Auf einen Blick:
- Auf der Suche nach einem Betriebsnachfolger haben es größere Unternehmen oft leichter: Ihre Inhaber können mehr Zeit und Ressourcen in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und in die Nachfolgersuche investieren.
- Kleine Betriebe sind hier mangels Zeit oft im Nachteil. Ausgleichen können sie das mit kostenloser Unterstützung durch ihre Handwerkskammer. Und durch ein offenes Ohr für die Interessen der Nachfolger. Denn nicht jeder will einen großen Betrieb übernehmen. Andere Aspekte sind ihnen oft wichtiger.
125.000 Handwerksbetriebe stehen in den kommenden fünf Jahren vor der Übergabe an einen Betriebsnachfolger. Eine aktuelle Studie zeigt: Im Handwerk finden größere Betriebe und Kapitalgesellschaften leichter einen Nachfolger. Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks warnt: Die Chancen auf einen attraktiven Verkaufspreis sinken für kleine Betriebe – wenn sie überhaupt einen Nachfolger finden.
Die Gründe für diesen Trend kennt Annika Hörnschemeyer von der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim: Zwar suche nicht jeder Nachfolger einen größeren Betrieb. „Mancher will erst einmal klein anfangen und nicht sofort Verantwortung für viele Mitarbeiter übernehmen.“ Wer jedoch keinen geeigneten Betrieb findet, würde sich eher für eine Neugründung als für eine Übernahme entscheiden.
Ob ein Betrieb aus Nachfolgersicht infrage kommt, hänge dabei zwar nicht direkt von der Größe ab. Doch bei den entscheidenden Faktoren seien die kleineren Unternehmen häufig im Nachteil.
Worauf achten die Nachfolger?
Drei Aspekte sind es nach Hörnschemeyers Erfahrung, die für potenzielle Nachfolger eine große Rolle spielen:
- Zukunftsfähigkeit: „Nachfolger interessiert, wie ein Handwerksbetrieb wirtschaftlich und personell aufgestellt ist: Wurde zum Bespiel gut investiert? Ist die Altersstruktur im Team ausgewogen?“, sagt Hörnschemeyer. Es gebe zwar kleine Betriebe, denen das gut gelingt. „Häufig fehlt den Inhaber jedoch die Zeit dafür, sie verschieben solche Aufgaben nach hinten.“
- Planung: „Größere Betriebe haben mehr Ressourcen. Die Inhaber können sich früher, intensiver und geplanter mit dem Thema beschäftigen“, berichtet die Nachfolgemoderatorin. In kleineren Betrieben sei diese Planung – oft aus Zeitmangel – so vage, dass Nachfolger sich darauf nicht verlassen wollen.
- Offenheit: „Nachfolger erwarten, dass sich der Inhaber Zeit für sie nimmt, offen kommuniziert, auf ihre Bedürfnisse eingeht und sie in Entscheidungen einbezieht“, sagt Hörnschemeyer. Es helfe, „wenn Inhaber das Zepter nicht bis zum letzten Tag in der Hand halten wollen“, berichtet sie. „Viele Interessenten möchten schon vor der Übergabe Verantwortung übernehmen.“
[Tipp: Weitere Tipps zur Betriebsnachfolge liefert der kostenlose handwerk.com-Newsletter: Jetzt hier anmelden!]
Ein Idealfall: Vom Auszubildenden zum Inhaber
So ein Nachfolger ist Sören Schierbaum. Der 32-Jährige übernimmt Anfang September die Zimmerei Heggemann in Melle, einen Betrieb mit 35 Mitarbeitenden. Die Unternehmensgröße war für den Zimmermeister und Holzbau-Ingenieur nicht ausschlaggebend, sondern die Reaktion seines damaligen Chefs, als er ihn das erste Mal auf die Nachfolge ansprach. „Ich wusste schon länger, dass ich mich selbstständig machen wollte, und er war dafür sofort offen.“
Entscheidend sei dabei ihre „gute Verbindung“ gewesen: Inhaber und Nachfolger kannten sich schon sehr lange, von Schierbaums Ausbildung im Betrieb bis zum Meisterbrief. Danach hatte der Zimmermeister studiert und einen Abstecher in die Forschung gemacht, hielt jedoch den Kontakt und kehrte schließlich zu Heggemann zurück. Und nach dem ersten Gespräch mit dem Chef über die Nachfolge entwickelten die beiden gemeinsam einen Fahrplan für die Übergabe. Diese gemeinsame Planung und die schrittweise Übernahme von Verantwortung bis hin zu seinem Einstieg in die Geschäftsführung 2020 seien für ihn wichtig gewesen, betont Schierbaum.
Chance für kleine Betriebe: Größe ist nicht alles
Für Nachfolgemoderatorin Annika Hörnschemeyer, die diese Nachfolge begleitet hat, ist sie ein „Idealfall“. Dazu gehöre ein „bisschen Glück“, vor allem aber „ein Betriebsinhaber, dem es wichtig ist, für die Zukunft des Unternehmens zu sorgen“.
Dabei müssen Handwerksbetriebe solche Herausforderungen nicht alleine bewältigen. Kompetente und kostenlose Unterstützung, von der Betriebsberatung über die Nachfolgersuche und Unternehmensbewertung bis zur Nachfolgemoderation, bieten die Handwerkskammern. „Zukunftsfähigkeit“ und „Betriebsnachfolge“ gehören dort zu den Kernkompetenzen der Beratung.
Für die Zukunft seines Unternehmens zu sorgen, gehört nun auch zu Sören Schierbaums wichtigsten Aufgaben. Die Verantwortung, „für guten Holzbau und für die Mitarbeiter und deren Familien“ habe für ihn „oberste Priorität“. Schierbaum ist zuversichtlich: „Das Unternehmen ist in den letzten Jahren weiter gewachsen. Holzbau erfreut sich großer Beliebtheit, wir sind als Team schlagkräftiger geworden und können diese Nachfrage gut bedienen.“
Tipp: Sie wollen beim Thema Betriebsnachfolge nichts verpassen? Nutzen Sie den kostenlosen Newsletter von handwerk.com. Jetzt hier anmelden!
Diese Artikel könnten Sie auch interessieren: