Bei einem Unfall durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflichten schützt Sie als Handwerker keine Haftungsfreistellung von Strafverfolgung und Schadensersatz.
Foto: EKH-Pictures - stock.adobe.com
Bei einem Unfall durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflichten schützt Sie als Handwerker keine Haftungsfreistellung von Strafverfolgung und Schadensersatz.

Inhaltsverzeichnis

Recht

So schnell wird die Haftungsfreistellung zum Risiko

Sie haben bei einem Auftrag Sicherheitsbedenken, doch der Kunde bietet eine Haftungsfreistellung? Die nützt Ihnen nichts. Was Sie tun können.

Auf einen Blick:

  • Eine Haftungsfreistellung nach einer Bedenkenanmeldung kann Sie als Handwerker vor Gewährleistungsansprüchen des Kunden schützen.
  • Wobei die Freistellung nicht hilft: wenn die Ausführung mit Gefahr für Leib und Leben Dritter verbunden ist. Dann haften Sie als Handwerker unbegrenzt – und die Freistellung könnte Sie sogar noch tiefer reinreiten.
  • Solche Risiken können Sie nur vermeiden, wenn Sie den Kunden von seinem Vorhaben abbringen oder notfalls auf den Auftrag verzichten.
  • Am einfachsten überzeugen Sie Kunden, wenn Sie eine Alternative parat haben – und auf einen kleinen Abschnitt in der Landesbauordnung verweisen.

Besondere Kunden haben besondere Wünsche, doch manche sind riskant – für den Handwerker, der den Auftrag übernimmt. Oft einigen sich Kunde und Handwerker in solchen Fällen schriftlich auf einen Haftungsausschluss: Der Kunde bestätigt per Haftungsfreizeichnung, dass der Handwerker Bedenken hat und stellt den Auftragnehmer von der Haftung frei.

Dabei gibt es nur ein Problem: Solche Haftungsfreistellungen sind unwirksam, wenn es um Gefahren für Leib und Leben geht.

Wann sind Haftungsfreistellungen sinnvoll – und wann nicht?

Schriftliche Haftungsausschlüsse sind kein Allheilmittel, betont Cornelia Höltkemeier von der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen (LV-Bau). „Solche Vereinbarungen sind geeignet, um nach einer Bedenkenanmeldung Gewährleistungsansprüche auszuschließen, wenn der Kunde auf der Ausführung besteht“, sagt die Juristin.

Anders sei die Lage, wenn die Kundenwünsche zu einer Gefahr für Leib und Leben Dritter werden: „Dafür kann man keinen Haftungsausschluss vereinbaren, denn einem geschädigten Dritten ist es egal, was Auftraggeber und Handwerker vereinbart haben“, warnt Höltkemeier. Nimmt jemand später Schaden, drohen dem Handwerker Schadensersatzansprüche und Strafverfolgung.

[Tipp: Sie wollen beim Thema Recht nichts verpassen? Nutzen Sie den kostenlosen Newsletter von handwerk.com. Jetzt hier anmelden!]

Was tun, wenn ein Kunde gefährliche Wünsche hat?

Höltkemeier empfiehlt Handwerkern bei gefährlichen Kundenwünschen ein klares Vorgehen:

  1. Melden Sie Ihre Bedenken schriftlich an, damit der Bauherr zur Kenntnis nimmt, warum der Auftrag so nicht umsetzbar ist. Weisen Sie auf Ihre Verkehrssicherungspflichten hin und beschreiben Sie, worum es geht. Zum Beispiel um Gefahren für kleine Kinder durch zu breite Abstände beim Balkongeländer.
  2. Lassen Sie sich nicht zur Ausführung überreden. Dass zum Beispiel der Kunde selbst keine kleinen Kinder hat, bedeutet nicht, dass niemals ein Kind die Wohnung betreten wird. Und wer weiß, wer die Immobilie einmal kauft? Egal, wer wann einen Schaden erleidet: Sie würden als Handwerker haften.
  3. Unterschreiben Sie keine Haftungsfreistellungsklausel, wenn Sie Gefahren für Leib und Leben vermuten. Dann ist das Schriftstück nicht nur nutzlos, sondern erhöht Ihr Haftungsrisiko. Wenn Sie Bedenken anmelden und den Auftrag dennoch mit einer Freistellung ausführen, könnte nach einem Unfall nicht nur als grob fahrlässige Köperverletzung, sondern sogar als Körperverletzung mit bedingtem Vorsatz gesehen werden. „Denn der Handwerker hat das Risiko gesehen, dennoch die Treppe ohne Geländer gebaut und damit einen Unfall in Kauf genommen“, warnt Höltkemeier.
  4. Schlagen Sie alternative Lösungen vor. Von ihren Vorstellungen lassen sich Kunden leichter abbringen, wenn Sie Ihnen eine Alternative aufzeigen, die ihren Wünschen nahe kommt.
  5. Lehnen Sie den Auftrag ab, wenn sich der Kunde nicht umstimmen lässt.

Welche Regeln sind entscheidend?

Die Vorschriften zur Verkehrssicherungspflicht sind Ländersache. In jeder Landesbauordnung findet sich ein entsprechender Paragraf. Der ist kurz, geht nicht ins Detail und sagt im Wesentlichen immer das gleiche: Bauliche Anlagen und öffentlich zugängliche Flächen von bebauten Grundstücken müssen verkehrssicher sein. „Was ich als Handwerker in den Verkehr bringe, muss sicher sein. Erkennbare Gefährdungen der Verkehrssicherheit darf ich nicht umsetzen. Ich darf keine Gefährdungsquellen schaffen“, betont Höltkemeier.

Schon die anerkannten Regeln der Technik sorgten dafür, dass Leistungen fachgerecht und sicher erbracht werden. „Wenn man die einhält und sich noch mal kritisch fragt, ob von dem Werk irgendeine Gefahr für die Öffentlichkeit ausgeht, ist man gut abgesichert“, sagt Höltkemeier. Solche Gefährdungsquellen könne jeder Handwerker aufgrund seiner fachlichen Expertise erkennen und beurteilen.

Im Zweifelsfall könnten sich Handwerker zudem immer an den Vorschriften für öffentliche Bauten orientieren. Bei privaten Bauvorhaben bestünden zwar manchmal etwas größere Spielräume, „aber die Vorschriften für öffentliche Bauten gibt es ja nicht ohne Grund“, betont die Expertin. „Wer sich darauf beruft, ist immer auf der sicheren Seite und spart sich Diskussionen mit den Bauherren.“

Tipp: Sie wollen beim Thema „Meine Rechte als Handwerker“ nichts verpassen? Nutzen Sie den kostenlosen Newsletter von handwerk.com. Jetzt hier anmelden!

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Wann eine Bedenkenanmeldung nicht schützt

Spricht etwas gegen die gewünschte Bauausführung, sollten Handwerker ihre Bedenken richtig anmelden. Warum das wichtig ist, zeigt dieser Fall.
Artikel lesen

Vorgaben des Auftraggebers: Wer haftet für Baumängel?

Ein Betrieb führt Arbeiten so aus, wie es der Auftraggeber vorgibt. Die Folge sind Baumängel. Dafür muss das Unternehmen haften.
Artikel lesen

Frustriert von der Mitarbeitersuche?

handwerk.com und die Schlütersche helfen Ihnen Ihre offenen Stellen einfach, zeit- und kostensparend mit den richtigen Kandidaten zu besetzen! Mehr als 500 Betriebe vertrauen uns bei der Mitarbeitersuche!

Jetzt Bewerber finden!

Wir haben noch mehr für Sie!

Praktische Tipps zur Betriebsführung und Erfahrungsberichte von Kollegen gibt es dienstags und donnerstags auch direkt ins Postfach: nützlich, übersichtlich und auf den Punkt.
Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an - schnell und kostenlos!
Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. Die Übermittlung erfolgt verschlüsselt. Zu statistischen Zwecken führen wir ein anonymisiertes Link-Tracking durch.
Vorsicht: Wer Mitarbeitenden bewusst Firmenwagen, Werkzeug und Material für private Schwarzarbeit überlässt, leistet Beihilfe zur Steuerhinterziehung.

Personal

Haftungsfalle für den Chef: Schwarzarbeiter im Team!

Ihr Team arbeitet nach Feierabend schwarz? Manche Chefs im Handwerk drücken dabei ein Auge zu – doch die Grenze zur Haftung ist schnell überschritten.

    • Personal, Recht, Arbeitsrecht, Steuern
Kleine Mängel bedeuten für das Fahrtenbuch nicht automatisch das Aus, wenn der zu versteuernde Privatanteil nachweisbar ist.

Steuern

Steuerfalle: Diese 10 Fahrtenbuch-Urteile sollten Sie kennen!

Wie viel Fehler sind im Fahrtenbuch erlaubt? Können auch Mitarbeiter dafür haften? 10 Fragen und Antworten zum Fahrtenbuch.

    • Steuern
Gerät ein Akku eines Elektrofahrzeugs in Brand, stellt sich schnell die Haftungsfrage.

Fuhrparkrecht

Haftung bei Akku-Brand: Auf den Betrieb kommt es an

Ein ausgebauter Akku eines Elektrorollers explodiert während der Fahrzeuginspektion in der Werkstatt. Wer kommt für den Schaden auf?

    • Fuhrpark
Grundbedingung für Kettenschenkungen: Der Beschenkte muss über das Geschenk frei verfügen und selbst entscheiden können, ob er es an jemand anderen weiterschenkt.

Steuern

Erbschaftsteuer: So funktioniert die Kettenschenkung

Sie wollen Enkeln oder Schwiegerkindern einen Teil Ihres Vermögens steuerfrei vermachen? Mit einer Kettenschenkung erhöhen Sie den Freibetrag – und das ganz legal.

    • Steuern