Foto: Heiner Siefken

Inhaltsverzeichnis

Personalführung

Das Klopapier-Syndrom

Im ARD-Talk mit Sandra Maischberger bekam ein Handwerksunternehmer ganze 2 Minuten Redezeit für seine Sicht auf Schule und Ausbildung. Wir haben ihm länger zugehört. Der Mann vermittelt soziale Kompetenz mit einem ungewöhnlichen Trick.

Auf einen Blick

  • Soziale Kompetenz: Handwerksbetriebe sind auf Auszubildende angewiesen, die mitdenken können, sagt Michael Kals.

  • Wer jedes Problem von seinen Kindern fernhält, raubt ihnen eine wichtige Erkenntnis: „Das eigene Verhalten hat Konsequenzen.“

  • In seiner Werkstatt hat Kals einen Toilettendienst eingeführt. Vom Azubi bis zum Chef – keiner kann sich davon freikaufen.

Kampfzone Klassenzimmer: Sandra Maischberger hat mit Eltern, Schülern und Lehrern diskutiert, was an „Schulen schiefläuft“. Eine Frage: „Werden Deutschlands Schüler tatsächlich immer unfähiger?“ Auf der Suche nach einer Antwort begrüßt die Moderatorin einen „Kronzeugen“ des Ausbildungsalltags, den Tischlermeister Michael Kals. Und worüber spricht der Mann? Über eine dumme Situation auf dem stillen Örtchen!

„Es geht um Verantwortung für seine Umgebung“

„Man geht auf die Toilette und das letzte Blatt Papier ist weg.“ Als Kals seine Sätze beginnt, ist ein nervöses Lachen von Maischberger zu hören. Worauf will der Handwerksmeister hinaus? „Man sollte dafür sorgen“, fährt Kals fort, „dass eine neue Rolle da liegt.“

Den anderen Talk-Gästen ist anzumerken, dass sie das Beispiel nachvollziehen können, schließlich war schon jeder einmal in dieser Bredouille.

Was Kals eigentlich sagen will: „Soziale Grundkompetenzen sind wichtiger als alle anderen Fähigkeiten, die ein junger Mensch mit in die Ausbildung bringt.“ Er wünscht sich Auszubildende, die Verantwortung übernehmen. Verantwortung für ihr eigenes Leben – und für ihre Umgebung.

„Im Pausenraum wird die Veränderung sichtbar“

Kals betreibt die Tischlerei „Manufact“ im Kölner Stadtteil Dellbrück gemeinsam mit zwei weiteren Tischlermeistern. Das Trio bildet seit 1990 ununterbrochen aus. Kals war jahrelang Lehrlingswart der Kölner Tischlerinnung, mittlerweile ist er Obermeister.

„Wir haben ganz gut mitgekriegt, wie sich Ausbildung entwickelt hat und wie Schüler an so eine Sache wie Beruf herangehen“, sagt Kals. Aber sind soziale Kompetenzen bei Jugendlichen wirklich verlorengegangen? Oder haben sich Kals und seine beiden Kollegen lediglich im Laufe der Zeit von der aktuellen Schülergeneration entfernt? Heben hier womöglich 3 ältere Herren die Zeigefinger, weil sie junge Leute nicht mehr verstehen?

Kals lacht bei diesen Fragen. Einerseits, sagt er, stimme die Einschätzung. Ein ehemaliger Berufsschullehrer habe kürzlich zu ihm gesagt: „Es hat noch nie eine Zeit gegeben, in der irgendjemand jubiliert hat, weil die Auszubildenden so toll waren.“ Und andererseits? „Sie sollten einmal den Tisch in unserem Aufenthaltsraum nach der Pause sehen – da wird die Veränderung sichtbar.“

„Eltern sollten ihren Kindern Enttäuschungen gönnen“

Die Betriebe seien auf Mitarbeiter angewiesen, die einen Blick und ein Gefühl für ihr Umfeld entwickeln. Der Zuckertopf im Pausenraum ist leer? Keine große Sache. „Wenn mir allerdings im Maschinenraum auffällt, dass der Leim knapp wird, ich mich aber nicht darum kümmere, dass neuer beschafft wird, dann bekomme ich ein wirtschaftliches Problem.“

Wo würde Kals ansetzen? Wie können Eltern, Lehrer und Ausbilder soziale Kompetenzen vermitteln?

„Wir versuchen zu oft, jede Unbill von unseren Kindern fernzuhalten. Wir vergessen dabei, dass die Verantwortung für das eigene Tun eine Kompetenz ist, die an anderer Stelle dringend abgefragt wird“, antwortet Kals. Beim Stichwort „Helikoptereltern“ verdreht er die Augen: „Das Überbehüten ist das Schlimmste, was Eltern ihren Kindern antun können.“

Wir sollten, sagt Kals, unseren Kindern „Enttäuschungen gönnen“. Erst ein Reinfall führe dazu, die Konsequenzen des eigenen Verhaltens zu erkennen.

„Keiner kann sich vom Toilettendienst freikaufen“

Kals hat noch eine weitere Toilettengeschichte auf Lager. Und er hätte sie zu gerne erzählt, wenn ihm Sandra Maischberger während der Fernsehdiskussion mehr Zeit eingeräumt hätte. „Wir haben uns jahrelang darüber geärgert, dass unsere Leute die Toilette nicht sauber hinterlassen können.“

Die Lösung: Toilettendienst. Jeder Mitarbeiter von Manufact muss das Klo putzen. Oder wie Kals es ausdrückt: „Alle müssen mit Handschuhen in das tiefste Loch hinein, keiner kann sich davon freikaufen, auch nicht die Meister.“

Der Effekt: eine deutliche Verbesserung. „Wir haben die Verantwortung dafür auf alle Mitarbeiter verteilt – ich kann das nur empfehlen.“

Auch interessant:

Die 3 größten Motivationskiller am ersten Ausbildungstag

Nichts demotiviert Azubis am ersten Arbeitstag so sehr wie das Gefühl, nicht willkommen zu sein. Wir verraten, wie Chefs die Motivation ihrer Azubis zerstören – und wie sie es von Beginn an besser machen!
Artikel lesen

Azubisuche: Bewerberflut nach Videoaufruf

Bei der Suche nach neuen Azubis setzte Handwerksunternehmer Sven Sterz auf ein Video. Damit landete er einen viralen Hit. Jetzt berichtet er, was seither passiert ist.
Artikel lesen

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Fachkräfte oder Auszubildende sollten sich schnell und unkompliziert bewerben können, wenn sie Ihre Stellenanzeige entdeckt haben – am besten per Handy mit ein paar Klicks.

In drei Minuten zur Bewerbung

Mehr Online-Bewerbungen: Diese 5 Schritte bringen Sie weiter

Bewerber, die nicht in wenigen Minuten auf Ihrer Website finden, was sie brauchen, sind schnell verloren. So räumen Sie die höchsten Hürden aus dem Weg.

    • Personal, Personalbeschaffung
Eine Kaffeepause während der Arbeit ist erlaubt, wenn sie dokumentiert wird.

Urteil

Heimliche Kaffeepause rechtfertigt fristlose Kündigung

Arbeitszeitbetrug ist kein Kavaliersdelikt, vor allem bei Vorsatz. Das erlebte jetzt eine Reinigungskraft, die zehn Minuten Kaffeepause unterschlug.

    • Personal, Recht, Arbeitsrecht
Was zählt als bezahlte Arbeitszeit? Es muss nicht zwingend der eigentliche Arbeitsbeginn im Betrieb sein, sagt ein Arbeitsrechtsanwalt.

Arbeitszeiten

Arbeitsbeginn 7 Uhr: Dürfen Betriebe verlangen, dass Mitarbeitende früher da sind?

15 Minuten vor Arbeitsbeginn im Betrieb sein: Das dürfen Chefs von ihrem Team verlangen, wenn sie folgende Bedingungen erfüllen.

    • Recht

Lernspiele testen

Darum lohnt sich Gamification für Betriebe

Lerninhalte spielerisch vermitteln – das kann vor allem jüngere Mitarbeitende für weniger beliebte Themen begeistern. Aber es gibt noch mehr Punkte, die für Gamification sprechen.

    • Digitalisierung + IT