Der Fall: Sieben Kollegen, die auch befreundet sind, tauschen sich regelmäßig über Privates und Berufliches in einer Whatsapp-Gruppe aus. Ein Gruppenmitglied äußert sich im Chat „in beleidigender und menschenverachtender Weise über Vorgesetzte und Arbeitskollegen“.
Der Arbeitgeber erfährt davon und stellt dem Mann die fristlose Kündigung aus. Daraufhin geht der Mitarbeiter gegen seinen Rausschmiss vor. Sowohl vor dem Arbeitsgericht Hannover als auch vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen hat er zunächst Erfolg. Doch der Arbeitgeber legt Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) ein.
Das Urteil: Wer wegen beleidigender, rassistischer oder sexistischer Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen in einer privaten Chatgruppe eine außerordentliche Kündigung erhält, könne sich nur im Ausnahmefall auf Vertraulichkeit berufen. Das stellten die Erfurter Richter mit einem Grundsatzurteil klar.
Ob Mitglieder einer Chatgruppe Vertraulichkeit erwarten können, hänge grundsätzlich von drei Dingen ab:
- dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten,
- der Größe der Chatgruppe und
- der personellen Zusammensetzung der Gruppe.
Und was gilt, wenn es im Chat vor allem um beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige geht? Dann müssen Arbeitnehmer laut BAG begründen, warum sie „berechtigt erwarten“ konnten, dass der Inhalt von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben werde.
Das Bundesarbeitsgericht verwies den Fall zurück an das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen. Das muss jetzt prüfen, ob der Angestellte angesichts des Chatverlaufs und der Zusammensetzung der Chatgruppe Vertraulichkeit erwarten durfte. (24. August 2023, Az.: 2 AZR 17/23)
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