So modern kann Leichtbau aussehen: Im Bürowürfel Sedus Cube ist das Leichtbaumaterial Lisocore verbaut. 
Foto: Sedus
So modern kann Leichtbau aussehen: Im Bürowürfel Sedus Cube ist das Leichtbaumaterial Lisocore verbaut. 

Holzhelden

Möbelbau leichter gemacht

Stabil muss nicht schwer sein. Der Leichtbau hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Für jeden Anwendungsfall gibt es die passende Lösung. 

  • Die Zahl der Leichtbaumaterialien wächst. Sie bilden eine Alternative zu schweren Materialien wie  OSB-, Span- oder Birken-Sperrholzplatten.
  • Im Verein Interessengemeinschaft Leichtbau (Igel) e.V.  haben sich die Leichtbauanhänger aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden vernetzt, um die Idee der Leichtbauweise zu verbreiten. 
  • Moderne Leichtbauwerkstoffe böten laut Igel mit ihren Hohlräumen praktische Möglichkeiten, die eine massivere Bauweise nicht so einfach bietet. Ein Beispiel: die Installation verdeckt liegender Kabel. 
  • Wer sich selbst ein Bild von aktuellen Leichtbaumaterialien machen will, der kann beim Verein Musterkoffer bestellen. 

So vielfältig wie der Möbel- und Innenausbau selbst ist, sind auch die Materialien aus denen kreatives Holzhandwerk entstehen kann. Innerhalb der Werkstoffarten auf Basis von Vollholz, Furnier, Span, Fasern oder Verbundstoffen wächst auch die Auswahl an jenen Vertretern, die eine besondere Eigenschaft miteinander teilen: ein auffallend geringes Gewicht.

Was können moderne Leichtbauwerkstoffe im Möbel- und Innenausbau bereits – und wie werden sich die Materialien in Zukunft entwickeln? Die Antworten kennt Peter Kettler, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Leichtbau (Igel) e.V. In dem Verein haben sich die Leichtbauanhänger aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden vernetzt, um die Idee der Leichtbauweise zu verbreiten. Die Interessengemeinschaft bündelt Wissen zu den aktuell verfügbaren Leichtbauwerkstoffen und deren Verarbeitung für Anwender, auch um mit alten Vorurteilen aufzuräumen.

Ausgangslage: Wo beginnt Leichtbau?

Ab wann zählt ein Werkstoff überhaupt zum Leichtbau? Der Igel e.V. spricht von Leichtbau, sobald ein Werkstoff eine Rohdichte von maximal 500 Kilogramm pro Kubikmeter hat. Das wäre laut Informationen der Interessengemeinschaft 20 bis 25 Prozent leichter als herkömmliche OSB-, Span- oder Birken-Sperrholzplatten. Damit zählt beispielsweise auch die robuste Tischlerplatte mit ihren typischerweise nadelhölzernen Stäben zwischen zwei Furnierschichten zu den Leichtbauwerkstoffen. „Wer mal einen Kleiderschrank aus Spanplatten und dann einen aus Tischlerplatten bewegt hat, wird den großen Gewichtsunterschied festgestellt haben“, sagt Kettler.

Leichte Tischlerplatte: Diese Stab-Light kommt mit einer keilgezinkten Mittellage aus leichten Holzarten wie Albasia auf eine Rohdichte von 320 Kilogramm pro Kubikmeter. 
Foto: SWL Tischlerplatten Betriebs-GmbH
Leichte Tischlerplatte: Diese Stab-Light kommt mit einer keilgezinkten Mittellage aus leichten Holzarten wie Albasia auf eine Rohdichte von 320 Kilogramm pro Kubikmeter. 

Nicht untypisch für Leichtbaumaterialien: Die Tischlerplatte ist teurer als eine gewöhnliche Spanplatte. „Dafür überdauert ein Möbelstück aus diesem Material aber auch locker eine Generation“, sagt Peter Kettler. Durch die Wahl unterschiedlicher Holzwerkstoffe von Nadel- bis Balsaholz für die Mittellage, lässt sich die Platte sogar in Gewichtsbereiche unter 350 Kilogramm pro Kubikmeter drücken. Unterhalb dieses Grenzwertes beginnt laut Igel schon die nächste Ebene des Leichtbaus: die der Extra-Leichtbauwerkstoffe. Noch leichter wird es bei den Ultra-Leichtbauwerkstoffen, die bei einer Rohdichte unterhalb 200 Kilogramm pro Kubikmeter liegen.

Anwendungsbeispiele: Das kann Leichtbau

Während Leichtbau im nichtmobilen Innenausbau eher optional ist, ist er in einer anderen Nutzungsart unverzichtbar: den Wohnmobilausbauten. „In der Caravanbranche gilt alles im Bereich 350 Kilogramm pro Kubikmeter schon als schwer. Hier orientiert man sich eher Richtung Ultra-Leichtbau“, sagt Peter Kettler. Der Wohnmobilausbau zeige zudem, dass die modernen Anforderungen an Leichtbauwerkstoffe nicht bei den reinen Gewichtseigenschaften enden. „Die Materialien müssen dynamischen Lasten standhalten“, erklärt der Leichtbauverfechter, „oft verleihen die Einbauten erst die Stabilität im Caravan: Die Möbel übernehmen die Aussteifung.“

Moderne Leichtbauwerkstoffe, die solchen und anderen Anforderungen gerecht werden, bestehen laut Igel häufig aus Sandwichelementen mit Hohlräumen im Inneren. Sie eröffnen auf den zweiten Blick praktische Möglichkeiten, die eine massivere Bauweise nicht so einfach bietet. „Ich kann zum Beispiel Kabel darin verlegen und die Werkstoffe so zur Integration von Beleuchtung, Sensorik und anderer Technologie nutzen“, sagt Kettler.

Nützliche Anwendungsbeispiele sieht der Igel-Geschäftsführer zudem überall dort, wo Möbel bewegt werden sollen. Etwa wenn bei Tagungen in Hotels Tische in die Mehrzweck-Säle geschafft werden müssen. „Wenn ein Tisch so leicht gebaut ist, dass er von einem einzigen Mitarbeiter bewegt werden kann, spart das unheimlich Zeit beim Umbau.“ Und in Großraumbüros würden laut dem Igel-Geschäftsführer inzwischen vermehrt Büro-Würfel eingesetzt, die als schallgeschützte Zelle zum Beispiel für Besprechungen dienen. „Auch die sind häufig aus Leichtbaumaterialien gemacht. Sie sehen elegant aus, lassen sich leicht aufbauen und wieder versetzen“.

Ressourcen schonen mit Leichtbau

Igel-Geschäftsführer Peter Kettler: „Die Anwendungen für den Leichtbau werden zunehmen, auch solche, bei denen die Platten zusätzliche Funktionen übernehmen.“
Foto: Interessengemeinschaft Leichtbau (Igel) e.V.
Igel-Geschäftsführer Peter Kettler: „Die Anwendungen für den Leichtbau werden zunehmen, auch solche, bei denen die Platten zusätzliche Funktionen übernehmen.“

Kann moderner Leichtbau auch die Antwort auf Ressourcenmangel und steigende Materialpreise sein? „Die Antwort ist ein klares: Jein“, sagt Kettler. Da man für eine Leichtbauplatte im Regelfall viel weniger Holz benötige, kann sie dem Ressourcenmangel im Bereich Holz entgegenwirken.

Damit gehe aber nicht automatisch auch eine Verringerung des Preises einher. „Bei Sandwichelementen habe ich einen Fertigungsgang mehr. Dieser höhere Fertigungsaufwand muss irgendwo eingepreist werden“, erklärt der Igel-Geschäftsführer. Je dünner das hergestellte Material sein soll, desto größer sei der Fertigungsaufwand. „Eine 19 Millimeter Leichtbauplatte mit Waben nähert sich schon den Fertigungskosten einer Spanplatte an, was aber noch nicht heißt, dass sie auch im Verkauf gleichermaßen günstig ist“, sagt Kettler.

Angesichts dieser Bewertung wundert es nicht, dass die explodierenden Rohstoffpreise 2021 keinen Ansturm auf den Leichtbau ausgelöst haben. Sollten die Rohstoffpreise künftig aber weiter steigen, würden die Leichtbauplatten preislich zur attraktiveren Lösung werden. „Aktuell sind das wachsende Bewusstsein für bessere Ressourceneffizienz und der Nachfrageboom im Caravaningbereich die wesentlichen Katalysatoren für das Thema.“

Peter Kettler glaubt, dass die Leichtbautechnologie sich künftig noch in verschiedenen Bereichen weiterentwickeln wird. „Die Anwendungen für den Leichtbau werden zunehmen, auch solche, bei denen die Platten zusätzliche Funktionen übernehmen. Ich glaube wir werden künftig deutlich stabilere Designs als die Spanplatte sehen und es wird Entwicklungen im Bereich Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft geben“, sagt er.

Einstieg leicht gemacht

Musterkoffer der Interessengemeinschaft Leichtbau: Interessenten können hier mit 35 Leichtbaumaterialien auf Tuchfühlung gehen. 
Foto: Interessengemeinschaft Leichtbau (Igel) e.V.
Musterkoffer der Interessengemeinschaft Leichtbau: Interessenten können hier mit 35 Leichtbaumaterialien auf Tuchfühlung gehen. 

Der Igel-Geschäftsführer wünscht sich vor allem mehr Pioniere, die Lust haben, das Bauen mit Leichtbauwerkstoffen auszuprobieren.  Wer aktuelle Leichtbaumaterialien hautnah kennenlernen will, für den hält der Verein Musterkoffer bereit.

Für eine Gebühr von knapp 20 Euro gibt es einen Koffer mit 35 unterschiedlichen Leichtbaumaterialien zum Anfassen. „Ich finde, wenn man die Materialien nicht nur online sieht, sondern ihre Eigenschaften auch haptisch wahrnehmen kann, hilft das der Vorstellungskraft unheimlich“, sagt Peter Kettler. Wer den Koffer auf den Tisch stellt und sich dazu die Igel-Datenbank mit den Materialeigenschaften und Verarbeitungsdetails aufruft, erhalte eine gute Diskussionsgrundlage über den Einsatz so eines Materials in eigenen Projekten.

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