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Jemand füllt mit einem Stift eine Checkliste aus.

Raus aus dem Hamsterrad

So übernehmen Mitarbeiter Verantwortung auf Baustellen

Gut informierte Mitarbeiter übernehmen auf der Baustelle automatisch Verantwortung. Wie einfach das umsetzbar ist, zeigt Handwerksmeister Olaf Ringeisen.

Auf einen Blick:

  • Viel zu oft entlassen Chefs ihre Mitarbeiter ohne Not aus jeder Verantwortung für Baustellen: Sie verhalten sich zu fürsorglich und im Extremfall entmündigen sie die Mitarbeiter.
  • Ändern werden Sie das nur, wenn Sie Ihre Mitarbeiter umfassend informieren und sie in Entscheidungen einbinden.
  • Ein einfacher erster Schritt auf dem Weg zu wirklichem Erfolg: Eine Checkliste für die Baustellenübergabe informiert Ihr Team und klärt Zuständigkeiten.

In den letzten Jahren befragte ich viele Malerbetriebe nach ihrem größten Engpass im Betrieb. 80 Prozent antworteten mit: Meine Mitarbeiter übernehmen keine Verantwortung. Und fast immer waren nach Meinung der Chefs die Mitarbeiter schuld. Ich persönlich bin vom Verantwortungsprinzip überzeugt: Wer die Schuld auf andere schiebt, gibt die Macht der Veränderung ab. Das größte Problem ist, dass wir glauben, das Problem seien die anderen. Stimmt nicht. Das größte Problem sind immer wir selbst. Und darin liegt die Chance der Veränderung.

Fehler 1: Zu viel Fürsorge durch den Chef

Seit über 15 Jahren beschäftigt mich die Frage, warum Mitarbeiter eigentlich keine Verantwortung übernehmen. Zuerst suchte ich natürlich auch die Schuld bei den Mitarbeitern. Also stellte ich neue Mitarbeiter ein und kündigte den alten. Aber schnell stellte ich fest, dass nach ein paar Monaten auch die neuen Mitarbeiter keine Verantwortung übernahmen.

Und irgendwann verstand ich: Ich war zu fürsorglich. Klingt paradox? Natürlich ist es gut, wenn der Chef sich um seine Mitarbeiter kümmert. Aber es bringt nichts, wenn der Chef den Job der Mitarbeiter macht.

Ein Beispiel: Bei uns war es üblich, dass ich das Material und Werkzeug für eine neue Baustelle bestellte und bereitstellte. Die Folge? Der Mitarbeiter ist montagfrüh zur Baustelle gefahren, im Vertrauen darauf, dass ich schon alles richtig hingestellt habe. Und natürlich fehlte etwas.

Indem ich also fürsorglich den Job des Mitarbeiters erledigte und das Material zusammenstellte, legte ich die Grundlage für die ersten Fehler und sorgte gleichzeitig dafür, dass mein Mitarbeiter nicht mitdenken musste.

Fehler 2: Der Chef entmündigt seine Mitarbeiter

Und nach diesem Muster geht es weiter. Wenn ich als Chef auf der Baustelle alle Absprachen mit dem Kunden oder Architekten treffe, entmündige ich meinen Mitarbeiter. Mein unterschwelliges Signal ist dabei: Ich traue das meinem Mitarbeiter nicht zu, also gehe ich persönlich zur Baubesprechung und regele das mit dem Architekten.

So erziehen wir unsere Mitarbeiter dazu, ihr Gehirn nicht zu benutzen und nicht mitzudenken!

Und wenn wir als Chefs dann auch noch meckern, wenn etwas auf der Baustelle nicht funktioniert, lernt der Mitarbeiter: Egal was ich tue, es ist ja doch falsch.

Kurswechsel: Mitarbeiter informieren und in Entscheidungen einbinden

Was kann ich also tun, um meine Mitarbeiter in die Verantwortung zu nehmen? Die Antwort ist so einfach wie schwierig: Ich muss meine Mitarbeiter vollumfänglich informieren und sie in die Abläufe und Entscheidungen einbinden. Wer alle Informationen hat, kann nicht anders, als Verantwortung zu übernehmen.

Wer seinen Mitarbeitern exakte Vorgaben macht und sie nicht „mit ins Boot nimmt“, degradiert sie zu Abarbeitern dieser Vorgaben. Sie denken nicht mehr mit, weil sie ja eh nicht gefragt werden. Damit macht der Chef seinen Betrieb von sich abhängig und ohne ihn läuft nichts. Das ist gerade in der heutigen Zeit tödlich.

Was ist denn eigentlich der Job als Handwerksmeister? Wofür wird der Chef in seinem Betrieb wirklich bezahlt? Was sind seine Erfolg produzierenden Tätigkeiten?

Erster Schritt: Checkliste Baustellenübergabe

Eine der wichtigsten Aufgaben als Meister ist es, zu delegieren. Wie das funktioniert, habe ich hier im Artikel „Der Kreislauf des Delegierens schafft Entlastung“ vorgestellt.

Nach diesem Prinzip können Sie mit einer guten Checkliste Baustellen vorbereiten und an den Mitarbeiter übergeben – ohne spürbaren Mehraufwand für Sie.

Die Übergabe an den Mitarbeiter erfolgt in drei Schritten:

  1. Bereiten Sie alle Informationen für die Baustelle in einer Mitarbeiterakte verständlich und nachvollziehbar auf.

  2. Verabreden Sie sich circa eine Woche vor Auftragsbeginn mit dem Kunden und Ihrem Mitarbeiter auf der Baustelle, um alle Details noch einmal in Ruhe zu besprechen.

  3. Unterstützen Sie Ihren Mitarbeiter bei der Planung und Materialbestellung.

So entstehen stressfreie und zuverlässige Abläufe auf der Baustelle. Klar, das klappt nicht gleich beim ersten Mal. Wichtig ist, dass Sie Ihrem Mitarbeiter zur Seite stehen. Seien Sie der Schutzengel Ihres Mitarbeiters und geben Sie ihm Sicherheit.

In kleinen Schritten zum wirklichen Erfolg

Wer an dieser Stelle zu viel auf einmal will, wird scheitern. Gehen Sie stattdessen kleine Schritte. Beginnen Sie zuerst damit, die Mitarbeiterakten gut vorzubereiten. Wenn das gut klappt, vereinbaren Sie eine Woche vorher einen Termin zur Baustellenübergabe.

Unterschätzen Sie die Veränderung der kleinen Schritte nicht. Nehmen Sie das Tempo raus. Dafür kommen Sie dann auch garantiert ans Ziel. Und wenn mal etwas nicht gleich so gut funktioniert: Rückschläge bieten uns die Möglichkeit, uns selbst und anderen zu beweisen, dass wir es können.

Olaf Ringeisen ist Sparringspartner für Handwerksmeister, die mehr persönliche Freiheit erreichen wollen. Sein Ziel: raus aus dem Hamsterrad! Der gelernte Malermeister führt in vierter Generation seinen Malerbetrieb in Northeim. Er arbeitet seit mehr als 15 Jahren an der Optimierung seiner Strategien zur erfolgreichen Unternehmensführung im Handwerk. Über 600 Malerbetrieben hat er mit seinen Systemen schon weitergeholfen. Sein Qualyplan-System enthält seine wichtigsten Erkenntnisse und Werkzeuge, die Sie benötigen, um raus aus dem Hamsterrad zu kommen und sich ein wahrhaft außergewöhnliches Unternehmen zu schaffen. Mehr Infos: www.baustelle-optimieren.de.

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