Der Fall: Nach einer Betriebsprüfung erlässt das Finanzamt gegen einen GmbH-Geschäftsführer einen Haftungsbescheid. Der Fiskus wirft dem Geschäftsführer erhebliche Steuerrückstände, fehlende Mitwirkung und grobe Fahrlässigkeit vor. Dagegen legt der Geschäftsführer Einspruch ein. Die GmbH habe bereits zehn Monate zuvor den Betrieb eingestellt, Insolvenz angemeldet und sei seitdem ohne Umsätze. Das Finanzamt will den Mann dennoch in Haftung nehmen, es gebe keinen anderen Haftungsschuldner.
Das Urteil: Vor dem Finanzgericht Münster räumt der Mann dann erstmals ein, dass er nur als Strohmann für den tatsächlichen Geschäftsführer fungiert habe. Er habe für 250 Euro im Monat lediglich ein paar Unterschriften geleistet, sei aber von der eigentlichen Geschäftsführung ausgeschlossen gewesen. Zudem stellt sich im Verfahren heraus, dass der Mann die Geschäftsführerstellung durch eine rechtskräftige Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung schon vor dem Zeitraum verloren hatte, für den er haften soll.
Das Finanzgericht gibt dem ehemaligen Geschäftsführer Recht. Die Ermessensentscheidung des Finanzamtes habe sich nachträglich als fehlerhaft erwiesen. Zwar habe es der Kläger versäumt, den Sachverhalt im Einspruchsverfahren gegenüber dem Finanzamt vollständig aufzuklären. Das schließe jedoch nicht aus, dass nachträglich bekannt werdende Umstände zu berücksichtigen sind. (Urteil vom 19. Dezember 2022 Az. 4 K 1158/20 L)
Der Fall liegt nun beim Bundesfinanzhof zur Revision vor (Az. VII R 4/23)
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