Präzise Fertigung beginnt mit der richtigen Messtechnik. Henrik Benedickt-Wichers setzt auf Lasermessung, die digitale Messwerte liefert.
Foto: Denny Gille
Präzise Fertigung beginnt mit der richtigen Messtechnik. Henrik Benedickt-Wichers setzt auf Lasermessung, die digitale Messwerte liefert.

Neue Strategie entwickelt

Lässt Krisen keine Chance: Möbel statt Messebau

Im Messebau sind Termintreue und Professionalität Grundtugenden – jetzt punktet Henrik Benedickt-Wichers damit bei ganz anderen Kunden.

  • Weil in der Corona-Krise Messen von einen Tag auf den anderen nicht mehr stattfinden konnten, brachen auch Henrik Benedickt-Wichers Aufträge weg.
  • Der Tischlermeister hat daraufhin eine neue Geschäftsidee entwickelt: Möbelbau für Betriebe und Privatkunden in der Region.
  • Seit einem Jahr ist er mit der neuen Ausrichtung aktiv, konnte alle Mitarbeiter halten und die Auftragsbücher füllen sich – auch Dank der Erfahrung und Expertise, die der Unternehmer in den Jahren zuvor gesammelt hat. 

In Krisenzeiten muss man sich auf seine Stärken besinnen. Dem Tischlermeister Henrik Benedickt-Wichers ist das eindrucksvoll gelungen. Heute ist in seinem Betrieb vieles anders als noch vor zwei Jahren. Und das sieht man nicht nur am Firmennamen. Neben seiner BW Messebau GmbH hat der Unternehmer die Möbelmanufaktur Harsum gegründet. Die besteht jetzt ein gutes Jahr und wäre ohne die Corona-Krise vielleicht nicht am Markt.

Hätte, könnte, würde gibt es für den Handwerksunternehmer nicht. „Im Frühjahr 2020 hat es uns kalt erwischt“, berichtet Benedickt-Wichers. Corona-bedingt fielen Messen und Reisen ins Ausland aus. Seine Kunden kamen aus der Automobilbranche – unter anderem für Bugatti und Lamborghini war er weltweit unterwegs. „Der Messekalender bestimmte unsere komplette Jahresplanung“, sagt der Chef der „BW Messebau“.  

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Bestandsaufnahme: Was sind unsere Stärken?

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Foto: Martina Jahn
Innerhalb weniger Wochen haben wir ein neues Konzept erarbeitet, unsere Positionierung festgelegt und Visionen geformt“, sagt Benedickt-Wichers.

Da auch 2021 die Messen ruhten, brauchte er eine neue Geschäftsidee – der Messebau als einziges Standbein reichte nicht mehr. „Im Sommer nach dem ersten Corona-Lockdown haben wir realisiert, dass wir umdenken müssen“, sagt der Unternehmer. Im einem Brainstorming ging es dann um zentrale Fragen: Was können wir fachlich besonders gut? Wen wollen wir mit unseren Dienstleistungen erreichen? Wie stellen wir uns künftig auf?

„Innerhalb weniger Wochen haben wir ein neues Konzept erarbeitet, unsere Positionierung festgelegt und Visionen geformt“, sagt Benedickt-Wichers, der sich selbst als positiven Menschen bezeichnet und der neue Herausforderungen gern anpackt. Fest im Blick hatten er und sein Team die Stärken und Erfahrungen als handwerkliche Tischlerei. „Unser Fokus war schon immer, mit hochwertigen Materialien gute handwerkliche Arbeit abzuliefern“, fasst er zusammen.

Dabei hat der Betrieb nicht nur Erfahrungen mit Holz. Auch mit Glas, Stahl und anderen Werkstoffen in Kombination mit Holz sind die Mitarbeiter vertraut. 

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Flexibel mit moderner Fertigung 

Im Herbst 2020 stand der neue Name, Möbelmanufaktur Harsum. Den hat der Unternehmer „bewusst schnörkellos“ gewählt: „Er steht für Erreichbarkeit vor Ort und für hochwertige Handwerksqualität“, sagt Benedickt-Wichers. Diese beiden Trümpfe sollten nun bei Privatkunden ausgespielt werden, der neuen Zielgruppe der Tischlerei. „Wir bauen auch Küchen oder Einbauschränke und wir sind in den Laden- und Bürobau eingestiegen.“ Möglich wird das durch die Infrastruktur des Betriebs: Erst 2019 hatte der 48-Jährige mehr als eine Million Euro in den Bau einer zweiten Halle investiert – eigentlich für den Bau von Messeständen. „Hier läuft mittlerweile fast alles digital“, betont der Tischlermeister.

Digitale Prozesse und der gut durchdachte Bau erlauben es dem Unternehmen seine Projekte effizient umzusetzen. Wie das funktioniert wird beim Gang durch den Gebäudekomplex deutlich. Auf einem hüfthohen Schrank im geräumigen Flur liegt gerade ein Leica 3D Disto vom letzten Auftrag. Mit dem Gerät lassen sich Räume millimetergenau digital vermessen. Für das Unternehmen bilden seine Messdaten die Basis für Innenausbauten, die perfekt auf einen Raum zugeschnitten sind. „Sind Wände mal nicht ganz rechtwinklig, erfasst das Messgerät die Abweichungen digital und liefert uns den passenden virtuellen Raum für die CAD-Entwürfe“, sagt Benedickt-Wichers.

Effizient ist besser

                               Platz ist Trumpf! Jeder Bereich der Produktion ist mit dem Gabelstapler befahrbar. 
Foto: Denny Gille
Platz ist Trumpf! Jeder Bereich der Produktion ist mit dem Gabelstapler befahrbar. 

Die digitalen Entwürfe erstellen zwei Mitarbeiter im Büro, die die Arbeitsvorbereitung verantworten. Sie schicken die Konstruktionsdaten direkt vom PC aus an die Maschinen in der Werkstatt. Hier stehen schon eine brandneue CNC-Maschine, eine liegende Plattensäge und Kantenanleimmaschine in den Startlöchern. Bei den Neuanschaffungen hat Benedickt-Wichers auf Homag-Maschinen gesetzt und dabei auch in manche Funktion für mehr Komfort und Effizienz investiert. Zum Beispiel in einen Kantenband-Assistenten, der die passende Kante im Regal per LED markiert.

Noch etwas fällt in der Halle auf: hier ist unheimlich viel Platz. Und das ist kein Zufall. „Ich kann jeden Bereich unserer Produktion mit dem Gabelstapler befahren. Das macht viele Dinge einfacher und schneller“, erklärt der Unternehmer. So bereitet es dem Unternehmen auch keine Kopfschmerzen, wenn ein LKW vorfährt und ein 40-Fuß-Container be- oder entladen werden muss.

Professionell mit einfachen Dingen überzeugen

Sein großer Professionalisierungsgrad erlaubt es dem Betrieb, seine neue Zielgruppe mit „einfachen Dingen“ zu überzeugen, die bei der Auftragserteilung „den Unterschied machen“. So sei das Unternehmen in der Lage, Angebote zeitnah zu erstellen und zügig mit der Arbeitsvorbereitung zu beginnen. „In einigen Betrieben dauert das Monate“, betont Benedickt-Wichers. In der Gastronomie zum Beispiel würden die Kunden die Termintreue sehr schätzen. Die ist für den Betrieb aus seinen Messebauerfahrungen eine überlebenswichtige Selbstverständlichkeit: „Keine Messe wird verschoben, weil Sie Ihren Stand nicht rechtzeitig fertigbekommen haben“, erzählt der Unternehmer.

Eine willkommene Abwechslung zu den eher anonymen Geschäftsbeziehungen, die die Tischler zu den großen Auftraggebern im Messebau pflegen, ist für das gesamte Team der Umgang mit den neu erschlossenen Privatkunden und Kleinunternehmern. Denn der ist mit viel Wertschätzung verbunden. „Wir haben in den letzten 12 Monaten so viel Dankbarkeit und positives Feedback bekommen, das waren wir aus dem Messebauumfeld gar nicht gewohnt“, sagt Benedickt-Wichers.

Und er sorgt immer wieder aufs Neue dafür, dass seine Kunden rundum begeistert sind. „Vor allem mit intensiver Beratung“, sagt der Unternehmer. Vom ersten Kontakt bis zur Auftragserteilung lägen häufig drei bis vier Gespräche. „Wir nutzen dabei Materialmuster und eine 3D-Planung und nähern uns Schritt für Schritt den Wünschen der Kunden an“, beschreibt er die Vorgehensweise. Nicht zuletzt schätzten Privatkunden Tugenden wie Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Sauberkeit – für die das Handwerk aus seiner Sicht steht.

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Krise überstanden, Mitarbeiter gehalten

Seit dem Start der Möbelmanufaktur wachsen die Umsätze stetig – für Henrik Benedickt-Wichers ein Zeichen dafür, dass er den richtigen Riecher bei der Ausrichtung seines Betriebs hatte. Doch er gibt auch zu: „Der Fokus auf die Region und die Ansprache von Privatkunden war eine große Umstellung.“ Er habe sich sichtbar machen und genau ausloten müssen, wo die Stärken gegenüber der Konkurrenz sind. Stolz sei er darauf, dass er trotz Auftragseinbrüchen in der Corona-Krise alle elf Mitarbeiter halten konnte.

Und was wird aus dem Messebau? „Dort steigen wir wieder ein, wenn das Messegeschäft wieder richtig anläuft“, betont der Tischlermeister. Aus jetziger Sicht werde sich Messe- und Möbelbau langfristig die Waage halten.

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