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Kosten

Darf eine Rechnung vom Kostenvoranschlag abweichen?

Ein Betrieb kalkuliert einen Auftrag, bei Fertigstellung sind die Kosten jedoch höher als im Kostenvoranschlag. Welche Möglichkeiten haben Betriebe dann?

  • Unter bestimmten Voraussetzungen darf die Rechnung vom Kostenvoranschlag abweisen.
  • Ein Rechtsanwalt für Baurecht betont, dass – je nach Einzelfall – bis zu 20 Prozent Abweichung möglich ist.  Vorausgesetzt, der ausführende Betrieb informiert seinen Kunden unverzüglich darüber, dass die Kosten steigen werden.
  • Ob eine Abweichung vom Kostenvoranschlag erlaubt ist, hängt auch von der Art des Bauvertrages ab. Der Experte unterscheidet zwischen Einheitspreis- und Pauschalpreisvertrag. Diese Punkte sollten Sie beachten.
  • Ein Kostenvoranschlag zeigt, mit welchen Kosten für Materialien und Arbeitsstunden ein Handwerker für einen Auftrag kalkuliert. „Die Endsumme im Kostenvoranschlag ist im Unterschied zum Angebot oft nur eine unverbindliche Schätzung der möglichen Kosten und nicht zu 100 Prozent der Betrag, der am Ende auf der Rechnung steht“, sagt Rechtsanwalt Florian Herbst von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein.  

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    Rechnung darf vom Kostenvoranschlag abweichen

    „Ein Kostenvoranschlag ist häufig die Basis, auf der ein Vertrag zwischen Bauherrn und Betrieb geschlossen wird“, betont Herbst. Dann dürfe die Schlussrechnung vom Kostenvoranschlag abweichen, sofern die Werkleistung nicht ohne die Überschreitung des Kostenvoranschlags ausführbar ist. Das sei gesetzlich in § 649 BGB geregelt. Eine Abweichung zwischen 15 und 20 Prozent sei erlaubt, hänge aber vom Einzelfall ab. Zudem müsse der Handwerker den Kunden immer unverzüglich darüber informieren, wenn die Kosten höher ausfallen, als veranschlagt. In diesem Fall habe der Kunde zwar ein Sonderkündigungsrecht, welches jedoch in der Praxis so gut wie nie ausgeübt werde.

    „Lassen Sie sich vom Kunden schriftlich geben, dass Sie ihn auf den Kostenanstieg hingewiesen haben“, rät der Rechtsanwalt. Betriebe müssten Kunden immer dann über einen Kostenanstieg informieren, wenn sie absehen können, dass es teuer wird. „Bei den momentanen Materialpreisschwankungen im Baubereich ist das keine Seltenheit“, betont Herbst. Für steigende Kosten bräuchten Handwerker zudem gute Gründe, die sie im Zweifelsfall auch beweisen müssten. „Heben Sie Preisabfragen bei Lieferanten gut auf“, sagt der Experte. Mit denen könnten Sie beweisen, dass Sie beispielsweise zum Zeitpunkt der Erstellung des Kostenvoranschlags Summe X für bestimmte Waren kalkuliert haben, sie nun aber nur noch für Summe Y zu bekommen seien.

    Herbst rät Betrieben in Zeiten von Materialmangel und Lieferengpässen, eine Preisgleitklausel in den Vertrag mit aufzunehmen. „Wenn es zu Preissteigerungen kommt, können Sie dadurch die Kosten zum Teil an den Kunden weitergeben“, betont er.

    Abweichung hängt von der Vertragsform ab

    Ob eine Rechnung am Ende vom vereinbarten Preis für die Leistung abweichen darf, hänge auch von der Art des Vertrages ab. Bei Bauverträgen unterscheidet man laut Florian Herbst zwischen dem sogenannten „Einheitspreisvertrag“ und dem „Pauschalpreisvertrag“.

    Beim Einheitspreisvertrag sei von vornherein zur erwarten, dass die Endsumme nicht die sei, die zu Beginn des Vorhabens geschätzt wird. Der Grund: „Die Materialmengen, die für die Ausführung eines Auftrages benötigt werden, sind eine Schätzung“, sagt Herbst. Beiden Vertragsparteien sei bewusst, dass die Schlussrechnung durchaus von dem angenommenen Endbetrag abweichen kann. Denn Mengen seien immer variabel.

    Der Pauschalpreisvertrag hingegen sei nicht variabel. „Dort wird für eine bestimmte Leistung, beispielsweise ein neues Dach, ein Pauschalpreis vereinbart“, sagt Rechtsanwalt Herbst. Das Bauunternehmen rechne alle Positionen mit ein und kalkuliere so, dass der Betrag die Kosten deckt. Diese Art Vertrag bringe für beide Vertragsparteien Chancen und Risiken mit sich: Der Unternehmer könne sich verkalkulieren und am Ende auf Kosten sitzen bleiben. Der Kunde zahle vielleicht zu viel, weil der Betrieb schneller fertig wird, als erwartet. „Der Pauschalpreisvertag steht über dem Kostenvoranschlag“, sagt der Baurechtler. Wer einen solchen Vertrag macht, für den ist der Kostenvoranschlag hinfällig.

    Von der Angebotssumme abweichen? Fehlanzeige!

    Wenn hingegen der Betrieb dem Kunden ein Angebot macht und der Kunde das unterschreibt, gilt das Angebot als Vertragsgrundlage. „Von dem Preis im Angebot darf die Rechnung des Baubetriebs dann nicht abweichen“, betont Florian Herbst.

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    Foto: Privat Rechtsanwalt Florian Herbst rät: Lassen Sie es sich schriftlich bestätigen, wenn Sie Kunden über Kostensteigerungen informiert haben.

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