Auf einen Blick:
Betriebe aus dem Garten- und Landschaftsbau (Galabau) beackern den Tiefbau. „Das nimmt eindeutig zu“, sagt Tiefbauer Andreas Demuth.
Problem aus Demuths Sicht: Wettbewerbsverzerrung durch unterschiedliche Tarif- und Mindestlöhne in beiden Branchen.
Galabau-Verband unterbreitet überraschenden Lösungsvorschlag. Demuth lehnt dankend ab.
Wenn er mit seinem Firmenwagen in ein Neubaugebiet fährt, sieht er sich genau um, er führt seine eigene Statistik. „Früher kamen auf 8 Tiefbaufirmen 2 Garten- und Landschaftsbauer – heute ist das umgekehrt“, sagt der niedersächsische Straßen- und Tiefbaumeister Andreas Demuth. Und wer ganz genau hinsehen würde, der müsse feststellen: „Die Galabauer erledigen die gleichen Arbeiten wie wir. Sie bauen Terrassen, sie pflastern Einfahrten, sie legen Rohre, sie planieren Grundstücke.“
Tiefbau versus Galabau – extreme Lohnunterschiede
Bei den Arbeiten, die Garten- und Landschaftsbau-Betriebe anbieten dürfen, gibt es einen Überschneidungsbereich zum Tiefbau. Über die Details wurde bis in die 90-er Jahre erbittert gestritten. Verkürzt ausgedrückt gilt heute: Bestimmte Pflasterarbeiten darf ein Galabauer erledigen, Kanalarbeiten eher nicht. „In der Realität sind die Unterschiede vollkommen aufgeweicht“, sagt Demuth.
Ein Unterschied ist geblieben – und der ärgert Demuth maßlos: „Die Löhne in den beiden Branchen klaffen weit auseinander. Für mich und viele Kollegen ist das ein Wettbewerbsnachteil, der unsere Existenz bedroht.“
Wettbewerbsverzerrung durch Mini-Mindestlöhne
In der untersten Lohngruppe für „Arbeitnehmer, die mit einfachsten, schematischen Arbeiten beschäftigt werden“, zahlen Galabau-Betriebe derzeit 10 Euro (und 10,20 Euro ab Oktober), der Mindestlohn liegt bei 8,84 Euro.
Der Mindestlohn im Baugewerbe liegt für Helfertätigkeiten bei 11,75 Euro, im März 2019 wird er auf 12,20 steigen.
In der Praxis seien die Lohnunterschiede noch größer, sagt Demuth: „Kein Mitarbeiter im Tiefbau arbeitet für den Mindestlohn. Realistisch bekommen sie niemanden unter 16 Euro. Im direkten Vergleich haben wir das Nachsehen.“
Der Pressesprecher der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) kann Demuths Unmut verstehen. „Wenn ein Galabau-Mitarbeiter eine Tiefbauleistung erbringt, muss er den Lohn der Tiefbauer bekommen. Löhne richten sich nach der konkreten Arbeit“, sagt Ruprecht Hammerschmidt. Und die Mindestlöhne seien ohnehin „nicht mehr als eine Krücke“, sie sollten den Wettbewerb stabilisieren. Hammerschmidt: „Der richtige Lohn ist der Tariflohn. Wer nur Mindestlöhne zahlt, erzielt schon dadurch einen Wettbewerbsvorteil.“
Galabau-Verband: Überraschender Lösungsvorschlag
Den Mindestlohn von 8,84 Euro bekomme ja nur derjenige, der „Hilfshilfshilfsarbeiten“ ausführe, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes für den Garten- und Landschaftsbau (BGL). Doch wie kommentiert Herbert Hüsgen den Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung, was sagt er zu den Problemen des Tiefbauers Andreas Demuth? „Das klingt jetzt hart“, antwortet Hüsgen, „aber er sollte zu uns kommen.“ Demuth könne eine selbstständige Betriebsabteilung eröffnen und mit ihr Mitglied im BGL werden.
„Sehr witzig“, lautet Demuths Reaktion, „ich müsste mich ja schämen, wenn ich meine Leute derart schlecht bezahlen würde.“ Er hatte zwei Mitarbeiter, im vergangenen Jahr musste er sie entlassen: „Wenn ich denen gesagt hätte, dass sie ab sofort weniger verdienen, wären sie von selbst gegangen.“ Demuths Betrieb überlebt, weil er mit einem befreundeten Tiefbaumeister kooperiert, die beiden erledigen viele Aufträge gemeinsam. Aber das sei nur eine Notlösung: „Die Unterschiede bei der Bezahlung sind nicht gerechtfertigt – und sie sind nicht gerecht. Die Tarif- und Mindestlöhne müssen angeglichen werden.“
ZDB lehnt „derart plumpe Abwerbungsversuche“ ab
Auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe lehnt Hüsgens Vorschlag ab. "Derart plumpe Abwerbungsversuche seitens befreundeter Verbände weisen wir klar zurück", sagt ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa auf Nachfrage. Jetzt sei die IG BAU gefordert, die Gewerkschaft sollte „in Tarifverhandlungen mit dem Galabau für eine Angleichung der Löhne und faire Wettbewerbsbedingungen kämpfen“.
Mittelfristig würden die höheren Löhne des Bauhandwerks den Betrieben zugutekommen, meint Pakleppa: „Im Zuge des Fachkräftemangels werden die jungen Leute schon genau hinschauen, bei wem sie gutes Geld verdienen.“
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