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Baurecht

Leistungsbeschreibungen von Architekten? Nervig, aber nicht nutzlos!

Leistungsbeschreibungen von Architekten machen diesen Handwerker oft fassungslos. Er bewirbt sich trotzdem – aus überraschenden Gründen.

Auf einen Blick:

  • Zimmerermeister René Achteresch und sein Partner Swen Nordhoff beteiligen sich regelmäßig an Ausschreibungen. Doch was sie in den Leistungsbeschreibungen lesen müssen, verursacht oft Kopfschütteln.
  • Aus fachlicher Sicht seien die Vorgaben häufig zweifelhaft. Achteresch greift dann schon mal zum Rotstift, um Architekten auf die Fehler aufmerksam zu machen.
  • Trotz der negativen Erfahrungen will der Zimmermann auch künftig an Ausschreibungen teilnehmen. Denn er zieht auch wichtige Informationen für den Betrieb aus den Dokumenten.

Im Betrieb von Zimmerermeister René Achteresch und seinem Partner Swen Nordhoff trudeln regelmäßig Leistungsbeschreibungen von Architekten per Post ein. Doch was sie da zu lesen bekommen, finden sie oftmals fragwürdig. Im Gespräch hat Achteresch verraten, wo er die zwei größten Probleme bei Leistungsbeschreibungen sieht und warum er sich trotzdem noch die Mühe macht, sie auszufüllen.

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Kritikpunkt 1: Kritische Vorgaben in Leistungsbeschreibungen

Über manche Vorgaben in Leistungsbeschreibungen kann Unternehmer René Achteresch nur den Kopf schütteln. Eine Ausschreibung für einen Anbau mit Holzbalkendecke ist ihm besonders negativ in Erinnerung geblieben: „Ich sollte das Holz mit einem chemischen Holzschutz behandeln, der schon seit 2012 verboten ist“, berichtet der 28-Jährige. Er fragt sich, wie so etwas überhaupt in einen Ausschreibungstext gelangen konnte. „Vielleicht sind das Standardtexte, die schon seit 30 Jahren benutzt wurden“, meint der Unternehmer.

Ein Einzelfall ist diese Leistungsbeschreibung nicht. In den Vorgaben von Architekten findet der Handwerker des Öfteren Vorgaben, die aus fachlicher Sicht zweifelhaft sind. Mal ist es eine Dämmung, die dahin soll, wo sie nicht hingehört. Mal ist es eine Konstruktion die nicht fachgerecht ist oder schon zum Scheitern verurteilt, durch die Nichteinhaltung des konstruktiven Holzschutzes. Für Achteresch ist klar, was er in solchen Fällen macht: „Ich greife zum Rotstift und streiche konsequent durch. Die sollen sehen, dass das Quatsch ist.“ Den Rest fülle er aus.

Bei der Leistungsbeschreibung mit dem verbotenen chemischen Holzschutz hat er sogar zum Hörer gegriffen. „Ich wollte den Architekten auf den Fehler hinweisen“, berichtet Achteresch. Doch er habe nur eine Sekretärin erreicht und um Rückruf gebeten. „Der Architekt hat sich aber bis heute nicht bei mir gemeldet“, so der Zimmerermeister.

Kritikpunkt 2: Die billigsten gewinnen die Ausschreibung

Seit dem Start in die Selbstständigkeit hat René Achteresch zusammen mit seinem Partner an rund 15 Ausschreibungen teilgenommen „Einen Zuschlag haben wir bislang noch nicht erhalten“, sagt der Firmenchef. Seine Vermutung: Die Angebote des Zimmereibetriebs sind im Vergleich zu denen von Wettbewerbern zu teuer.

„Die meisten Leistungsbeschreibungen sind so getrimmt, dass am Ende der günstigste den Zuschlag bekommt“, meint Achteresch. Zu erkennen sei das zum Bespiel daran, dass der Materialeinsatz auf Kante berechnet ist oder dass nur bestimmte Materialien vorgegeben sind. „Manchmal fordern Leistungsbeschreibungen, dass man Bauholz statt Konstruktionsvollholz einsetzt“, sagt er. Darin sieht der Zimmerermeister ein Problem: „Bauholz hat häufig noch eine Restfeuchte.“ Wo die Regeln guten Handwerks die Verwendung von Konstruktionsvollholz oder technisch getrocknetem Holz vorschreiben, setzt der Meister kein minderwertigeres Bauholz ein.

Bestätigung für seine Vermutung findet Achteresch in den Preisspiegeln, die er am Ende einer Ausschreibung zugeschickt bekommt: „In der Regel bekommt immer der Günstigste den Zuschlag“, berichtet er. Preisunterschiede von mehreren tausend Euro seien keine Seltenheit. Als Beispiel nennt er eine Ausschreibung für Zimmereiarbeiten an einem Wohngebäude. „Den Zuschlag hat ein Betrieb bekommen, dessen Angebot bei 15.400 Euro lag“, berichtet der Handwerksunternehmer. Er und sein Partner hätten hingegen ein Angebot in Höhe von 20.600 Euro abgegeben.

Zwei Gründe für die Teilnahme an Ausschreibungen

Die rund 15 Absagen haben bei René Achteresch noch keine Resignation ausgelöst. Vielmehr sieht er gute Gründe, am Ball zu bleiben. „Der Preisspiegel, den alle Teilnehmer der Ausschreibung am Ende bekommen, ist interessant.“ Schließlich könne da jeder gucken, wie die Konkurrenz kalkuliere und wie die Preisschwankungen zustande kommen.

Genau dafür nutzt der Zimmerermeister die Preisspiegel auch. Seine Erfahrung: Allein bei den Facharbeiterstunden gibt es erhebliche Schwankungen. „Wir kalkulieren mit 48 Euro die Stunde“, sagt der Firmenchef. Es gebe aber Betriebe, die den Stundensatz deutlich geringer ansetzen. Auch beim Material entdeckt der 28-Jährige regelmäßig deutliche Preisdifferenzen. All das schlägt sich letztendlich auch in den Angebotspreisen nieder.

Achteresch sieht aber noch einen weiteren Grund, warum er Leistungsbeschreibungen noch ausfüllt: „Manchmal sind richtig gute Entwürfe dabei, da habe ich durchaus Interesse an einer Zusammenarbeit.“ An der einen oder anderen Stelle würde er deshalb eventuell auch mal am Preis arbeiten. Doch Kompromisse haben für ihn Grenzen: „Bei dem Architekten mit dem chemischen Holzschutz würde ich keine Leistungsbeschreibung mehr ausfüllen.“ Außerdem ist für Achteresch klar: „Wir kalkulieren fair und ehrlich, denn wir wollen unsere Mitarbeiter anständig bezahlen.“

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