Auf einen Blick:
- Im Bauhandwerk gibt es durch die Corona-Krise zunehmend Probleme bei der Anlieferung von Baustoffen, und dringend benötigte Entsendearbeiter können nicht einreisen.
- Das Elektrohandwerk nimmt bereits massive Auswirkungen wahr. Regelmäßige Umfragen sollen bald mehr Klarheit liefern. Im Elektrohandwerk wird eine Zuordnung zur kritischen Infrastruktur gefordert.
- Im Maler- und Lackiererhandwerk gehen kaum neue Aufträge ein. Außerdem stornieren Großbetriebe derzeit Aufträge.
- Im SHK-Handwerk blieben größere Auftragsstornierungen bisher aus. Der Verband fordert eine Zuordnung des SHK-Handwerks zur kritischen Infrastruktur.
Ob Grenzschließungen oder Betriebsschließungen – mit zahlreichen Maßnahmen versucht die Politik die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Das hat erhebliche Folgen für die Wirtschaft. So schätzen die Verbände der Bau- und Ausbaugewerke die aktuelle Situation ein.
Bauhandwerk
Zur aktuellen Situation in der Bauwirtschaft äußert sich der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB).
Wie stark ist Ihre Branche von der Corona-Krise betroffen?
Natürlich lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt die Auswirkungen der Corona-Krise noch nicht vollständig abschätzen. Aber bereits jetzt wird deutlich, dass auch die Bauwirtschaft massiv von der Ausbreitung der Corona-Pandemie betroffen ist.
Klar ist auch, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung spürbare Auswirkung auf die Baubranche haben wird. Der zu erwartende Auftragsrückgang in der gewerblichen Wirtschaft wird zu Einbußen im Wirtschaftsbau führen. Wenn Menschen aufgrund der aktuellen Situation Einkommenseinbußen erleiden oder sogar von Arbeitslosigkeit bedroht sind, wird sich das auf den Wohnungsbau auswirken.
In welchen Bereichen spüren die Betriebe das besonders deutlich?
Zwar ist das Baugewerbe stark regional verankert, aber es gibt zunehmend Probleme bei der Anlieferung von Baustoffen. Auch können tausende Entsendearbeitnehmer nicht mehr einreisen, die auf den Baustellen aber dringend benötigt würden.
Grundsätzlich sind die Gewerke mit Tätigkeiten im Innenbereich (v.a. Ausbau) nun stärker gefordert, Betriebsabläufe und Arbeitsprozesse umzuorganisieren, als Tätigkeiten im Freien auf größeren Baustellen. Dort sind die Abstandsregeln leichter einzuhalten.
Was raten Sie Unternehmen in der aktuellen Situation?
Die Sicherheit der Beschäftigten muss an erster Stelle stehen. Daher sind die Hygiene- und Sicherheitsvorschriften unbedingt umzusetzen. Sanitäre Kapazitäten werden aufgestockt, zusätzliche Fahrzeuge für die Wege zur Baustelle bereitgestellt, Pausenzeiten entsprechend angepasst. Sollte unter Beachtung der notwendigen Vorsichtsmaßnahmen der Baubetrieb nicht mehr möglich sein, sollten die Unternehmen die angepassten Regelungen zum Kurzarbeitergeld sowie die weiteren Maßnahmen aus dem Hilfspaket der Bundesregierung in Anspruch nehmen.
Was muss jetzt aus Ihrer Sicht passieren, damit möglichst viele Unternehmen der Bauwirtschaft diese Krise überstehen können?
Die Bundesregierung hat mit dem Maßnahmenbündel zur Bewältigung der Corona-Krise die richtigen Signale an die Unternehmen gesetzt. Wichtig ist, dass die vielen mittelständischen Unternehmen als Rückgrat der Bauwirtschaft im Fokus der Hilfsmaßnahmen stehen. Darüber hinaus sollten heute die Weichen für die Zeit nach der Krise gestellt werden: Für den konjunkturellen Re-Start nach der Corona-Krise muss heute vorgesorgt werden. Die Baubranche mit ihrer dezentralen Struktur kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
Elektrohandwerk
Zur aktuellen Situation im E-Handwerk äußert sich Ingolf Jakobi, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH).
Wie stark ist Ihre Branche von der Corona-Krise betroffen?
Für die meisten elektrohandwerklichen Innungsfachbetriebe hat Corona bereits jetzt massive wirtschaftliche Auswirkungen. Kundenaufträge brechen in allen Segmenten in größerem Umfang weg, neue Aufträge kommen aktuell nicht hinzu, Termine werden abgesagt, Mitarbeiter fallen aus. Auch ist davon auszugehen, dass es zunehmend Kunden geben wird, die selbst so stark von der Corona-Krise betroffen sind, dass sie ihre Rechnungen nicht mehr begleichen können.
In welchen Bereichen spüren die Betriebe das besonders deutlich?
Für genauere Aussagen zu den Auswirkungen ist es zum jetzigen Zeitpunkt noch viel zu früh. Da die Elektrohandwerke sehr heterogen aufgestellt sind und sich die behördlichen Auflagen zum Teil von Bundesland zu Bundesland unterscheiden, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, ob es Bereiche innerhalb der Elektrohandwerke gibt, die weniger oder mehr von der aktuellen Krise betroffen sind. Daten zum Stimmungsbild und der wirtschaftlichen Situation in den E-Handwerken soll eine Umfrage liefern, die der ZVEH am 30. März unter 20.000 Innungsfachbetrieben startet. Die Umfrage wird in bestimmten Abständen wiederholt werden. Die Ergebnisse werden kontinuierlich kommuniziert.
Was muss passieren, damit möglichst viele Unternehmen im Elektrohandwerk diese Krise überstehen können?
Das Wichtigste ist aktuell aus Sicht des ZVEH, dass die Betriebe arbeitsfähig und liquide bleiben. Bundes- und Landesregierungen tun viel, um die wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Den Überblick darüber zu behalten, welche Programme aufgelegt werden ist jedoch für die Innungsfachbetriebe eine enorme Herausforderung. Daher hat der ZVEH relevante Informationen in einem Leitfaden aufbereitet. Darüber hinaus werden alle täglich eingehenden Informationen vom ZVEH gesichtet und relevante Informationen schnellstmöglich verteilt.
Ganz wichtig ist nach Ansicht des ZVEH auch, dass der Einsatz der Betriebe nicht beschränkt und dass kein Ausübungsverbot ausgesprochen wird. Schließlich stellen die Fachbetriebe der elektro- und informationstechnischen Handwerke die Funktionsfähigkeit von Anlagen in Bereichen der kritischen Infrastruktur sicher. Die Fachbetriebe der E-Handwerke sind nach Ansicht des ZVEH daher als Teil der sogenannten kritischen Infrastruktur (KRITIS) und somit als systemrelevant zu betrachten. Der ZVEH an sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gewendet und um behördliche Bestätigung dieser Einordnung gebeten.
Maler- und Lackiererhandwerk
Wie sich die Corona-Epidemie im Maler- und Lackiererhandwerk bemerkbar macht, sagt Mathias Bucksteeg, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Farbe Gestaltung Bautenschutz.
Wie stark ist Ihre Branche von der Corona-Krise betroffen?
Die Erwartungen werden immer pessimistischer. Noch können Aufträge abgearbeitet werden, es kommen aber derzeit fast keine neuen herein. Die zu erwartende Rezession infolge der Krise wird unsere Betriebe voll erfassen. Bereits heute erwartet fast die Hälfte der Betriebe Absatzeinbrüche von über 50 Prozent. Die Liquidität, solche Einbrüche zu überbrücken, reicht durchschnittlich nur für vier bis sechs Wochen.
In welchen Bereichen spüren die Betriebe das besonders deutlich?
Die Betriebe sind aktuell je stärker betroffen, je größer der Anteil der Industrie ist. Vor allem Großbetriebe haben ihre Aufträge storniert. Im Privatbereich können angesichts des guten Wetters vielfach Arbeiten an der Fassade und im Freien vorgezogen werden, was den Betrieben noch etwas Luft verschafft.
Gibt es Bereiche, die weniger stark betroffen sind oder die sogar Zuwächse verzeichnen?
Vereinzelt ziehen Kommunen öffentliche Aufträge vor. Beispielsweise werden die. Schulschließungen genutzt, um Renovierungsarbeiten vorzuziehen. Das müsste in viel größerem Maßstab und koordiniert geschehen: Das Handwerk braucht jetzt keine Kredite, sondern ein Infrastrukturprogramm. Wir werden uns noch in dieser Woche in einem offenen Brief an Bundestagsabgeordnete, Oberbürgermeister und die regionalen Medien wenden.
Was raten Sie Unternehmen in der aktuellen Situation?
Vorsorglich Kurzarbeit beantragen, alle Möglichkeiten zur Stundung von Steuervorauszahlungen, Gebühren etc. nutzen. Betriebe bis 10 Beschäftigte sollten sofort die in Aussicht gestellten Zuschüsse beantragen.
Intern sollten Betriebe ihre Arbeitsabläufe umstellen, um den Arbeitsschutz- und Hygienevorschriften, Abstandsregeln etc. gerecht werden zu können.
Was muss jetzt aus Ihrer Sicht passieren, damit möglichst viele Unternehmen des Maler- und Lackiererhandwerks diese Krise überstehen können?
Aus den Hilfsfonds müssen große Teile der Mittel umgewidmet werden, um daraus Investitionen in die kommunale und regionale Infrastruktur zu finanzieren, die dem Handwerk zugute kommen. Dabei sollten die Ausschreibungsregeln ausgesetzt und örtliche Handwerker bevorzugt werden. Unsere Betriebe brauchen keine Kredite, sondern Aufträge!
Sanitär, Heizung, Klima
Eine Einschätzung zur aktuellen Lage im SHK-Handwerk gibt Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima (ZVSHK).
Wie stark ist Ihre Branche von der Corona-Krise betroffen?
Es ist aktuell noch zu früh, hier eine verlässliche Antwort zu geben. Für das SHK-Handwerk ermitteln wir gerade selbst die Rückwirkungen auf das Tagesgeschäft der Betriebe. Ungefähr zwei Drittel der Aufträge werden von unseren Betrieben im Privatsektor generiert. Nach ersten Informationen, die wir vorliegen haben, kommt es von Seiten der privaten Endkunden bisher noch nicht zu größeren Auftragsstornierungen.
Was raten Sie Unternehmen in der aktuellen Situation?
Möglichst viele Informationen zusammen zu tragen, die in dieser kritischen Phase weiterhelfen. Der Zentralverband stellt auf seiner Internetseite www.zvshk.de einen umfassenden Leitfaden für den Umgang mit der Coronakrise und ihren Folgen bereit, der täglich aktualisiert wird. Auch die Fach- und Landesverbände sowie die Innungen vor Ort geben den organisierten Betrieben eine Vielzahl an Hilfestellungen und Kontaktmöglichkeiten für die jetzt relevanten Fragen. Das reicht vom richtigen Verhalten beim Kundenkontakt über die betriebliche Prävention bis hin zu Finanzierungshilfen und zu Ratschlägen für die Notfallplanung,
Was muss passieren, damit möglichst viele Unternehmen im SHK-Handwerk diese Krise überstehen können?
Es gilt Ruhe zu bewahren und die richtigen Schritte einzuleiten, um arbeitsfähig zu bleiben. Dafür bedarf es einer behördlichen Klarstellung, dass SHK Betriebe als betriebsnotwendige Dienstleister Teil der sogenannten „Kritischen Infrastruktur“ (KRITIS) anzusehen sind. Gesundheit, Trinkwasser, Hygiene, Wärme, Energie sind Arbeitsfelder unserer Betriebe. Krankenhäuser, Pflegeheime, Lebensmittelbetriebe, öffentliche Verwaltung benötigen zur Aufrechterhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit die Unterstützung unserer Handwerksbetriebe. Es ist deshalb dringend erforderlich, dass wir gerade für Notdiensteinsätze zur Gefahrenabwehr behördliche Vorgaben für unsere Arbeit erhalten. Eine offizielle Zuordnung des SHK-Handwerks und seiner Lieferkette zur KRITIS ist aus unserer Sicht zwingend.
Darüber hinaus ist es essentiell, dass Betriebe die von der Politik gewährten Mittel zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen schnell beziehen können. Diese müssen jetzt fließen und nicht erst in acht Wochen! Hier kämpft die gesamte Verbandsorganisation aktuell für ihre Betriebe.
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