesprächs. Wenn die 10.000 Euro kosten, können sie da schon einmal einen Monteur für zwei Stunden hinschicken.

Gerichtsbeschluss und Bauhandwerkersicherung als Option

Ein Handwerker kann ja nicht einfach in das nächste Haus gehen und seine Leistung wieder ausbauen. Wie läuft so etwas konkret ab?

Der einfachste Fall ist natürlich der, in dem sich der Handwerker mit dem Auftraggeber einigt. Wenn der Ihnen aber den Zugang verwehrt, wird dem Betrieb nichts anderes übrig bleiben, als gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dann muss er ankündigen, dass er mit einem Gerichtsbeschluss wiederkommt und die Möbel wieder ausbaut.

Welche Instrumente bleiben den Betrieben, die ahnen oder befürchten, dass sie ihr Eigentum nach dem Einbau verlieren?

Erstens ist die Abschlagszahlung nach Baufortschritt ein wesentliches Druckmittel: "Wenn Du nicht zahlst, arbeite ich nicht weiter." Und die so genannte Bauhandwerkersicherung nach § 648a BGB federt das Risiko ab, dass der Auftraggeber kurz vor der Schlussrechnung Insolvenz anmeldet.

Aber wenn ein Fliesenspiegel für das Gäste-WC nur 2500 Euro kostet, ist der Handwerker in den meisten Fällen in der Vorleistungspflicht.

Ja, das ist problematisch, weil ein Betrieb dann sehr wahrscheinlich keine Sicherungsmittel in Anspruch nimmt. Wenn die Müllers tatsächlich zahlungsunfähig sind, werde ich wahrscheinlich in die Röhre gucken. Dann habe ich einen verhältnismäßig kleinen Schaden – aber einen Schaden. Den Fliesenspiegel darf ich jedenfalls nicht wieder abschlagen.

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