Stellschraube Heizungsoptimierung. Heizungscheck und hydraulischer Abgleich werden bundesweit zur Pflicht.
Foto: Jeanette Teare – stock.adobe.com
Stellschraube Heizungsoptimierung. Heizungscheck und hydraulischer Abgleich werden bundesweit zur Pflicht.

Energiekosten

Energiesparverordnung: „Daran wird es scheitern“

Eine Verordnung soll viele Betriebe zwingen, ihre Gasanlagen ab Oktober zu optimieren. Gelingt das? Diese Kollegen sind skeptisch!

  • Mit zwei Verordnungen hat die Bundesregierung zum Energiesparen aufgerufen. 
  • Während die erste vor allem Verhaltensänderungen vorsah, schreibt die zweite konkrete technische Optimierungen vor.
  • Der Umsetzungszeitraum beträgt insgesamt nur zwei Jahre, für manche Pflichten ein Jahr. Zwei Handwerker sind skeptisch, dass das gelingen kann. Aus drei Gründen. 

Die Energiepolitik der Bundesregierung verfolgt zurzeit vor allem ein Ziel: die Abhängigkeit von russischen Importen so schnell wie möglich zu reduzieren. Dazu sollen zwei Energiesparverordnungen beitragen, die das Bundeskabinett Ende August verabschiedet hat. Eine davon greift seit 1. September: Die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch kurzfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSikuMaV, siehe Kasten) schafft vor allem Pflichten und Möglichkeiten, um ohne große Vorbereitung Energie einzusparen. (Wir berichteten im Artikel Gilt ab sofort: Neue Pflichten zum Energiesparen)

Mehr Effizienz durch technische Optimierungen

Die zweite Verordnung soll am 1. Oktober 2022 in Kraft treten und für zwei Jahre gelten.  Sie benötigt allerdings noch die Zustimmung des Bundesrats (Nachtrag: Sie passierte am 16. September den Bundesrat). Ihr Name: „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung durch mittelfristig wirksame Maßnahmen“. Die Verordnung soll die Energieeffizienz in öffentlichen, privaten und Firmengebäuden erhöhen. Das sieht sie vor:

Pflicht zu Heizungsprüfung und -optimierung: Alle Eigentümer von Gebäuden mit Gasheizungen müssen in den nächsten zwei Jahren einen Heizungscheck durchführen.

Verpflichtender hydraulischer Abgleich: Eigentümer von Wohngebäuden ab sechs Wohnungen sowie von Nichtwohngebäuden ab 1000 Quadratmeter müssen einen hydraulischen Abgleich vornehmen, wenn ihr Gebäude eine zentrale Wärmeversorgung auf Erdgasbasis hat. Umsetzungsfrist ist der 30. September 2023. Nur Wohngebäude unter zehn Wohneinheiten haben bis zum der 15. September 2024 Zeit.

Einsparungen in Großunternehmen: Große Unternehmen mit einem Energieverbrauch von mehr als 10 Gigawattstunden sollen wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahmen umzusetzen, die sich schnell rentieren. Als Großunternehmen gelten Betriebe ab 250 Mitarbeitern mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro oder mit einer Jahresbilanzsumme von mehr als 43 Millionen Euro, die zur Durchführung von Energieaudits verpflichtet sind oder diese Pflicht durch Energie- oder Umweltmanagementsysteme erfüllen.

[Tipp: Sie wollen beim Thema Energiekosten im Handwerk nichts verpassen? Nutzen Sie den kostenlosen Newsletter von handwerk.com. Jetzt hier anmelden!]

Skepsis im Handwerk: zu wenig Fachkräfte, Material und Zeit

Gefragt ist bei der Umsetzung dieser Maßnahmen innerhalb von zwei Jahren allen voran das SHK-Handwerk. Wie realistisch ist die Realisierung einzuschätzen? Reiner Möhle ist Präsident der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und selbst Inhaber eines Osnabrücker Sanitär-, Heizungs- und Klimabetriebs. Er hat dazu eine eindeutige Meinung: „Unsere Betriebe hatten schon vor der Gaskrise sprichwörtlich alle Hände voll zu tun, daher sehe ich die zeitliche Umsetzung der Verordnungen skeptisch.“

Als Gründe dieser Einschätzung nennt Möhle folgende Punkte:

  • Das aktuell große Auftragsvolumen aufgrund hoher Modernisierungsnachfrage im öffentlichen und privaten Sektor.
  • Die Lieferengpässe bei Materialien, insbesondere komplexen Heizungssystemen und deren Einzelteilen.
  • Das in der nötigen Größenordnung nur bedingt verfügbare Fachpersonal.

Kai Schaupmann, SHK-Unternehmer und Innungsobermeister aus Osnabrück bestätigt diese Einschätzung. Für den hydraulischen Abgleich müssten SHK-Betriebe allein in seinem Kammerbezirk zigtausende Thermostatventile innerhalb der Fristen tauschen. Letztlich würde das Vorhaben an der Verfügbarkeit von Bauteilen scheitern, fürchtet er.

Neue Bildungsförderung und mehr Wertschätzung gefordert

Damit wenigstens in Zukunft ausreichend Fachpersonal für die Umsetzung der Energie- und Klimaziele vorhanden ist, sei die Politik jetzt unbedingt zum Handeln aufgerufen, mahnt  Reiner Möhle: „Wir brauchen für die duale Berufsausbildung eine völlig veränderte Bildungsförderstruktur, von der bislang hauptsächlich Universitäten und Fachhochschulen profitierten und nicht unsere handwerklichen Bildungszentren.“

Das Handwerk müsse als „äußerst relevanter und enorm effektiver“ Sektor für Modernisierung, Aus- und Umbau der kompletten Infrastruktur von der gesamten Gesellschaft anerkannt und wertgeschätzt werden. „Damit einhergehend brauchen wir die politische und gesellschaftliche Wertschätzung des Handwerks als Grundlage dafür, dass junge Menschen vermehrt eine Ausbildung und Karriere im Handwerk anstreben und wir dadurch die Herausforderungen der Zukunft mit modernen handwerklichen Dienstleistungen und Produkten meistern“, sagt Möhle.

Tipp: Sie wollen beim Thema Energie nichts verpassen? Nutzen Sie den kostenlosen Newsletter von handwerk.com. Jetzt hier anmelden!

Auch interessant:

Handwerk fordert Energiekostenbremse und Härtefallhilfen

Angesichts stark steigender Energiepreise dringt das Handwerk auf Entlastungen, die auch Handwerksbetrieben zu Gute kommen und macht dafür zwei Vorschläge.
Artikel lesen

Gilt ab sofort: Neue Pflichten zum Energiesparen

Eingeschränkte Außenbeleuchtung, geringere Mindesttemperaturen: Diese Vorgaben und Einsparoptionen der neuen Energieeinsparverordnung sollten Sie kennen.
Artikel lesen

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen der uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.

Sponsored Post

8 Tipps, wie Sie Instagram für Ihr lokales Business nutzen

Viele Unternehmen sind skeptisch, ob Instagram für ihr Business relevant ist. Warum Zeit, Arbeit und Geld in einen Social-Media-Kanal investieren, wenn die Follower nie zu zahlenden Kunden werden?

    • Marketing und Werbung, Online Marketing, Digitalisierung + IT

Digitalisierung + IT

Digitalisierungswerkstatt: Hier werden Wünsche wahr

Die eigenen Bedürfnisse formulieren und mit Fachunterstützung umsetzen. Dafür steht die Digitalisierungswerkstatt. Was wollen diese Betriebe optimieren?

    • Digitalisierung + IT

Umfrage

Verfolgen Sie technische Neuheiten Ihrer Branche?

Neue Verfahren, Materialien, Werkzeuge: Innovationen, mit denen Handwerker ihr Angebot optimieren können, gibt es in jeder Branche. Verfolgen Sie Neuheiten?

    • Strategie

10 Tipps für Ihre Website

SEO - was beim Ranking wirklich zählt

Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist ein Fass ohne Boden. Irgendetwas kann man immer optimieren. Doch wirklich wichtig sind vor allem diese zehn Punkte.

    • Online Marketing, Marketing und Werbung