Auf einen Blick:
- Wenn bei drei großen Aufträgen zeitgleich Zahlungen ausbleiben, lässt das keinen Betrieb kalt.
- Handwerker Mario Engelhardt musste sich dieser unglücklichen Konstellation stellen.
- Überstanden hat er sie auch, weil er sein Geld nie erst am Ende eines Auftrags einfordert, sondern drei Teilzahlungen vereinbart.
Geschäftspartner, die Insolvenz anmelden, mehr Preisdiskussionen, schlechtere Zahlungsmoral bei Kunden: „Die Zeiten werden härter“, stellt Schreinermeister Mario Engelhardt fest.
Wie schnell man dabei in gefährliches Fahrwasser geraten kann, hat er dieses Jahr selbst erleben müssen. „Wir hatten aus unterschiedlichen Gründen bei drei großen Aufträgen gleichzeitig mit Zahlungsverzögerungen zu kämpfen“, sagt Engelhardt. Hier teilt er seine Erfahrung, damit Kollegen sich vor ähnlichen Fallen schützen können.
Gute Regel: Wenig in Vorleistung gehen
Eine positive Erkenntnis: Es hätte noch schlimmer kommen können, viel schlimmer. Dass es nicht dazu kam, verdankt Engelhardt seiner eigenen Grundregel. Sie lautet: Gehe bei Aufträgen möglichst wenig in Vorleistung. Er verlangt grundsätzlich eine Anzahlung bei Auftragserteilung für die Materialkosten und einen Abschlag während der Arbeit für die Personalkosten. „Wir sehen zu, dass wir zwei Abschlagszahlungen bekommen, bevor unsere Arbeiten zur Montage rausgehen“, berichtet der Schreinermeister aus dem niedersächsischen Ebergötzen.
Lehnen Kunden Abschlagszahlungen ab, ist er vorsichtig: „Dann stimmt etwas nicht“, weiß der Handwerker. Er hat sich an solchen Projekten früher schon die Finger verbrannt. Notfalls verzichtet Engelhardt lieber auf derartige Aufträge.
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Erste Falle: Zahlungsziel zu lang
Dennoch kann etwas schiefgehen. Zum Beispiel, wenn der Kunde Abschlagszahlungen akzeptiert, jedoch auf eigene Zahlungsziele besteht.
„Wir setzen normalerweise Zahlungsziele von einer Woche“, berichtet Engelhardt. Ein Geschäftspartner beharrte aber auf einem guten Monat als Zahlungsziel, „weil er das ‚immer so‘ mache“, erklärt Engelhardt.
Der Meister ließ sich darauf ein. „Den ersten Abschlag erhielten wir noch pünktlich, doch als der zweite fällig wurde, meldete unser Geschäftspartner Insolvenz an“, berichtet der Unternehmer. In einem ganzen Monat kann ein Handwerker reichlich in Vorleistung gehen, was die Schreinerei auch getan hatte. „Heute weiß ich: Ich hätte von meinem Prinzip ‚Das Zahlungsziel liegt bei einer Woche‘ nicht abrücken dürfen“, sagt Engelhardt.
Immerhin: Die Zahlung für die Materialkosten hatte er pünktlich erhalten. Und zum Glück war der Geschäftspartner selbst nur Auftragnehmer in einem größeren Projekt; er hatte an Engelhardt nur Teilarbeiten abgegeben. Der Auftraggeber des Gesamtprojekts bezahlte die Schreinerei später für einen Großteil ihrer Leistungen.
Zweite Falle: Keine Abschlagsanpassung an Nachträge
Mit zwei anderen Kunden entbrannte ein Streit um die letzten Zahlungen aus den Schlussrechnungen. „Da wird versucht, sich an Kleinigkeiten hochzuziehen, um die Zahlung des letzten Abschlags hinauszuzögern“, sagt Engelhardt.
Während der Unternehmer die Arbeiten umsetzte, hatten die Kunden allerdings noch nichts zu beklagen. Im Gegenteil: Engelhardt sei im Laufe des Projekts mit immer mehr zusätzlichen Leistungen beauftragt worden. „Für die Nachbeauftragungen haben wir keine neuen Abschläge vereinbart, dadurch ist die Restsumme ganz schön angewachsen“, sagt Engelhardt. Auch das sei ihm eine Lehre.
Schwere Entscheidung: Reden oder klagen?
Normalerweise versucht Engelhardt, juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden und Zahlungsverzug kommunikativ zu lösen. „Reden ist immer der schnellere Weg, als die schweren Geschütze aufzufahren“, sagt der Meister. Bei einem langwierigen Rechtsstreit würden letztlich alle verlieren. „Erst wenn ein Gegenüber komplett auf Krawall gebürstet ist, entscheiden wir uns für den Rechtsweg“, sagt er.
In einem seiner drei Härtefalle dieses Jahr werde er den Weg wohl gehen müssen. Bis der Ärger ein Ende hat, dauert es also noch etwas. Zudem sind die finanziellen Turbulenzen an Engelhardts Betrieb nicht spurlos vorübergegangen: Er habe seine Personalstärke deutlich senken müssen, berichtet der Unternehmer.
Doch ans Aufgeben habe er nie gedacht. „Harte Zeiten formen Überlebenskämpfer“, sagt Engelhardt.
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