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Jemand hält einen Stempel in der Hand auf dem "Abmahnung" steht.

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Datenschutz-Grundverordnung

Oberlandesgericht sagt „vielleicht“ zu DSGVO-Abmahnungen

Das erste Oberlandesgericht sollte entscheiden, ob DSGVO-Verstöße wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden können. Es kommt darauf an, sagen die Hamburger Richter.

Auf einen Blick:

  • Bisher gab es zwei Urteile von Landgerichten zur Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen. Im Ergebnis fallen die sehr unterschiedlich aus.
  • Jetzt gibt es eine weitere Entscheidung. Das Oberlandesgericht Hamburg hat entschieden, dass Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung grundsätzlich von Wettbewerbern abgemahnt werden können.
  • Abmahnungen sind bei Datenschutzverstößen demnach nur möglich, wenn sich Unternehmen durch den DSGVO-Verstoß einen Vorteil im Wettbewerb verschafft haben.

Erst ein Ja, dann ein Nein – deutsche Gerichte sind sich uneins, wenn es um die Frage geht, ob Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) abmahnfähig sind. Jetzt ist sogar eine dritte Entscheidung dazugekommen: „Vielleicht“, sagt das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg zu DSGVO-Abmahnungen. „Damit ist das komplette Meinungsspektrum abgedeckt“, sagt Arno Lampmann, Fachanwalt für Wettbewerbsrecht bei der Kanzlei Rechtsanwälte Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum. Hier erklärt er, was die Hamburger Richter entschieden haben, was das Urteil bedeutet und welche Folgen es für die Praxis haben dürfte.

DSGVO-Abmahnungen: Was sagt das OLG Hamburg?

Ende Oktober hat das OLG Hamburg im Fall zweier Pharmaunternehmen entschieden, die sich wegen Verstößen gegen das Datenschutzrecht gegenseitig verklagt hatten. Offiziell liegt das Urteil noch nicht vor. Doch Teile sind daraus schon bekannt und werden unter Juristen im Netz bereits heiß diskutiert.

„Das Gericht stellt sich auf einen vermittelnden Standpunkt“, berichtet Rechtsanwalt Arno Lampmann. Es sei der Auffassung, dass die jeweilige Norm der DSGVO im Einzelfall konkret darauf geprüft werden muss, ob sie eine Marktverhaltensregel zum Gegenstand hat. Ist das der Fall, können Mitwerber Verstöße nach Einschätzung der Hamburger Richter wettbewerbsrechtlich abmahnen. Doch was bedeutet das?

Was schützt das UWG und was ist ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht?

„Bei DSGVO-Verstößen muss nach Einschätzung der Hamburger Richter im Einzelfall geprüft werden, ob sich Unternehmer durch diesen Rechtsverstoß ein Wettbewerbsvorteil gegenüber ihrer Konkurrenz verschafft haben“, erklärt Arno Lampmann. Wenn das der Fall sei, könnten Mitbewerber Verstöße gegen Paragraf 3a UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) abmahnen.

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dient grundsätzlich dazu, den unverfälschten Wettbewerb zu schützen. „Gegen dieses Ziel verstoßen laut § 3a UWG alle, die sich mit einem Rechtsverstoß einen Vorteil gegenüber ihrer Konkurrenz verschaffen“, erläutert Arno Lampmann.

Doch dabei sei nicht nur das UWG relevant. „Auch mit Verstößen gegen andere Gesetze oder EU-Richtlinien können sich Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen“, so der Rechtsanwalt. Das öffnet Abmahnern theoretisch ein breites Feld. Doch in der Praxis ist nicht jedes Gesetz wettbewerbsrechtlich relevant. „Wer gegen das Steuerrecht verstößt, schädigt in erster Linie den Fiskus, nicht den Wettbewerber“, sagt Lampmann.

„Bei DSGVO-Verstößen muss nach Einschätzung der Hamburger Richter deshalb im Einzelfall geprüft werden, ob sich Unternehmer durch den Rechtsverstoß einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihrer Konkurrenz verschafft haben“, erklärt der Jurist. Wenn das der Fall sei, könnten Mitbewerber Verstöße über § 3a UWG abmahnen.

Was bedeutet das Urteil des OLG Hamburg für die Praxis?

„Für die Praxis beantwortet das Urteil des OLG Hamburg relativ wenig“, sagt Arno Lampmann. Vielmehr habe es eine unerfreuliche Konsequenz: Es werde solange unklar bleiben, ob eine bestimmte Regelung der DSGVO eine Marktverhaltensregelung darstellt oder nicht, bis ein Gericht diese Frage in einem konkreten Fall abschließend klärt – also bestenfalls der Bundesgerichtshof (BGH).

Doch da gibt es ein Problem: „Im Wettbewerbsrecht gilt das Prinzip der Dringlichkeit“, sagt Lampmann. Deshalb werde in der Regel in Eilverfahren entschieden. Und das hat Folgen: Bei solchen Verfahren ist spätestens beim Oberlandesgericht Schluss. „Der BGH kann mit einem Eilverfahren nicht erreicht werden“, sagt der Wettbewerbsrechtler. Das sei nur mit einem Hauptverfahren möglich, das durch alle Instanzen geht. Und genau das kommt im Wettbewerbsrecht verhältnismäßig selten vor.

DSGVO-Abmahnungen: Warum ist die OLG-Entscheidung überhaupt relevant?

Das erstinstanzliche Urteil hat das Landgericht Hamburg im Fall der Pharmaunternehmen bereits im März 2017 gefällt – also mehr als ein Jahr bevor die Datenschutzgrund-Verordnung europaweit verbindlich wurde. Wieso ist das Urteil für DSGVO-Abmahnungen überhaupt von Bedeutung?

„Gesetzesnovellen dürfen zwar in der Regel keine rückwirkende Wirkung haben, Unterlassungsansprüche sind jedoch in die Zukunft gerichtet“, erklärt Rechtsanwalt Lampmann. Sie müssen daher immer anhand der Normen geprüft werden, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gelten. Die Verhandlung vor dem OLG Hamburg fand am 25. Oktober 2018 statt – also zu einem Zeitpunkt, zu dem die DSGVO genau fünf Monate verbindlich galt.

OLG Hamburg, Urteil vom 25. Oktober 2018, Az. 3 U 66/17

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