Grundbedingung für Kettenschenkungen: Der Beschenkte muss über das Geschenk frei verfügen und selbst entscheiden können, ob er es an jemand anderen weiterschenkt.
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Grundbedingung für Kettenschenkungen: Der Beschenkte muss über das Geschenk frei verfügen und selbst entscheiden können, ob er es an jemand anderen weiterschenkt.

Inhaltsverzeichnis

Steuern

Erbschaftsteuer: So funktioniert die Kettenschenkung

Sie wollen Enkeln oder Schwiegerkindern einen Teil Ihres Vermögens steuerfrei vermachen? Mit einer Kettenschenkung erhöhen Sie den Freibetrag – und das ganz legal.

Auf einen Blick:

  • „Kettenschenkung“ bedeutet: Sie wollen zum Beispiel Ihrem Enkel etwas schenken, doch um Schenkungsteuer zu sparen, geht Ihr Geschenk erst an die Mutter, die es an das Kind weiter verschenkt.
  • Sinnvoll sind Kettenschenkungen, wenn der Wert des Geschenks den Steuerfreibetrag des Zweitbeschenkten übersteigt. Das ist zwar gängige Praxis, doch eine Regel müssen Sie dabei beachten: Sie dürfen dem Erstbeschenkten keine Vorschriften machen.
  • Und Sie sollten sich beraten lassen. Vor allem für die Schenkung von Betriebsvermögen gibt es steuerfreie Alternativen.

„Kettenschenkung“ – klingt das nicht irgendwie illegal, ein bisschen nach Steuerhinterziehung? Machen Sie sich keine Sorgen: Kettenschenkungen sind steuerlich erlaubt und die Hürden liegen dabei nicht so hoch, wie es sich der eine oder andere Finanzbeamte wünschen würde. Dafür hat der Bundesfinanzhof in den letzten Jahren mit mehreren Urteilen gesorgt.

Für wen sind Kettenschenkungen sinnvoll?

Eine Schenkung dient häufig vor allem einem Zweck: Erbschaftsteuer zu sparen. Dafür gibt es Steuerfreibeträge, welche die Beschenkten nach § 16 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) in Anspruch nehmen können: So haben Ehegatten und Lebenspartner einen Freibetrag von 500.000 Euro, bei Kindern sind es 400.000 Euro, bei Enkeln in der Regel noch 200.000 Euro und bei Schwiegerkindern 20.000 Euro.

Geht es um Vermögen oberhalb dieser Grenzen, kommt die Kettenschenkung ins Spiel: Indem zum Beispiel die Eltern dem eigenen Kind das Vermögen schenken und das Kind das Vermögen ganz oder teilweise an seinen Partner oder sein Kind direkt weiterverschenkt.

Dadurch ergeben sich für die Beschenkten höhere Freibeträge. Im besten Fall wird keine Schenkungsteuer fällig.

Beispiel: 200.000 Euro für den Schwiegersohn

Ein Ehepaar will seiner Tochter und deren Ehemann jeweils 200.000 Euro schenken.

  • Ohne Kettenschenkung: Die Schenkung an die Tochter ist steuerfrei, da sie unter dem Freibetrag liegt. Ihr Ehemann hingegen hat als Schwiegerkind nur einen Freibetrag von 20.000 Euro und müsste 20 Prozent Schenkungssteuer auf die übrigen 180.000 Euro zahlen – also 36.000 Euro.
  • Mit Kettenschenkung: Das Ehepaar schenkt der Tochter die gesamten 400.000 Euro. Die sind steuerfrei, da der Freibetrag für Kinder 400.000 Euro beträgt. Die Tochter schenkt nun im nächsten Schritt ihrem Ehemann 200.000 Euro. Nun ist auch diese Schenkung steuerfrei, da der Freibetrag zwischen Ehegatten 500.000 Euro beträgt.

Beispiel: 700.000 Euro für das Kind

Ein Ehepaar will seinem Sohn 700.000 Euro schenken. Allerdings gehört das Geld in diesem Beispiel rein rechtlich allein der Ehefrau.

  • Ohne Kettenschenkung: Die Frau schenkt die 700.000 Euro dem Sohn direkt. Die Schenkung ist nicht steuerfrei, da sie über dem Steuerfreibetrag von 400.000 Euro für die eigenen Kinder liegt. Der Sohn müsste auf die Differenz von 300.000 Euro 15 Prozent Schenkungssteuer zahlen: 45.000 Euro.
  • Mit Kettenschenkung: Stattdessen schenkt die Frau ihrem Sohn 400.000 Euro direkt. Ihrem Mann schenkt sie 300.000 Euro, und er schenkt diesen Betrag an den Sohn weiter. Damit hat der Sohn am Ende die 700.000 Euro – und alle drei Schenkungen auf dem Weg dahin sind steuerfrei.

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Was ist bei einer Kettenschenkung steuerlich zu beachten?

Mehrere Entscheidungen des Bundesfinanzhofs machen deutlich, was Sie bei einer Kettenschenkung beachten müssen: Der Schenker darf den Beschenkten weder mündlich noch schriftlich dazu verpflichten, das Geschenk an jemand anderen weiterzugeben. Der Beschenkte muss über das Geschenk frei verfügen können und darf nicht durch wirtschaftliche oder andere Umstände zur Weitergabe gezwungen sein. (BFH, Urteil vom 30. November 2011, Az. II B 60/11 und Urteil vom 18. Juli 2013, Az. II R 45/11). Diese „Dispositionsbefugnis“ müsse sich „eindeutig aus dem Vertrag oder den Umständen ergeben“. Beschluss vom 28. Juli 2022, Az. II B 37/21)

Beispiel: Sie wollen Ihrem Schwiegersohn ein Grundstück schenken – per Kettenschenkung, um den Steuerfreibetrag zu nutzen. Daher schenken Sie das Grundstück zunächst Ihrer Tochter. In der notariellen Schenkungsvereinbarung dürfen Sie keinen Passus aufnehmen, der Ihre Tochter zur Schenkung dieses Grundstücks an ihren Ehemann zwingt. Ihre Tochter muss mit dem Geschenk machen dürfen, was sie will. Nur dann kann sie das Grundstück steuerfrei dem Ehemann schenken. Damit bleibt allerdings das Risiko, dass die Beschenkte das Grundstück am Ende vielleicht lieber selbst behält. Dagegen können Sie sich nicht absichern – es sei denn, Sie verzichten auf den Steuervorteil.

Brauchen Sie zwei gesonderte notarielle Vereinbarungen?

In einem der BFH-Urteile (Urteil vom 18. Juli 2013, Az. II R 45/11) schenkten die Eltern ihrem Sohn ein Grundstück, das der Sohn anschließend zur Hälfte seiner Ehefrau schenkte. Beide Schenkungsverträge wurden am selben Tag getrennt voneinander notariell beurkundet. Das Finanzamt verlangte daraufhin von der Frau Schenkungssteuer. Der BFH widersprach, da die Schenkungsurkunde zwischen Eltern und Sohn keine Verpflichtung zur Weitergabe an den Sohn enthielt.

In einem ähnlichen Fall ist der BFH jüngst noch einen Schritt weitergegangen: Ein Vater hatte seiner Tochter ein Grundstück geschenkt, das sie zur Hälfte ihrem Gatten schenkte. Die Besonderheit: Beide Schenkungen hatte die Familie in einem einzigen notariell beurkundeten Vertrag vereinbart. Der BFH erklärte auch diese Kettenschenkung für zulässig. Dass die Schenkung in einem einzigen Vertrag abgewickelt wurde, schränke die „Dispositionsfreiheit“ der beschenkten Tochter nicht automatisch ein. Dem Wortlaut des Vertrags sei nicht zu entnehmen, dass die Tochter in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt gewesen sei. (Beschluss vom 28. Juli 2022, Az. II B 37/21)

Tipp: Sprechen Sie vor einer Kettenschenkung mit einem Steuerberater und einem Notar. „Die BFH-Entscheidungen schaffen zwar Spielraum für Kettenschenkungen. Aber sie machen auch deutlich, dass es sich immer um Einzelfallentscheidungen handelt und das Gericht strenge Maßstäbe anlegt“, sagt Steuerberater Peter Stieve von der Kanzlei Gensch, Korth & Coll. in Hannover. Grundsätzlich gehe der BFH bei zeitgleichen Vereinbarungen davon aus, „dass der zuerst Beschenkte eine Entscheidungsfreiheit hat  – und diese Freiheit darf nicht durch irgendwelche Vertragsformulierungen eingeschränkt werden“, betont Stieve.

Was gilt für Betriebsübergaben?

Die BFH-Entscheidungen zur Kettenschenkung drehen sich um Immobilien. Grundsätzlich seien Kettenschenkungen aber auch für die Schenkung von Geld und Betriebsvermögen zulässig, sagt Stieve. Bei der Übertragung eines Betriebs sei allerdings viel mehr zu beachten und abzuwägen. „Da muss man im Einzelfall unbedingt prüfen, ob die Kettenschenkung der bessere Weg ist oder zum Beispiel die steuerfreie Schenkung nach § 13a ErbStG.“

Denn das Erbschaftsteuergesetz erlaubt es Betriebsinhabern, 85 bis 100 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei zu übertragen, wenn sie sich dabei an folgende Regeln halten:

  • 0 bis 5 Mitarbeiter: Betriebe dieser Größe sind generell von der Schenkungssteuer befreit.
  • 6 bis 10 Mitarbeiter: Steuerbefreit ist die Schenkung zu 85 Prozent, wenn der Übernehmer den Betrieb fünf Jahre fortführt und in dieser Zeit eine Mindestlohnsumme von 250 Prozent erreicht. (500 Prozent für die 100-prozentige Befreiung)
  • 11 bis 15 Mitarbeiter: In dieser Größe müssen Betriebe innerhalb von fünf Jahren eine Mindestlohnsumme von 300 Prozent erreichen. (565 Prozent für die 100-prozentige Befreiung)
  • Mehr als 15 Mitarbeiter: Die Mindestlohnsumme für die 85-prozentige Befreiung liegt bei 400 Prozent. (700 Prozent für die 100-prozentige Befreiung)

 „Freibeträge oder die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Schenker und Beschenkten spielen dann keine so große Rolle“, sagt Stieve.

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